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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Der Puddelprozess oder das Flammofenfrischen.
suche machten Bolkow und Vaughan. Dann führte ihn Lowthian
Bell
auf seinen Hütten zu Clarence für Chargen von 500 kg ein;
hierauf fand er auch 1877 auf den Erimus- und auf den Britannia-
Eisenwerken Verwendung.

1882 tauchte in den Vereinigten Staaten noch der rotierende
Petroleum-Puddelofen von G. Duryce in New York 1) auf. Damit war
die Reihe der bemerkenswerten Drehöfen zu Ende.

Neben den Drehpuddelöfen erhielten sich in den siebziger Jahren
auch noch verschiedene mechanische Puddler, d. h. durch Ma-
schinen bewegte Rührkrücken. Zu Beginn der Periode waren in Eng-
land drei Systeme in Übung, das von Whitham, von Griffith und
von Stoker 2). Alle drei waren für Doppelöfen. Whithams mecha-
nischer Puddler ist in Weddings Handbuch der Eisenhüttenkunde
(III, S. 292) beschrieben und abgebildet. Er war auf der Perseverance-
hütte bei Leeds eingeführt und verarbeitete Chargen von 15 Centner.
Die schon ältere Konstruktion von Griffith war auf der Northfield-
hütte bei Rhymney in Süd-Wales und auf dem Regent-Eisenwerk bei
Bilston eingeführt. Harrison versah jede mechanische Rührkrücke
mit einer eigenen kleinen Dampfmaschine, wie es schon Schafhäutl
vorgeschlagen hatte. Dasselbe Princip befolgte 1874 Pickles mit
seiner mit zwei Krücken versehenen Puddelmaschine, welche zu
Kirksall Forge bei Leeds eingeführt und noch 1892 angewendet
wurde. Sie ahmte ebenfalls möglichst genau die Handarbeit nach,
bewährte sich aber ebensowenig wie die mechanischen Puddler mit
Drehbewegung. Solche hatten zuerst Brooman 1866 und Darmoy
1872 konstruiert. Der Letztere sollte einfach durch einen umlaufenden
Riemen in rasche Drehbewegung gebracht und von einem Arbeiter an
einem Griff gelenkt werden.

Casson-Darmoy konstruierten hierzu noch einen besonderen
Puddelofen, dessen Boden auf eisernen Kugeln, welche selbst wieder
in einem mit Wasser gefüllten eisernen Kasten lagen, ruhte. Hier-
durch war der Herd leicht nach allen Seiten drehbar. Ein Ofen
dieser Art sollte dasselbe leisten, wie drei gewöhnliche Puddelöfen.

Solche Öfen waren in den Round-Oak-Eisenwerken in Betrieb
und machten 1876 wöchentlich 90 Tonnen Luppeneisen mit einem
Kohlenverbrauch von nur 16 Centner gegen sonst 30 Centner für die

1) Siehe Dingler, Polyt. Journ. 1883, III, S. 445.
2) Siehe Journal of the Iron and Steel Inst., Vol. I, 1872.

Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen.
suche machten Bolkow und Vaughan. Dann führte ihn Lowthian
Bell
auf seinen Hütten zu Clarence für Chargen von 500 kg ein;
hierauf fand er auch 1877 auf den Erimus- und auf den Britannia-
Eisenwerken Verwendung.

1882 tauchte in den Vereinigten Staaten noch der rotierende
Petroleum-Puddelofen von G. Duryce in New York 1) auf. Damit war
die Reihe der bemerkenswerten Drehöfen zu Ende.

Neben den Drehpuddelöfen erhielten sich in den siebziger Jahren
auch noch verschiedene mechanische Puddler, d. h. durch Ma-
schinen bewegte Rührkrücken. Zu Beginn der Periode waren in Eng-
land drei Systeme in Übung, das von Whitham, von Griffith und
von Stoker 2). Alle drei waren für Doppelöfen. Whithams mecha-
nischer Puddler ist in Weddings Handbuch der Eisenhüttenkunde
(III, S. 292) beschrieben und abgebildet. Er war auf der Perseverance-
hütte bei Leeds eingeführt und verarbeitete Chargen von 15 Centner.
Die schon ältere Konstruktion von Griffith war auf der Northfield-
hütte bei Rhymney in Süd-Wales und auf dem Regent-Eisenwerk bei
Bilston eingeführt. Harrison versah jede mechanische Rührkrücke
mit einer eigenen kleinen Dampfmaschine, wie es schon Schafhäutl
vorgeschlagen hatte. Dasselbe Princip befolgte 1874 Pickles mit
seiner mit zwei Krücken versehenen Puddelmaschine, welche zu
Kirksall Forge bei Leeds eingeführt und noch 1892 angewendet
wurde. Sie ahmte ebenfalls möglichst genau die Handarbeit nach,
bewährte sich aber ebensowenig wie die mechanischen Puddler mit
Drehbewegung. Solche hatten zuerst Brooman 1866 und Darmoy
1872 konstruiert. Der Letztere sollte einfach durch einen umlaufenden
Riemen in rasche Drehbewegung gebracht und von einem Arbeiter an
einem Griff gelenkt werden.

Casson-Darmoy konstruierten hierzu noch einen besonderen
Puddelofen, dessen Boden auf eisernen Kugeln, welche selbst wieder
in einem mit Wasser gefüllten eisernen Kasten lagen, ruhte. Hier-
durch war der Herd leicht nach allen Seiten drehbar. Ein Ofen
dieser Art sollte dasselbe leisten, wie drei gewöhnliche Puddelöfen.

Solche Öfen waren in den Round-Oak-Eisenwerken in Betrieb
und machten 1876 wöchentlich 90 Tonnen Luppeneisen mit einem
Kohlenverbrauch von nur 16 Centner gegen sonst 30 Centner für die

1) Siehe Dingler, Polyt. Journ. 1883, III, S. 445.
2) Siehe Journal of the Iron and Steel Inst., Vol. I, 1872.
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[597/0613] Der Puddelprozeſs oder das Flammofenfrischen. suche machten Bolkow und Vaughan. Dann führte ihn Lowthian Bell auf seinen Hütten zu Clarence für Chargen von 500 kg ein; hierauf fand er auch 1877 auf den Erimus- und auf den Britannia- Eisenwerken Verwendung. 1882 tauchte in den Vereinigten Staaten noch der rotierende Petroleum-Puddelofen von G. Duryce in New York 1) auf. Damit war die Reihe der bemerkenswerten Drehöfen zu Ende. Neben den Drehpuddelöfen erhielten sich in den siebziger Jahren auch noch verschiedene mechanische Puddler, d. h. durch Ma- schinen bewegte Rührkrücken. Zu Beginn der Periode waren in Eng- land drei Systeme in Übung, das von Whitham, von Griffith und von Stoker 2). Alle drei waren für Doppelöfen. Whithams mecha- nischer Puddler ist in Weddings Handbuch der Eisenhüttenkunde (III, S. 292) beschrieben und abgebildet. Er war auf der Perseverance- hütte bei Leeds eingeführt und verarbeitete Chargen von 15 Centner. Die schon ältere Konstruktion von Griffith war auf der Northfield- hütte bei Rhymney in Süd-Wales und auf dem Regent-Eisenwerk bei Bilston eingeführt. Harrison versah jede mechanische Rührkrücke mit einer eigenen kleinen Dampfmaschine, wie es schon Schafhäutl vorgeschlagen hatte. Dasselbe Princip befolgte 1874 Pickles mit seiner mit zwei Krücken versehenen Puddelmaschine, welche zu Kirksall Forge bei Leeds eingeführt und noch 1892 angewendet wurde. Sie ahmte ebenfalls möglichst genau die Handarbeit nach, bewährte sich aber ebensowenig wie die mechanischen Puddler mit Drehbewegung. Solche hatten zuerst Brooman 1866 und Darmoy 1872 konstruiert. Der Letztere sollte einfach durch einen umlaufenden Riemen in rasche Drehbewegung gebracht und von einem Arbeiter an einem Griff gelenkt werden. Casson-Darmoy konstruierten hierzu noch einen besonderen Puddelofen, dessen Boden auf eisernen Kugeln, welche selbst wieder in einem mit Wasser gefüllten eisernen Kasten lagen, ruhte. Hier- durch war der Herd leicht nach allen Seiten drehbar. Ein Ofen dieser Art sollte dasselbe leisten, wie drei gewöhnliche Puddelöfen. Solche Öfen waren in den Round-Oak-Eisenwerken in Betrieb und machten 1876 wöchentlich 90 Tonnen Luppeneisen mit einem Kohlenverbrauch von nur 16 Centner gegen sonst 30 Centner für die 1) Siehe Dingler, Polyt. Journ. 1883, III, S. 445. 2) Siehe Journal of the Iron and Steel Inst., Vol. I, 1872.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/613>, abgerufen am 22.11.2024.