Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
selben Jahre Finkener über die Zusammensetzung der Schlacken einer Charge auf den rheinischen Stahlwerken in verschiedenen Zeit- räumen 1).
Der Flammofenflussstahl war, weil man ihn im Herd vor dem Abstich längere Zeit stehen lassen konnte, blasenfreier als der Konverterstahl, deshalb für Stahlgusswaren geeigneter. Dennoch dauerte es ziemlich lange, bis man den Martinstahl zur direkten Herstellung von Gusswaren verwendete. In Schweden begann man damit zu Bofors 1878, doch erlangte die Fabrikation erst im Jahre 1880 eine Bedeutung.
Versuche, den Martinprozess durch Ein- oder Aufblasen von künstlichem Wind, die von Würtemberger in Ruhrort, Hamilton in England, Krupp in Essen (1877) und von Lencauchez in Frank- reich (1879 im Forno-Convertiseur) gemacht worden waren, zu be- schleunigen, hatten keinen Erfolg 2). Dasselbe gilt von den Vorschlägen von Osann, Hamilton (1877) und Krupp (1878), durch Einblasen von Generator- oder Leuchtgas das Verfahren und das Produkt zu verbessern.
Auch der Roheisen-Erzprozess (Landoreprozess) von W. Siemens liess sich mit Vorteil nur unter Zusatz von Schrott durchführen; so bestand 1876 die normale Zusammensetzung einer Charge aus 6 Tonnen Roheisen, 1250 kg Stahlabfällen und 1000 bis 1200 kg Moktaerzen (Roteisenstein von Algier).
Als 1879 die Erfindung der Entphosphorung des Roheisens durch das basische Futter des Konverters bekannt wurde, lag der Gedanke, dasselbe auch im Flammofen zu versuchen, sehr nahe, und wurden die ersten Versuche damit bereits 1879 gemacht. Es geschah dies zuerst in Frankreich zu Creuzot und Terre-Noire, wo man den Herd- boden aus Dolomit und Teer als Bindemittel herstellte. Da sich das Gewölbe aus diesem Material nicht herstellen liess, so machte man dieses wie seither aus Dinassteinen, welche aber bei der hohen Temperatur in Berührung mit dem basischen Material sofort mit diesem zusammenschmolzen. Man versuchte nun einen neutralen Körper zwischen dem basischen und dem sauren Ofenmaterial ein- zuschalten. Versuche mit Bauxit und Graphit hatten keinen dauernden Erfolg. Dagegen gelang es Pourcel 1879 zu Terre-Noire, im Chrom- eisenstein ein sehr geeignetes Isolierungsmittel zu entdecken. Man
1) Mitteilungen der Königl. techn. Versuchsanstalt zu Berlin 1883, S. 31; Ledebur, Handbuch, S. 935.
2) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 11.
Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
selben Jahre Finkener über die Zusammensetzung der Schlacken einer Charge auf den rheinischen Stahlwerken in verschiedenen Zeit- räumen 1).
Der Flammofenfluſsstahl war, weil man ihn im Herd vor dem Abstich längere Zeit stehen lassen konnte, blasenfreier als der Konverterstahl, deshalb für Stahlguſswaren geeigneter. Dennoch dauerte es ziemlich lange, bis man den Martinstahl zur direkten Herstellung von Guſswaren verwendete. In Schweden begann man damit zu Bofors 1878, doch erlangte die Fabrikation erst im Jahre 1880 eine Bedeutung.
Versuche, den Martinprozeſs durch Ein- oder Aufblasen von künstlichem Wind, die von Würtemberger in Ruhrort, Hamilton in England, Krupp in Essen (1877) und von Lencauchez in Frank- reich (1879 im Forno-Convertiseur) gemacht worden waren, zu be- schleunigen, hatten keinen Erfolg 2). Dasselbe gilt von den Vorschlägen von Osann, Hamilton (1877) und Krupp (1878), durch Einblasen von Generator- oder Leuchtgas das Verfahren und das Produkt zu verbessern.
Auch der Roheisen-Erzprozeſs (Landoreprozeſs) von W. Siemens lieſs sich mit Vorteil nur unter Zusatz von Schrott durchführen; so bestand 1876 die normale Zusammensetzung einer Charge aus 6 Tonnen Roheisen, 1250 kg Stahlabfällen und 1000 bis 1200 kg Moktaerzen (Roteisenstein von Algier).
Als 1879 die Erfindung der Entphosphorung des Roheisens durch das basische Futter des Konverters bekannt wurde, lag der Gedanke, dasselbe auch im Flammofen zu versuchen, sehr nahe, und wurden die ersten Versuche damit bereits 1879 gemacht. Es geschah dies zuerst in Frankreich zu Creuzot und Terre-Noire, wo man den Herd- boden aus Dolomit und Teer als Bindemittel herstellte. Da sich das Gewölbe aus diesem Material nicht herstellen lieſs, so machte man dieses wie seither aus Dinassteinen, welche aber bei der hohen Temperatur in Berührung mit dem basischen Material sofort mit diesem zusammenschmolzen. Man versuchte nun einen neutralen Körper zwischen dem basischen und dem sauren Ofenmaterial ein- zuschalten. Versuche mit Bauxit und Graphit hatten keinen dauernden Erfolg. Dagegen gelang es Pourcel 1879 zu Terre-Noire, im Chrom- eisenstein ein sehr geeignetes Isolierungsmittel zu entdecken. Man
1) Mitteilungen der Königl. techn. Versuchsanstalt zu Berlin 1883, S. 31; Ledebur, Handbuch, S. 935.
2) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 11.
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selben Jahre Finkener über die Zusammensetzung der Schlacken
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räumen 1).
Der Flammofenfluſsstahl war, weil man ihn im Herd vor dem
Abstich längere Zeit stehen lassen konnte, blasenfreier als der
Konverterstahl, deshalb für Stahlguſswaren geeigneter. Dennoch dauerte
es ziemlich lange, bis man den Martinstahl zur direkten Herstellung
von Guſswaren verwendete. In Schweden begann man damit zu
Bofors 1878, doch erlangte die Fabrikation erst im Jahre 1880 eine
Bedeutung.
Versuche, den Martinprozeſs durch Ein- oder Aufblasen von
künstlichem Wind, die von Würtemberger in Ruhrort, Hamilton
in England, Krupp in Essen (1877) und von Lencauchez in Frank-
reich (1879 im Forno-Convertiseur) gemacht worden waren, zu be-
schleunigen, hatten keinen Erfolg 2). Dasselbe gilt von den Vorschlägen
von Osann, Hamilton (1877) und Krupp (1878), durch Einblasen
von Generator- oder Leuchtgas das Verfahren und das Produkt zu
verbessern.
Auch der Roheisen-Erzprozeſs (Landoreprozeſs) von W. Siemens
lieſs sich mit Vorteil nur unter Zusatz von Schrott durchführen; so
bestand 1876 die normale Zusammensetzung einer Charge aus 6 Tonnen
Roheisen, 1250 kg Stahlabfällen und 1000 bis 1200 kg Moktaerzen
(Roteisenstein von Algier).
Als 1879 die Erfindung der Entphosphorung des Roheisens durch
das basische Futter des Konverters bekannt wurde, lag der Gedanke,
dasselbe auch im Flammofen zu versuchen, sehr nahe, und wurden
die ersten Versuche damit bereits 1879 gemacht. Es geschah dies
zuerst in Frankreich zu Creuzot und Terre-Noire, wo man den Herd-
boden aus Dolomit und Teer als Bindemittel herstellte. Da sich
das Gewölbe aus diesem Material nicht herstellen lieſs, so machte
man dieses wie seither aus Dinassteinen, welche aber bei der hohen
Temperatur in Berührung mit dem basischen Material sofort mit
diesem zusammenschmolzen. Man versuchte nun einen neutralen
Körper zwischen dem basischen und dem sauren Ofenmaterial ein-
zuschalten. Versuche mit Bauxit und Graphit hatten keinen dauernden
Erfolg. Dagegen gelang es Pourcel 1879 zu Terre-Noire, im Chrom-
eisenstein ein sehr geeignetes Isolierungsmittel zu entdecken. Man
1) Mitteilungen der Königl. techn. Versuchsanstalt zu Berlin 1883, S. 31;
Ledebur, Handbuch, S. 935.
2) Siehe Stahl und Eisen 1890, S. 11.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/716>, abgerufen am 24.11.2024.
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