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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Eisengiesserei seit 1870.
[Tabelle]

Um jene Zeit kam auch das Umschmelzen von Roheisen und Stahl-
abfällen in Kupolöfen und die Herstellung grösserer Stücke in Auf-
nahme, besonders in Amerika und Belgien, wo man dieses Produkt als
Temperguss bezeichnete. In den Vereinigten Staaten von Amerika
wurde 1875 ein Tempern mit Wassergas, "das Andrewsverfahren" 1), ein-
geführt, doch nur vorübergehend. 1877 schmolz man daselbst für
schmiedbaren Guss weisses oder lichtgraues Holzkohlenroheisen, welches
aus reinen Erzen bei basischer Beschickung mit kaltem Winde erblasen
war, im Kupolofen um. Die Formen wurden mit Formmaschinen von
Jobson, Eames oder mit der einfachen Maschine von C. F. Hammer,
die nur aus einer durch ein Hebelwerk bewegten Formplatte, welche
in den Sand gedrückt wurde, bestand, hergestellt. Als Entkohlungs-
mittel dienten Roheisenstein oder durch Glühen in Oxydoxydul ver-
wandelte Drehspäne, oder durch Begiessen mit Salmiak zum Rosten
gebrachter Hammerschlag und Walzensinter. Auburn & Co. in
New York stellten 1876 ausser Sensen, Gabeln, Rechen besonders
Teile von landwirtschaftlichen Maschinen aus so bereitetem schmied-
baren Gusse her.

Dalifol in Paris und Fischer in Schaffhausen machten 1878
schmiedbaren Guss aus Stahlguss, der in Eisenoxyd geglüht wurde.

1881 stellte auch L. Forquignon 2), durch Cailletet veranlasst,
genaue Untersuchungen über die Umwandlung des Eisens beim Adu-
cieren an und kam zu dem Schluss, dass die Oxydation eines Teils
des Kohlenstoffs dabei nur nebensächlich sei, dass vielmehr die Um-
wandlung darin bestehe, dass das weisse Eisen in der Glühhitze wenig
unter seinem Schmelzpunkt in Graphit und kohlenstoffarmes, weiches
Eisen zerfalle. Diese Erscheinung tritt auch nicht nur beim Glühen
im Eisenoxyd, sondern auch beim Glühen in Sand, Kalk, Knochen-
kohle, Feilspäne, ja selbst im Stickstoff- oder Wasserstoffstrome ein.

Was die Verbesserungen in der Ausführung des Prozesses betrifft,

1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 369.
2) Siehe Annales de chimie et de physique, V. ser., T. XXIII, p. 433.

Die Eisengieſserei seit 1870.
[Tabelle]

Um jene Zeit kam auch das Umschmelzen von Roheisen und Stahl-
abfällen in Kupolöfen und die Herstellung gröſserer Stücke in Auf-
nahme, besonders in Amerika und Belgien, wo man dieses Produkt als
Temperguſs bezeichnete. In den Vereinigten Staaten von Amerika
wurde 1875 ein Tempern mit Wassergas, „das Andrewsverfahren“ 1), ein-
geführt, doch nur vorübergehend. 1877 schmolz man daselbst für
schmiedbaren Guſs weiſses oder lichtgraues Holzkohlenroheisen, welches
aus reinen Erzen bei basischer Beschickung mit kaltem Winde erblasen
war, im Kupolofen um. Die Formen wurden mit Formmaschinen von
Jobson, Eames oder mit der einfachen Maschine von C. F. Hammer,
die nur aus einer durch ein Hebelwerk bewegten Formplatte, welche
in den Sand gedrückt wurde, bestand, hergestellt. Als Entkohlungs-
mittel dienten Roheisenstein oder durch Glühen in Oxydoxydul ver-
wandelte Drehspäne, oder durch Begieſsen mit Salmiak zum Rosten
gebrachter Hammerschlag und Walzensinter. Auburn & Co. in
New York stellten 1876 auſser Sensen, Gabeln, Rechen besonders
Teile von landwirtschaftlichen Maschinen aus so bereitetem schmied-
baren Gusse her.

Dalifol in Paris und Fischer in Schaffhausen machten 1878
schmiedbaren Guſs aus Stahlguſs, der in Eisenoxyd geglüht wurde.

1881 stellte auch L. Forquignon 2), durch Cailletet veranlaſst,
genaue Untersuchungen über die Umwandlung des Eisens beim Adu-
cieren an und kam zu dem Schluſs, daſs die Oxydation eines Teils
des Kohlenstoffs dabei nur nebensächlich sei, daſs vielmehr die Um-
wandlung darin bestehe, daſs das weiſse Eisen in der Glühhitze wenig
unter seinem Schmelzpunkt in Graphit und kohlenstoffarmes, weiches
Eisen zerfalle. Diese Erscheinung tritt auch nicht nur beim Glühen
im Eisenoxyd, sondern auch beim Glühen in Sand, Kalk, Knochen-
kohle, Feilspäne, ja selbst im Stickstoff- oder Wasserstoffstrome ein.

Was die Verbesserungen in der Ausführung des Prozesses betrifft,

1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 369.
2) Siehe Annales de chimie et de physique, V. sér., T. XXIII, p. 433.
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[559/0575] Die Eisengieſserei seit 1870. Um jene Zeit kam auch das Umschmelzen von Roheisen und Stahl- abfällen in Kupolöfen und die Herstellung gröſserer Stücke in Auf- nahme, besonders in Amerika und Belgien, wo man dieses Produkt als Temperguſs bezeichnete. In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde 1875 ein Tempern mit Wassergas, „das Andrewsverfahren“ 1), ein- geführt, doch nur vorübergehend. 1877 schmolz man daselbst für schmiedbaren Guſs weiſses oder lichtgraues Holzkohlenroheisen, welches aus reinen Erzen bei basischer Beschickung mit kaltem Winde erblasen war, im Kupolofen um. Die Formen wurden mit Formmaschinen von Jobson, Eames oder mit der einfachen Maschine von C. F. Hammer, die nur aus einer durch ein Hebelwerk bewegten Formplatte, welche in den Sand gedrückt wurde, bestand, hergestellt. Als Entkohlungs- mittel dienten Roheisenstein oder durch Glühen in Oxydoxydul ver- wandelte Drehspäne, oder durch Begieſsen mit Salmiak zum Rosten gebrachter Hammerschlag und Walzensinter. Auburn & Co. in New York stellten 1876 auſser Sensen, Gabeln, Rechen besonders Teile von landwirtschaftlichen Maschinen aus so bereitetem schmied- baren Gusse her. Dalifol in Paris und Fischer in Schaffhausen machten 1878 schmiedbaren Guſs aus Stahlguſs, der in Eisenoxyd geglüht wurde. 1881 stellte auch L. Forquignon 2), durch Cailletet veranlaſst, genaue Untersuchungen über die Umwandlung des Eisens beim Adu- cieren an und kam zu dem Schluſs, daſs die Oxydation eines Teils des Kohlenstoffs dabei nur nebensächlich sei, daſs vielmehr die Um- wandlung darin bestehe, daſs das weiſse Eisen in der Glühhitze wenig unter seinem Schmelzpunkt in Graphit und kohlenstoffarmes, weiches Eisen zerfalle. Diese Erscheinung tritt auch nicht nur beim Glühen im Eisenoxyd, sondern auch beim Glühen in Sand, Kalk, Knochen- kohle, Feilspäne, ja selbst im Stickstoff- oder Wasserstoffstrome ein. Was die Verbesserungen in der Ausführung des Prozesses betrifft, 1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 369. 2) Siehe Annales de chimie et de physique, V. sér., T. XXIII, p. 433.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/575>, abgerufen am 16.07.2024.