stellen 1). Der höchste Chromgehalt der im Hochofen bis jetzt erzeugten Legierungen betrug 40 Prozent, während im Tiegel erzeugte bis 65 Pro- zent enthielten. Ja, es gelang später Brustlein, Tiegelchromstahl mit 84 Prozent Chrom zu schmelzen. 1882 lieferte R. A. Hadfield der englischen Regierung Chromstahlgeschosse, die sich bewährten. Sie durchdrangen achtzöllige Schmiedeeisenplatten ohne Beschädigung. In den achtziger Jahren nahm man auch in Deutschland, Österreich und Schweden die Chromstahlfabrikation auf, so zu Eibiswalde in Steiermark, wo 1885 ein Chromstahl mit 2,14 Prozent Chrom dar- gestellt wurde.
Erst um diese Zeit erlangte die Darstellung von Chromeisen im Hochofen eine praktische Bedeutung, 1886 beschäftigten sich bereits mehrere Eisenhütten in Frankreich damit. In den Vereinigten Staaten verwendete man Chromstahl für Geschützmetall, für feuerfeste Geld- schränke und für Werkzeuge. Das Stahlwerk in Brooklyn behauptete 1887, dass sein Chromstahl in kaltem Zustande jeden anderen Stahl an Zähigkeit übertreffe, während H. Bessemer fand, dass was der Gussstahl durch Chromzusatz an Härte gewann, er an Streck- und Dehnbarkeit verlor.
1888 liess sich H. Eckhard in Dortmund ein verbessertes Ver- fahren der Chromeisenbereitung durch Zusatz von saurer Bessemer- schlacke patentieren (D. R. P. Nr. 44896). Um diese Zeit war es auch in Schweden gelungen, Ferrochrom im grossen darzustellen und zwar zuerst der Firma Lyrholm & Co. in Gothenburg in Witten- strömschen Masutöfen. Mit diesem wurde dann auf verschiedenen schwedischen Werken in Martinöfen ein Chromstahl mit ca. 1 Prozent Chromgehalt dargestellt. In Christiania wurden 1888 in einer Ferro- chromfabrik Mischungen von 65 bis 70 Prozent Chrom in Tiegeln geschmolzen.
Auch in Schweden glaubte man im Chromstahl ein Produkt ge- funden zu haben, das den englischen Gussstahl vollständig ersetzen könne. Namentlich sprach sich Stridberg, der zu Trollshättan Ferro- chrom und Chromstahl fabrizierte, dahin aus, dass Chromzusatz Stahl aus gutem Roheisen dargestellt derart verbessere, dass er kaum hinter Dannemora-Tiegelgussstahl zurückstehe. Allerdings sei er schwieriger zu härten, weil er leicht Kantenrisse bekomme.
Chrom erhöht die Aufnahmefähigkeit von Kohlenstoff im Roh-
1) A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris 1879, S. 78.
Cement- und Tiegelguſsstahl.
stellen 1). Der höchste Chromgehalt der im Hochofen bis jetzt erzeugten Legierungen betrug 40 Prozent, während im Tiegel erzeugte bis 65 Pro- zent enthielten. Ja, es gelang später Brustlein, Tiegelchromstahl mit 84 Prozent Chrom zu schmelzen. 1882 lieferte R. A. Hadfield der englischen Regierung Chromstahlgeschosse, die sich bewährten. Sie durchdrangen achtzöllige Schmiedeeisenplatten ohne Beschädigung. In den achtziger Jahren nahm man auch in Deutschland, Österreich und Schweden die Chromstahlfabrikation auf, so zu Eibiswalde in Steiermark, wo 1885 ein Chromstahl mit 2,14 Prozent Chrom dar- gestellt wurde.
Erst um diese Zeit erlangte die Darstellung von Chromeisen im Hochofen eine praktische Bedeutung, 1886 beschäftigten sich bereits mehrere Eisenhütten in Frankreich damit. In den Vereinigten Staaten verwendete man Chromstahl für Geschützmetall, für feuerfeste Geld- schränke und für Werkzeuge. Das Stahlwerk in Brooklyn behauptete 1887, daſs sein Chromstahl in kaltem Zustande jeden anderen Stahl an Zähigkeit übertreffe, während H. Bessemer fand, daſs was der Guſsstahl durch Chromzusatz an Härte gewann, er an Streck- und Dehnbarkeit verlor.
1888 lieſs sich H. Eckhard in Dortmund ein verbessertes Ver- fahren der Chromeisenbereitung durch Zusatz von saurer Bessemer- schlacke patentieren (D. R. P. Nr. 44896). Um diese Zeit war es auch in Schweden gelungen, Ferrochrom im groſsen darzustellen und zwar zuerst der Firma Lyrholm & Co. in Gothenburg in Witten- strömschen Masutöfen. Mit diesem wurde dann auf verschiedenen schwedischen Werken in Martinöfen ein Chromstahl mit ca. 1 Prozent Chromgehalt dargestellt. In Christiania wurden 1888 in einer Ferro- chromfabrik Mischungen von 65 bis 70 Prozent Chrom in Tiegeln geschmolzen.
Auch in Schweden glaubte man im Chromstahl ein Produkt ge- funden zu haben, das den englischen Guſsstahl vollständig ersetzen könne. Namentlich sprach sich Stridberg, der zu Trollshättan Ferro- chrom und Chromstahl fabrizierte, dahin aus, daſs Chromzusatz Stahl aus gutem Roheisen dargestellt derart verbessere, daſs er kaum hinter Dannemora-Tiegelguſsstahl zurückstehe. Allerdings sei er schwieriger zu härten, weil er leicht Kantenrisse bekomme.
Chrom erhöht die Aufnahmefähigkeit von Kohlenstoff im Roh-
1) A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris 1879, S. 78.
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stellen 1). Der höchste Chromgehalt der im Hochofen bis jetzt erzeugten
Legierungen betrug 40 Prozent, während im Tiegel erzeugte bis 65 Pro-
zent enthielten. Ja, es gelang später Brustlein, Tiegelchromstahl mit
84 Prozent Chrom zu schmelzen. 1882 lieferte R. A. Hadfield der
englischen Regierung Chromstahlgeschosse, die sich bewährten. Sie
durchdrangen achtzöllige Schmiedeeisenplatten ohne Beschädigung.
In den achtziger Jahren nahm man auch in Deutschland, Österreich
und Schweden die Chromstahlfabrikation auf, so zu Eibiswalde in
Steiermark, wo 1885 ein Chromstahl mit 2,14 Prozent Chrom dar-
gestellt wurde.
Erst um diese Zeit erlangte die Darstellung von Chromeisen im
Hochofen eine praktische Bedeutung, 1886 beschäftigten sich bereits
mehrere Eisenhütten in Frankreich damit. In den Vereinigten Staaten
verwendete man Chromstahl für Geschützmetall, für feuerfeste Geld-
schränke und für Werkzeuge. Das Stahlwerk in Brooklyn behauptete
1887, daſs sein Chromstahl in kaltem Zustande jeden anderen Stahl
an Zähigkeit übertreffe, während H. Bessemer fand, daſs was der
Guſsstahl durch Chromzusatz an Härte gewann, er an Streck- und
Dehnbarkeit verlor.
1888 lieſs sich H. Eckhard in Dortmund ein verbessertes Ver-
fahren der Chromeisenbereitung durch Zusatz von saurer Bessemer-
schlacke patentieren (D. R. P. Nr. 44896). Um diese Zeit war es
auch in Schweden gelungen, Ferrochrom im groſsen darzustellen und
zwar zuerst der Firma Lyrholm & Co. in Gothenburg in Witten-
strömschen Masutöfen. Mit diesem wurde dann auf verschiedenen
schwedischen Werken in Martinöfen ein Chromstahl mit ca. 1 Prozent
Chromgehalt dargestellt. In Christiania wurden 1888 in einer Ferro-
chromfabrik Mischungen von 65 bis 70 Prozent Chrom in Tiegeln
geschmolzen.
Auch in Schweden glaubte man im Chromstahl ein Produkt ge-
funden zu haben, das den englischen Guſsstahl vollständig ersetzen
könne. Namentlich sprach sich Stridberg, der zu Trollshättan Ferro-
chrom und Chromstahl fabrizierte, dahin aus, daſs Chromzusatz Stahl
aus gutem Roheisen dargestellt derart verbessere, daſs er kaum hinter
Dannemora-Tiegelguſsstahl zurückstehe. Allerdings sei er schwieriger
zu härten, weil er leicht Kantenrisse bekomme.
Chrom erhöht die Aufnahmefähigkeit von Kohlenstoff im Roh-
1) A. v. Kerpely, Eisen und Stahl auf der Weltausstellung zu Paris 1879,
S. 78.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/759>, abgerufen am 22.11.2024.
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