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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Physik des Eisens seit 1871.
Blauhitze, der Temperatur, bei der die Bleche blau anlaufen, ein-
tritt, was namentlich den Kesselschmieden schon längst bekannt war,
auf einer allgemeinen Thatsache beruht.

Alle schmiedbaren Eisensorten zeigen bei einer gewissen, zwischen
300 und 400° C. gelegenen Temperatur einen Zustand grösserer Sprödig-
keit, die man als Blaubrüchigkeit bezeichnet. Die Blauwärme ist
also eine weitere kritische Temperatur, die bei der Bearbeitung des
Eisens berücksichtigt werden muss 1). Eingehende Versuche über die
Festigkeit der Eisensorten bei verschiedenen Temperaturen stellte
Dr. Jul. Kollmann 1880 auf der Gutehoffnungshütte bei Oberhausen
an 2). Danach ist die Festigkeitsabnahme bis 100° nur unwesentlich,
bis 350° ist sie gering, von da an vermindert sich die Festigkeit rasch,
wie folgende Zusammenstellung zeigt:

[Tabelle]

Versuche über Festigkeit von Kesselblechen in Blauwärme stellte
A. Kurzwernhart 3) an. Er fand die grösste Sprödigkeit bei der blass-
gelben Anlauffarbe.

Viele Eisensorten zeigen eine merkliche Zunahme der Festig-
keit zwischen 0 und 300°, namentlich zwischen 200 und 300°, wie
Versuche von Huston, Walrand und C. Martens 4) bewiesen haben.

Le Chatelier5) fand (1891) zwischen 15 und 80° eine Abnahme
der Festigkeit um 6 bis 9,3 Prozent, bei 100 bis 240° Verringerung
der Dehnbarkeit um 7 bis 9 Prozent bei Eisen und 3 bis 7 Prozent

1) Siehe Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen XX, S. 21.
2) Siehe Verhandl. des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleisses 1880,
zweites Heft.
3) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 849.
4) Mitteilungen d. Kgl. techn. Versuchsanstalten 1890, Heft IV; Stahl und
Eisen 1890, S. 843.
5) Comptes rendus, t. CIX.

Physik des Eisens seit 1871.
Blauhitze, der Temperatur, bei der die Bleche blau anlaufen, ein-
tritt, was namentlich den Kesselschmieden schon längst bekannt war,
auf einer allgemeinen Thatsache beruht.

Alle schmiedbaren Eisensorten zeigen bei einer gewissen, zwischen
300 und 400° C. gelegenen Temperatur einen Zustand gröſserer Sprödig-
keit, die man als Blaubrüchigkeit bezeichnet. Die Blauwärme ist
also eine weitere kritische Temperatur, die bei der Bearbeitung des
Eisens berücksichtigt werden muſs 1). Eingehende Versuche über die
Festigkeit der Eisensorten bei verschiedenen Temperaturen stellte
Dr. Jul. Kollmann 1880 auf der Gutehoffnungshütte bei Oberhausen
an 2). Danach ist die Festigkeitsabnahme bis 100° nur unwesentlich,
bis 350° ist sie gering, von da an vermindert sich die Festigkeit rasch,
wie folgende Zusammenstellung zeigt:

[Tabelle]

Versuche über Festigkeit von Kesselblechen in Blauwärme stellte
A. Kurzwernhart 3) an. Er fand die gröſste Sprödigkeit bei der blaſs-
gelben Anlauffarbe.

Viele Eisensorten zeigen eine merkliche Zunahme der Festig-
keit zwischen 0 und 300°, namentlich zwischen 200 und 300°, wie
Versuche von Huston, Walrand und C. Martens 4) bewiesen haben.

Le Chatelier5) fand (1891) zwischen 15 und 80° eine Abnahme
der Festigkeit um 6 bis 9,3 Prozent, bei 100 bis 240° Verringerung
der Dehnbarkeit um 7 bis 9 Prozent bei Eisen und 3 bis 7 Prozent

1) Siehe Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen XX, S. 21.
2) Siehe Verhandl. des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleiſses 1880,
zweites Heft.
3) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 849.
4) Mitteilungen d. Kgl. techn. Versuchsanstalten 1890, Heft IV; Stahl und
Eisen 1890, S. 843.
5) Comptes rendus, t. CIX.
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[398/0414] Physik des Eisens seit 1871. Blauhitze, der Temperatur, bei der die Bleche blau anlaufen, ein- tritt, was namentlich den Kesselschmieden schon längst bekannt war, auf einer allgemeinen Thatsache beruht. Alle schmiedbaren Eisensorten zeigen bei einer gewissen, zwischen 300 und 400° C. gelegenen Temperatur einen Zustand gröſserer Sprödig- keit, die man als Blaubrüchigkeit bezeichnet. Die Blauwärme ist also eine weitere kritische Temperatur, die bei der Bearbeitung des Eisens berücksichtigt werden muſs 1). Eingehende Versuche über die Festigkeit der Eisensorten bei verschiedenen Temperaturen stellte Dr. Jul. Kollmann 1880 auf der Gutehoffnungshütte bei Oberhausen an 2). Danach ist die Festigkeitsabnahme bis 100° nur unwesentlich, bis 350° ist sie gering, von da an vermindert sich die Festigkeit rasch, wie folgende Zusammenstellung zeigt: Versuche über Festigkeit von Kesselblechen in Blauwärme stellte A. Kurzwernhart 3) an. Er fand die gröſste Sprödigkeit bei der blaſs- gelben Anlauffarbe. Viele Eisensorten zeigen eine merkliche Zunahme der Festig- keit zwischen 0 und 300°, namentlich zwischen 200 und 300°, wie Versuche von Huston, Walrand und C. Martens 4) bewiesen haben. Le Chatelier 5) fand (1891) zwischen 15 und 80° eine Abnahme der Festigkeit um 6 bis 9,3 Prozent, bei 100 bis 240° Verringerung der Dehnbarkeit um 7 bis 9 Prozent bei Eisen und 3 bis 7 Prozent 1) Siehe Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen XX, S. 21. 2) Siehe Verhandl. des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleiſses 1880, zweites Heft. 3) Siehe Stahl und Eisen 1896, S. 849. 4) Mitteilungen d. Kgl. techn. Versuchsanstalten 1890, Heft IV; Stahl und Eisen 1890, S. 843. 5) Comptes rendus, t. CIX.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/414>, abgerufen am 22.11.2024.