Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

Bild:
<< vorherige Seite
Der saure oder Bessemerprozess bis 1880.

Von grossem theoretischen Interesse war die Untersuchung der
Gase der Bessemerbirne, welche Snelus 1871 vornahm1). Sie hatte
nachfolgendes Ergebnis:

[Tabelle]

Der Kohlenstoff verbrennt demnach erst zu Kohlensäure, dann zu
Kohlenoxyd.

1873 veröffentlichte A. Tamm in Schweden Analysen von
Bessemergasen von Westanfors3) und 1878 solche von Bessemergasen
von Sandviken4).

Den Eintritt des "falschen Siebener" (s. S. 163) erklärte H. Schwarz
1874 aus dem Eintritt der Dissociation der Kohlensäure bei zu hoher
Temperatur. Bei sehr grosser Hitze vermindert sich bekanntlich die
oxydierende Wirkung des Sauerstoffs.

Holley wies 1874 nach, dass Kohlenstoff unter Umständen durch
Phosphor oder auch durch Silicium im Bessemerstahl ersetzt werde, und
wies auf die Wichtigkeit des Nebeneinandervorkommens dieser Stoffe
hin. Ein Stahl mit höherem Kohlenstoffgehalt ist deshalb viel
empfindlicher gegen Phosphor als einer mit geringem Kohlenstoff-
gehalt. Er wies nach, dass Stahl mit nur 0,30 Prozent Kohlenstoff
erst bei 0,15 Prozent Phosphor brüchig wird, während Stahl mit
0,75 Prozent Kohlenstoff dies schon bei 0,05 Prozent Phosphor wird.
Der Phosphor wirkt um so nachteiliger, wenn gleichzeitig noch andere
Kaltbruch erzeugende Stoffe anwesend sind. In Amerika, wo man
sehr reine Erze hat, galt damals 0,20 Prozent als Grenze für den
Phosphor- und 0,10 Prozent als Grenze für den Schwefelgehalt. In
Deutschland gestattete man nur einen Phosphorgehalt von 0,12 Pro-
zent. Durfee, der 1874 in New York eine Reihe von Analysen von

1) Siehe Wagners Jahresbericht der chemischen Technologie 1872, S. 103.
3) Jern kontorets Annal. 1873, Heft 5, und weiter noch in demselben 1878,
S. 444.
4) Jern kontorets Annal. 1878, S. 444; Berg- u. Hüttenm. Ztg. 1879, S. 266.
Der saure oder Bessemerprozeſs bis 1880.

Von groſsem theoretischen Interesse war die Untersuchung der
Gase der Bessemerbirne, welche Snelus 1871 vornahm1). Sie hatte
nachfolgendes Ergebnis:

[Tabelle]

Der Kohlenstoff verbrennt demnach erst zu Kohlensäure, dann zu
Kohlenoxyd.

1873 veröffentlichte A. Tamm in Schweden Analysen von
Bessemergasen von Westanfors3) und 1878 solche von Bessemergasen
von Sandviken4).

Den Eintritt des „falschen Siebener“ (s. S. 163) erklärte H. Schwarz
1874 aus dem Eintritt der Dissociation der Kohlensäure bei zu hoher
Temperatur. Bei sehr groſser Hitze vermindert sich bekanntlich die
oxydierende Wirkung des Sauerstoffs.

Holley wies 1874 nach, daſs Kohlenstoff unter Umständen durch
Phosphor oder auch durch Silicium im Bessemerstahl ersetzt werde, und
wies auf die Wichtigkeit des Nebeneinandervorkommens dieser Stoffe
hin. Ein Stahl mit höherem Kohlenstoffgehalt ist deshalb viel
empfindlicher gegen Phosphor als einer mit geringem Kohlenstoff-
gehalt. Er wies nach, daſs Stahl mit nur 0,30 Prozent Kohlenstoff
erst bei 0,15 Prozent Phosphor brüchig wird, während Stahl mit
0,75 Prozent Kohlenstoff dies schon bei 0,05 Prozent Phosphor wird.
Der Phosphor wirkt um so nachteiliger, wenn gleichzeitig noch andere
Kaltbruch erzeugende Stoffe anwesend sind. In Amerika, wo man
sehr reine Erze hat, galt damals 0,20 Prozent als Grenze für den
Phosphor- und 0,10 Prozent als Grenze für den Schwefelgehalt. In
Deutschland gestattete man nur einen Phosphorgehalt von 0,12 Pro-
zent. Durfee, der 1874 in New York eine Reihe von Analysen von

1) Siehe Wagners Jahresbericht der chemischen Technologie 1872, S. 103.
3) Jern kontorets Annal. 1873, Heft 5, und weiter noch in demselben 1878,
S. 444.
4) Jern kontorets Annal. 1878, S. 444; Berg- u. Hüttenm. Ztg. 1879, S. 266.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0646" n="630"/>
            <fw place="top" type="header">Der saure oder Bessemerproze&#x017F;s bis 1880.</fw><lb/>
            <p>Von gro&#x017F;sem theoretischen Interesse war die Untersuchung der<lb/><hi rendition="#g">Gase</hi> der Bessemerbirne, welche <hi rendition="#g">Snelus</hi> 1871 vornahm<note place="foot" n="1)">Siehe Wagners Jahresbericht der chemischen Technologie 1872, S. 103.</note>. Sie hatte<lb/>
nachfolgendes Ergebnis:</p><lb/>
            <table>
              <row>
                <cell/>
              </row>
            </table>
            <p>Der Kohlenstoff verbrennt demnach erst zu Kohlensäure, dann zu<lb/>
Kohlenoxyd.</p><lb/>
            <p>1873 veröffentlichte A. <hi rendition="#g">Tamm</hi> in Schweden Analysen von<lb/>
Bessemergasen von Westanfors<note place="foot" n="3)">Jern kontorets Annal. 1873, Heft 5, und weiter noch in demselben 1878,<lb/>
S. 444.</note> und 1878 solche von Bessemergasen<lb/>
von Sandviken<note place="foot" n="4)">Jern kontorets Annal. 1878, S. 444; Berg- u. Hüttenm. Ztg. 1879, S. 266.</note>.</p><lb/>
            <p>Den Eintritt des &#x201E;falschen Siebener&#x201C; (s. S. 163) erklärte H. <hi rendition="#g">Schwarz</hi><lb/>
1874 aus dem Eintritt der Dissociation der Kohlensäure bei zu hoher<lb/>
Temperatur. Bei sehr gro&#x017F;ser Hitze vermindert sich bekanntlich die<lb/>
oxydierende Wirkung des Sauerstoffs.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Holley</hi> wies 1874 nach, da&#x017F;s Kohlenstoff unter Umständen durch<lb/>
Phosphor oder auch durch Silicium im Bessemerstahl ersetzt werde, und<lb/>
wies auf die Wichtigkeit des Nebeneinandervorkommens dieser Stoffe<lb/>
hin. Ein Stahl mit höherem Kohlenstoffgehalt ist deshalb viel<lb/>
empfindlicher gegen Phosphor als einer mit geringem Kohlenstoff-<lb/>
gehalt. Er wies nach, da&#x017F;s Stahl mit nur 0,30 Prozent Kohlenstoff<lb/>
erst bei 0,15 Prozent Phosphor brüchig wird, während Stahl mit<lb/>
0,75 Prozent Kohlenstoff dies schon bei 0,05 Prozent Phosphor wird.<lb/>
Der Phosphor wirkt um so nachteiliger, wenn gleichzeitig noch andere<lb/>
Kaltbruch erzeugende Stoffe anwesend sind. In Amerika, wo man<lb/>
sehr reine Erze hat, galt damals 0,20 Prozent als Grenze für den<lb/>
Phosphor- und 0,10 Prozent als Grenze für den Schwefelgehalt. In<lb/>
Deutschland gestattete man nur einen Phosphorgehalt von 0,12 Pro-<lb/>
zent. <hi rendition="#g">Durfee</hi>, der 1874 in New York eine Reihe von Analysen von<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[630/0646] Der saure oder Bessemerprozeſs bis 1880. Von groſsem theoretischen Interesse war die Untersuchung der Gase der Bessemerbirne, welche Snelus 1871 vornahm 1). Sie hatte nachfolgendes Ergebnis: Der Kohlenstoff verbrennt demnach erst zu Kohlensäure, dann zu Kohlenoxyd. 1873 veröffentlichte A. Tamm in Schweden Analysen von Bessemergasen von Westanfors 3) und 1878 solche von Bessemergasen von Sandviken 4). Den Eintritt des „falschen Siebener“ (s. S. 163) erklärte H. Schwarz 1874 aus dem Eintritt der Dissociation der Kohlensäure bei zu hoher Temperatur. Bei sehr groſser Hitze vermindert sich bekanntlich die oxydierende Wirkung des Sauerstoffs. Holley wies 1874 nach, daſs Kohlenstoff unter Umständen durch Phosphor oder auch durch Silicium im Bessemerstahl ersetzt werde, und wies auf die Wichtigkeit des Nebeneinandervorkommens dieser Stoffe hin. Ein Stahl mit höherem Kohlenstoffgehalt ist deshalb viel empfindlicher gegen Phosphor als einer mit geringem Kohlenstoff- gehalt. Er wies nach, daſs Stahl mit nur 0,30 Prozent Kohlenstoff erst bei 0,15 Prozent Phosphor brüchig wird, während Stahl mit 0,75 Prozent Kohlenstoff dies schon bei 0,05 Prozent Phosphor wird. Der Phosphor wirkt um so nachteiliger, wenn gleichzeitig noch andere Kaltbruch erzeugende Stoffe anwesend sind. In Amerika, wo man sehr reine Erze hat, galt damals 0,20 Prozent als Grenze für den Phosphor- und 0,10 Prozent als Grenze für den Schwefelgehalt. In Deutschland gestattete man nur einen Phosphorgehalt von 0,12 Pro- zent. Durfee, der 1874 in New York eine Reihe von Analysen von 1) Siehe Wagners Jahresbericht der chemischen Technologie 1872, S. 103. 3) Jern kontorets Annal. 1873, Heft 5, und weiter noch in demselben 1878, S. 444. 4) Jern kontorets Annal. 1878, S. 444; Berg- u. Hüttenm. Ztg. 1879, S. 266.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/646
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/646>, abgerufen am 25.11.2024.