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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Erfindung und Einführung des Thomasprozesses.
1883 auf deutschen Werken 151/2 bis 20 Prozent, liess dieselbe
schon früh als ein wertvolles Produkt erscheinen, sowohl als
phosphorhaltiger Zuschlag bei dem Hochofenbetriebe auf Thomas-
roheisen als für die Landwirtschaft. Anfangs wurde sie fast aus-
schliesslich in der erstgenannten Weise verwendet, ihr hoher Wert
für die Landwirtschaft wurde erst nach und nach erkannt. Wir
werden später hierauf zurückkommen.

Nicht minder wichtig als die chemischen waren die thermo-
physikalischen Untersuchungen
für das Verständnis des
Thomasprozesses. Wie schon erwähnt, hat J. von Ehrenwerth
bereits im Jahre 1879 hierüber Licht verbreitet und eine Reihe vor-
trefflicher Aufsätze über diesen Gegenstand veröffentlicht 1), deren
Hauptergebnis war, dass bei dem basischen Prozess der Phosphor
durch seine Verbrennung den Hauptteil der Wärme liefere und dass
derselbe ausreiche, die Masse dünnflüssig zu erhalten. Allerdings ist
die Wärme nicht so hoch wie die durch die Verbrennung des Sili-
ciums erzeugte, denn während 1 kg Silicium zu 2,14 kg Kieselsäure
unter Entwickelung von 7830 kg Wärmeeinheiten entwickelt, liefert
1 kg Phosphor bei seiner Verbrennung zu 2,29 kg Phosphorsäure nur
5760 Wärmeeinheiten. Dazu kommt, dass die grössere Schlackenmenge
beim Thomasprozess auch eine grössere Menge Wärme bindet. Der
basische Prozess wird deshalb in der Regel nicht so heiss verlaufen,
um so weniger, je ärmer das Roheisen an Silicium und Phosphor ist.
Aus diesem Grunde ist besonders ein hoher Phosphorgehalt erwünscht.
Während Thomas noch 1879 der Meinung war, dass der Prozess bei
einem weniger hohen Phosphorgehalt besser verlaufe, sprach sich
Massenez 1880 auf Grund seiner Erfahrungen mit Luxemburger
und Ilseder Eisen dahin aus, dass der Prozess um so besser und
wärmer verliefe, je höher der Phosphorgehalt sei, und dass ein Gehalt
von 0,75 bis 1,50 die untere Grenze bilde.

Diese Ansicht bestätigte sich und blieb lange Zeit herrschend, so
dass man das Roheisen hauptsächlich nach seinem Phosphorgehalt
schätzte und sich bemühte, beim Hochofenbetriebe Roheisen mit
möglichst hohem Phosphorgehalt zu erzeugen. Ilsede lieferte ein Eisen
mit nahezu 3 Prozent Phosphor; es enthielt 1883 nach H. Spamer
2,66 Kohlenstoff, 2,94 Phosphor, 2,45 Mangan, 0,01 Silicium und
0,04 Schwefel. Um genügend heissen Stahl zu erhalten, sollte die

1) J. von Ehrenwerth in Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen
1879, Abhandlungen über den Thomas-Gilchristprozess 1879 und Studien über
den Thomas-Gilchristprozess 1881.

Die Erfindung und Einführung des Thomasprozesses.
1883 auf deutschen Werken 15½ bis 20 Prozent, lieſs dieselbe
schon früh als ein wertvolles Produkt erscheinen, sowohl als
phosphorhaltiger Zuschlag bei dem Hochofenbetriebe auf Thomas-
roheisen als für die Landwirtschaft. Anfangs wurde sie fast aus-
schlieſslich in der erstgenannten Weise verwendet, ihr hoher Wert
für die Landwirtschaft wurde erst nach und nach erkannt. Wir
werden später hierauf zurückkommen.

Nicht minder wichtig als die chemischen waren die thermo-
physikalischen Untersuchungen
für das Verständnis des
Thomasprozesses. Wie schon erwähnt, hat J. von Ehrenwerth
bereits im Jahre 1879 hierüber Licht verbreitet und eine Reihe vor-
trefflicher Aufsätze über diesen Gegenstand veröffentlicht 1), deren
Hauptergebnis war, daſs bei dem basischen Prozeſs der Phosphor
durch seine Verbrennung den Hauptteil der Wärme liefere und daſs
derselbe ausreiche, die Masse dünnflüssig zu erhalten. Allerdings ist
die Wärme nicht so hoch wie die durch die Verbrennung des Sili-
ciums erzeugte, denn während 1 kg Silicium zu 2,14 kg Kieselsäure
unter Entwickelung von 7830 kg Wärmeeinheiten entwickelt, liefert
1 kg Phosphor bei seiner Verbrennung zu 2,29 kg Phosphorsäure nur
5760 Wärmeeinheiten. Dazu kommt, daſs die gröſsere Schlackenmenge
beim Thomasprozeſs auch eine gröſsere Menge Wärme bindet. Der
basische Prozeſs wird deshalb in der Regel nicht so heiſs verlaufen,
um so weniger, je ärmer das Roheisen an Silicium und Phosphor ist.
Aus diesem Grunde ist besonders ein hoher Phosphorgehalt erwünscht.
Während Thomas noch 1879 der Meinung war, daſs der Prozeſs bei
einem weniger hohen Phosphorgehalt besser verlaufe, sprach sich
Massenez 1880 auf Grund seiner Erfahrungen mit Luxemburger
und Ilseder Eisen dahin aus, daſs der Prozeſs um so besser und
wärmer verliefe, je höher der Phosphorgehalt sei, und daſs ein Gehalt
von 0,75 bis 1,50 die untere Grenze bilde.

Diese Ansicht bestätigte sich und blieb lange Zeit herrschend, so
daſs man das Roheisen hauptsächlich nach seinem Phosphorgehalt
schätzte und sich bemühte, beim Hochofenbetriebe Roheisen mit
möglichst hohem Phosphorgehalt zu erzeugen. Ilsede lieferte ein Eisen
mit nahezu 3 Prozent Phosphor; es enthielt 1883 nach H. Spamer
2,66 Kohlenstoff, 2,94 Phosphor, 2,45 Mangan, 0,01 Silicium und
0,04 Schwefel. Um genügend heiſsen Stahl zu erhalten, sollte die

1) J. von Ehrenwerth in Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen
1879, Abhandlungen über den Thomas-Gilchristprozeſs 1879 und Studien über
den Thomas-Gilchristprozeſs 1881.
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[658/0674] Die Erfindung und Einführung des Thomasprozesses. 1883 auf deutschen Werken 15½ bis 20 Prozent, lieſs dieselbe schon früh als ein wertvolles Produkt erscheinen, sowohl als phosphorhaltiger Zuschlag bei dem Hochofenbetriebe auf Thomas- roheisen als für die Landwirtschaft. Anfangs wurde sie fast aus- schlieſslich in der erstgenannten Weise verwendet, ihr hoher Wert für die Landwirtschaft wurde erst nach und nach erkannt. Wir werden später hierauf zurückkommen. Nicht minder wichtig als die chemischen waren die thermo- physikalischen Untersuchungen für das Verständnis des Thomasprozesses. Wie schon erwähnt, hat J. von Ehrenwerth bereits im Jahre 1879 hierüber Licht verbreitet und eine Reihe vor- trefflicher Aufsätze über diesen Gegenstand veröffentlicht 1), deren Hauptergebnis war, daſs bei dem basischen Prozeſs der Phosphor durch seine Verbrennung den Hauptteil der Wärme liefere und daſs derselbe ausreiche, die Masse dünnflüssig zu erhalten. Allerdings ist die Wärme nicht so hoch wie die durch die Verbrennung des Sili- ciums erzeugte, denn während 1 kg Silicium zu 2,14 kg Kieselsäure unter Entwickelung von 7830 kg Wärmeeinheiten entwickelt, liefert 1 kg Phosphor bei seiner Verbrennung zu 2,29 kg Phosphorsäure nur 5760 Wärmeeinheiten. Dazu kommt, daſs die gröſsere Schlackenmenge beim Thomasprozeſs auch eine gröſsere Menge Wärme bindet. Der basische Prozeſs wird deshalb in der Regel nicht so heiſs verlaufen, um so weniger, je ärmer das Roheisen an Silicium und Phosphor ist. Aus diesem Grunde ist besonders ein hoher Phosphorgehalt erwünscht. Während Thomas noch 1879 der Meinung war, daſs der Prozeſs bei einem weniger hohen Phosphorgehalt besser verlaufe, sprach sich Massenez 1880 auf Grund seiner Erfahrungen mit Luxemburger und Ilseder Eisen dahin aus, daſs der Prozeſs um so besser und wärmer verliefe, je höher der Phosphorgehalt sei, und daſs ein Gehalt von 0,75 bis 1,50 die untere Grenze bilde. Diese Ansicht bestätigte sich und blieb lange Zeit herrschend, so daſs man das Roheisen hauptsächlich nach seinem Phosphorgehalt schätzte und sich bemühte, beim Hochofenbetriebe Roheisen mit möglichst hohem Phosphorgehalt zu erzeugen. Ilsede lieferte ein Eisen mit nahezu 3 Prozent Phosphor; es enthielt 1883 nach H. Spamer 2,66 Kohlenstoff, 2,94 Phosphor, 2,45 Mangan, 0,01 Silicium und 0,04 Schwefel. Um genügend heiſsen Stahl zu erhalten, sollte die 1) J. von Ehrenwerth in Österreich. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1879, Abhandlungen über den Thomas-Gilchristprozeſs 1879 und Studien über den Thomas-Gilchristprozeſs 1881.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/674>, abgerufen am 22.11.2024.