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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
gebaut wurde. Zu Seraing erzeugte man im basischen Martinofen gutes
Material für Eisenbahnschienen.

Im allgemeinen stellte man geringere Anforderungen an die Qua-
lität wie früher, aber grössere an die Gleichförmigkeit des Produktes.
Auch verarbeitete man mehr Roheisen im Verhältnis zum Schrott, wie
früher; hatte dieses früher 1 : 3 betragen, so war es jetzt meist 1 : 1.

St. Williams wendete eine eigentümliche Coquille zur Er-
zeugung dichter Güsse durch Erstarren unter Druck an, wobei aber
der Druck erst nach Erstarrung der Rinde ausgeübt wurde.

1888 wurde Darbys Verfahren der Rückkohlung mit festem
Kohlenstoff bekannt und auf der Phönixhütte bei Ruhrort von Direktor
Thielen praktisch ausgebildet. Es liess sich für Martinflusseisen
ebenso anwenden wie für Konvertereisen.

1889 liess sich Hilton einen verbesserten Herdschmelzofen paten-
tieren. Es war ein abgeänderter Bathoofen mit rechtwinkligem Herd,
der die Vorteile des Systems Siemens und Batho vereinigen sollte.
Hilton erwarb ausserdem das englische Patent Bathos.

E. Gruner äusserte sich dahin, dass es ziemlich gleichgültig sei,
ob man den Herd aus Dolomit, Magnesit oder Chromerz herstelle; der
Prozess selbst verlaufe bei allen gleich. Wichtig dagegen sei es, dass
man ein möglichst schwefelfreies Roheisen nehme. Um dies zu erhalten,
empfiehlt er Umschmelzen des Roheisens im Kupolofen mit basischem
oder neutralem Futter, bei langsamem Gang und 500 bis 600° C. heissem
Wind, bei basischer Schlacke von 15 bis höchstens 18 Prozent Kiesel-
säure. Dadurch werde ein Schwefelgehalt des Roheisens von 0,50 bis
0,70 Prozent auf 0,02 bis 0,03 vermindert. Die Entschwefelung im
Hochofen sei wegen des hohen Kalkzuschlags zu kostspielig.

In diesem Jahre machte der Schmelzbetrieb mit Wassergas Fort-
schritte und bewährte sich namentlich zu Witkowitz, wo zwei Martin-
öfen mit Wassergas und zwei Siemens-Martinöfen mit Generatorgas
betrieben wurden. Bei den zwei ausschliesslich mit Wassergas be-
triebenen Öfen betrug der Einsatz 6 Tonnen, wovon 82 Prozent weisses
Roheisen und 18 Prozent Blechabfälle waren. Gegen Ende des Pro-
zesses wurde etwas Eisenerz zugesetzt. Obgleich nur die Verbrennungs-
luft erhitzt wurde, war doch die erzeugte Hitze so gross, dass der
ganze Prozess um eine Stunde verkürzt wurde.

In Frankreich arbeitete man zu Alevard nach dem Siemens-
schen Erz-Reduktionsverfahren und schmolz siliciumarmes Roheisen
mit 20 Prozent Erz. -- Zu Alais waren drei Öfen mit Chromeisen-
erzböden seit fünf Jahren im Betriebe. Ein Boden war seit drei Jahren

Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
gebaut wurde. Zu Seraing erzeugte man im basischen Martinofen gutes
Material für Eisenbahnschienen.

Im allgemeinen stellte man geringere Anforderungen an die Qua-
lität wie früher, aber gröſsere an die Gleichförmigkeit des Produktes.
Auch verarbeitete man mehr Roheisen im Verhältnis zum Schrott, wie
früher; hatte dieses früher 1 : 3 betragen, so war es jetzt meist 1 : 1.

St. Williams wendete eine eigentümliche Coquille zur Er-
zeugung dichter Güsse durch Erstarren unter Druck an, wobei aber
der Druck erst nach Erstarrung der Rinde ausgeübt wurde.

1888 wurde Darbys Verfahren der Rückkohlung mit festem
Kohlenstoff bekannt und auf der Phönixhütte bei Ruhrort von Direktor
Thielen praktisch ausgebildet. Es lieſs sich für Martinfluſseisen
ebenso anwenden wie für Konvertereisen.

1889 lieſs sich Hilton einen verbesserten Herdschmelzofen paten-
tieren. Es war ein abgeänderter Bathoofen mit rechtwinkligem Herd,
der die Vorteile des Systems Siemens und Batho vereinigen sollte.
Hilton erwarb auſserdem das englische Patent Bathos.

E. Gruner äuſserte sich dahin, daſs es ziemlich gleichgültig sei,
ob man den Herd aus Dolomit, Magnesit oder Chromerz herstelle; der
Prozeſs selbst verlaufe bei allen gleich. Wichtig dagegen sei es, daſs
man ein möglichst schwefelfreies Roheisen nehme. Um dies zu erhalten,
empfiehlt er Umschmelzen des Roheisens im Kupolofen mit basischem
oder neutralem Futter, bei langsamem Gang und 500 bis 600° C. heiſsem
Wind, bei basischer Schlacke von 15 bis höchstens 18 Prozent Kiesel-
säure. Dadurch werde ein Schwefelgehalt des Roheisens von 0,50 bis
0,70 Prozent auf 0,02 bis 0,03 vermindert. Die Entschwefelung im
Hochofen sei wegen des hohen Kalkzuschlags zu kostspielig.

In diesem Jahre machte der Schmelzbetrieb mit Wassergas Fort-
schritte und bewährte sich namentlich zu Witkowitz, wo zwei Martin-
öfen mit Wassergas und zwei Siemens-Martinöfen mit Generatorgas
betrieben wurden. Bei den zwei ausschlieſslich mit Wassergas be-
triebenen Öfen betrug der Einsatz 6 Tonnen, wovon 82 Prozent weiſses
Roheisen und 18 Prozent Blechabfälle waren. Gegen Ende des Pro-
zesses wurde etwas Eisenerz zugesetzt. Obgleich nur die Verbrennungs-
luft erhitzt wurde, war doch die erzeugte Hitze so groſs, daſs der
ganze Prozeſs um eine Stunde verkürzt wurde.

In Frankreich arbeitete man zu Alevard nach dem Siemens-
schen Erz-Reduktionsverfahren und schmolz siliciumarmes Roheisen
mit 20 Prozent Erz. — Zu Alais waren drei Öfen mit Chromeisen-
erzböden seit fünf Jahren im Betriebe. Ein Boden war seit drei Jahren

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[714/0730] Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870. gebaut wurde. Zu Seraing erzeugte man im basischen Martinofen gutes Material für Eisenbahnschienen. Im allgemeinen stellte man geringere Anforderungen an die Qua- lität wie früher, aber gröſsere an die Gleichförmigkeit des Produktes. Auch verarbeitete man mehr Roheisen im Verhältnis zum Schrott, wie früher; hatte dieses früher 1 : 3 betragen, so war es jetzt meist 1 : 1. St. Williams wendete eine eigentümliche Coquille zur Er- zeugung dichter Güsse durch Erstarren unter Druck an, wobei aber der Druck erst nach Erstarrung der Rinde ausgeübt wurde. 1888 wurde Darbys Verfahren der Rückkohlung mit festem Kohlenstoff bekannt und auf der Phönixhütte bei Ruhrort von Direktor Thielen praktisch ausgebildet. Es lieſs sich für Martinfluſseisen ebenso anwenden wie für Konvertereisen. 1889 lieſs sich Hilton einen verbesserten Herdschmelzofen paten- tieren. Es war ein abgeänderter Bathoofen mit rechtwinkligem Herd, der die Vorteile des Systems Siemens und Batho vereinigen sollte. Hilton erwarb auſserdem das englische Patent Bathos. E. Gruner äuſserte sich dahin, daſs es ziemlich gleichgültig sei, ob man den Herd aus Dolomit, Magnesit oder Chromerz herstelle; der Prozeſs selbst verlaufe bei allen gleich. Wichtig dagegen sei es, daſs man ein möglichst schwefelfreies Roheisen nehme. Um dies zu erhalten, empfiehlt er Umschmelzen des Roheisens im Kupolofen mit basischem oder neutralem Futter, bei langsamem Gang und 500 bis 600° C. heiſsem Wind, bei basischer Schlacke von 15 bis höchstens 18 Prozent Kiesel- säure. Dadurch werde ein Schwefelgehalt des Roheisens von 0,50 bis 0,70 Prozent auf 0,02 bis 0,03 vermindert. Die Entschwefelung im Hochofen sei wegen des hohen Kalkzuschlags zu kostspielig. In diesem Jahre machte der Schmelzbetrieb mit Wassergas Fort- schritte und bewährte sich namentlich zu Witkowitz, wo zwei Martin- öfen mit Wassergas und zwei Siemens-Martinöfen mit Generatorgas betrieben wurden. Bei den zwei ausschlieſslich mit Wassergas be- triebenen Öfen betrug der Einsatz 6 Tonnen, wovon 82 Prozent weiſses Roheisen und 18 Prozent Blechabfälle waren. Gegen Ende des Pro- zesses wurde etwas Eisenerz zugesetzt. Obgleich nur die Verbrennungs- luft erhitzt wurde, war doch die erzeugte Hitze so groſs, daſs der ganze Prozeſs um eine Stunde verkürzt wurde. In Frankreich arbeitete man zu Alevard nach dem Siemens- schen Erz-Reduktionsverfahren und schmolz siliciumarmes Roheisen mit 20 Prozent Erz. — Zu Alais waren drei Öfen mit Chromeisen- erzböden seit fünf Jahren im Betriebe. Ein Boden war seit drei Jahren

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/730>, abgerufen am 25.11.2024.