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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Hochöfen.

W. Siemens konstruierte einen selbströstenden Hochofen, bei dem
die Röstung der Erze im oberen Teil des Schachtes durch die Ver-
brennung der Hochofengase mittels eingeblasenen Windes geschehen
sollte.

Hawdon und Hawson bauten 1893 auf dem Newport-Eisenwerk
bei Middlesborough einen Hochofen mit dem Fig. 171 dargestellten
Profil. Es sollte dadurch der Druck der
Schmelzsäule auf die Rastflächen vermieden
und die Beschickung lockerer erhalten
werden. Obgleich der Ofen gute Resultate
lieferte, fand er keine Nachahmung. Alle
diese Neuerungen erlangten nur eine lokale
Bedeutung. Auch A. Wolskis Vorschlag
(1896) eines Hochofens mit Wiederbe-
nutzung oder, wie er es nennt, Selbst-
regenerierung der Gichtgase 1) nach J. von
Ehrenwerths
Prinzip, ist bis jetzt ohne
Folgen geblieben.

Allgemeine Anerkennung und Verbrei-
tung fand dagegen Lürmanns Schlacken-
form und damit die Zustellung der Hoch-
öfen mit geschlossener Brust, welche sich
bei hocherhitztem Winde vortrefflich bewährt
hat, und die neueren Öfen wurden fast stets
so zugestellt.

Eine andere Änderung, die bei Koks-
hochöfen allgemeine Anwendung gefunden hat
und die ebenfalls mit der Einführung höher

[Abbildung] Fig. 171.
erhitzten Windes zusammenhängt, ist die, dass man den Rüssel der
Blaseformen in das Gestell hineinragen lässt. Dadurch kann einer-
seits der Wind mehr bis in die Mitte des Gestells dringen, anderer-
seits wird eine Schonung der Gestellwände und damit eine längere
Erhaltung des Hochofens bewirkt. Dieses Vorragen der Windformen,
das schon 1879 auf dem Edgar Thomson-Werk eingeführt wurde, darf
aber nicht übertrieben werden. Nach Versuchen von Cochrane im
Jahre 1882 nahm die Roheisenerzeugung bei einem Hochofen von
2,44 m Gestellweite von 483 auf 599 Tonnen in der Woche zu, nach-
dem man die Form von 305 mm auf 150 mm Vorlage zurückgezogen

1) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 706, 896, 911.
Hochöfen.

W. Siemens konstruierte einen selbströstenden Hochofen, bei dem
die Röstung der Erze im oberen Teil des Schachtes durch die Ver-
brennung der Hochofengase mittels eingeblasenen Windes geschehen
sollte.

Hawdon und Hawson bauten 1893 auf dem Newport-Eisenwerk
bei Middlesborough einen Hochofen mit dem Fig. 171 dargestellten
Profil. Es sollte dadurch der Druck der
Schmelzsäule auf die Rastflächen vermieden
und die Beschickung lockerer erhalten
werden. Obgleich der Ofen gute Resultate
lieferte, fand er keine Nachahmung. Alle
diese Neuerungen erlangten nur eine lokale
Bedeutung. Auch A. Wolskis Vorschlag
(1896) eines Hochofens mit Wiederbe-
nutzung oder, wie er es nennt, Selbst-
regenerierung der Gichtgase 1) nach J. von
Ehrenwerths
Prinzip, ist bis jetzt ohne
Folgen geblieben.

Allgemeine Anerkennung und Verbrei-
tung fand dagegen Lürmanns Schlacken-
form und damit die Zustellung der Hoch-
öfen mit geschlossener Brust, welche sich
bei hocherhitztem Winde vortrefflich bewährt
hat, und die neueren Öfen wurden fast stets
so zugestellt.

Eine andere Änderung, die bei Koks-
hochöfen allgemeine Anwendung gefunden hat
und die ebenfalls mit der Einführung höher

[Abbildung] Fig. 171.
erhitzten Windes zusammenhängt, ist die, daſs man den Rüssel der
Blaseformen in das Gestell hineinragen läſst. Dadurch kann einer-
seits der Wind mehr bis in die Mitte des Gestells dringen, anderer-
seits wird eine Schonung der Gestellwände und damit eine längere
Erhaltung des Hochofens bewirkt. Dieses Vorragen der Windformen,
das schon 1879 auf dem Edgar Thomson-Werk eingeführt wurde, darf
aber nicht übertrieben werden. Nach Versuchen von Cochrane im
Jahre 1882 nahm die Roheisenerzeugung bei einem Hochofen von
2,44 m Gestellweite von 483 auf 599 Tonnen in der Woche zu, nach-
dem man die Form von 305 mm auf 150 mm Vorlage zurückgezogen

1) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 706, 896, 911.
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[459/0475] Hochöfen. W. Siemens konstruierte einen selbströstenden Hochofen, bei dem die Röstung der Erze im oberen Teil des Schachtes durch die Ver- brennung der Hochofengase mittels eingeblasenen Windes geschehen sollte. Hawdon und Hawson bauten 1893 auf dem Newport-Eisenwerk bei Middlesborough einen Hochofen mit dem Fig. 171 dargestellten Profil. Es sollte dadurch der Druck der Schmelzsäule auf die Rastflächen vermieden und die Beschickung lockerer erhalten werden. Obgleich der Ofen gute Resultate lieferte, fand er keine Nachahmung. Alle diese Neuerungen erlangten nur eine lokale Bedeutung. Auch A. Wolskis Vorschlag (1896) eines Hochofens mit Wiederbe- nutzung oder, wie er es nennt, Selbst- regenerierung der Gichtgase 1) nach J. von Ehrenwerths Prinzip, ist bis jetzt ohne Folgen geblieben. Allgemeine Anerkennung und Verbrei- tung fand dagegen Lürmanns Schlacken- form und damit die Zustellung der Hoch- öfen mit geschlossener Brust, welche sich bei hocherhitztem Winde vortrefflich bewährt hat, und die neueren Öfen wurden fast stets so zugestellt. Eine andere Änderung, die bei Koks- hochöfen allgemeine Anwendung gefunden hat und die ebenfalls mit der Einführung höher [Abbildung Fig. 171.] erhitzten Windes zusammenhängt, ist die, daſs man den Rüssel der Blaseformen in das Gestell hineinragen läſst. Dadurch kann einer- seits der Wind mehr bis in die Mitte des Gestells dringen, anderer- seits wird eine Schonung der Gestellwände und damit eine längere Erhaltung des Hochofens bewirkt. Dieses Vorragen der Windformen, das schon 1879 auf dem Edgar Thomson-Werk eingeführt wurde, darf aber nicht übertrieben werden. Nach Versuchen von Cochrane im Jahre 1882 nahm die Roheisenerzeugung bei einem Hochofen von 2,44 m Gestellweite von 483 auf 599 Tonnen in der Woche zu, nach- dem man die Form von 305 mm auf 150 mm Vorlage zurückgezogen 1) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 706, 896, 911.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/475>, abgerufen am 25.11.2024.