Blasenbildung in den Gussblöcken, weil die Wirkung des Eisenoxyduls auf den Kohlenstoff im Eisen bis zum Erstarrungspunkt andauert.
Dass das Eisen eine ganz bedeutende Verwandtschaft zum Wasserstoft hat und für dieses Gas eine grosse Absorptionsfähigkeit besitzt, sind Thatsachen, die erst in dieser Periode entdeckt und klargestellt worden sind. Allerdings hatte schon Graham (s. Bd. I, S. 8) vor fast 40 Jahren nachgewiesen, dass Meteoreisen Wasserstoff- gas in beträchtlicher Menge absorbiert enthält, und hat auf diese Beobachtung weitgehende Schlüsse über eine Wasserstoffatmosphäre des Urgestirns, dem die Meteoriten entstammten, gegründet. Dass aber auch alles künstlich bereitete Eisen Wasserstoff in verhältnis- mässig grosser Menge gelöst oder absorbiert enthält, wurde zuerst von Troost und Hautefeuille1), welche verschiedene Eisensorten im luftleeren Raum erhitzten und die Gase analysierten, nachgewiesen.
Diese Versuche wurden dann von vielen anderen, besonders von Fr. C. G. Müller2)Ledebur3), Stead4), Parry u. a., wiederholt und weiter ausgeführt. Müller fand, dass sich die Gase, welche unter Druck in den Poren des Eisens festgehalten werden, durch Anbohren unter Wasser entbinden und auffangen lassen. Aus um- stehender Tabelle ist die Zusammensetzung einiger dieser von ihm untersuchten Gase zu ersehen.
Im allgemeinen nimmt die Löslichkeit des Wasserstoffs im Eisen mit dem Kohlengehalt ab; Mangan (nach Pourcel5) und Silicium (nach Müller) erhöhen dieselbe. Bearbeitung durch Hämmern und Walzen vermindert den Gasgehalt überhaupt, insbesondere aber den Gehalt an Wasserstoffgas.
Die beim Glühen der Bessemerblöcke in den Ausgleichegruben entweichenden Gase bestanden nach Stead aus 82,5 Prozent Wasser- stoff, 12,5 Prozent Kohlenoxydgas und 5 Prozent Stickstoff. Finkener untersuchte auf H. Weddings Veranlassung die Gase in den Hohl- räumen der aus massiven Blöcken gewalzten Mannesmannröhren und fand darin 99 Prozent Wasserstoff und 1 Prozent Stickstoff.
1) Compt. rend. 76, p. 482, 565, und 80, p. 788.
2) Zeitschr. des Vereins deutsch. Ingen. 23, S. 493.
3) Stahl und Eisen 1882, S. 591.
4) Iron XVII, 414.
5) Es erhob sich 1882 ein Streit zwischen A. Pourcel und Dr. Friedrich C. G. Müller, ob die Wirksamkeit des Mangansilicids zur Verhinderung der Blasenbildung im Flussstahl dem Mangan oder dem Silicium zuzuschreiben sei. Müller nahm an, dass die Blasen von ausgeschiedenem Wasserstoff herrührten, während nach Pourcel Kohlenoxyd sie veranlassen soll. Stahl und Eisen 1883, S. 48.
Chemie.
Blasenbildung in den Guſsblöcken, weil die Wirkung des Eisenoxyduls auf den Kohlenstoff im Eisen bis zum Erstarrungspunkt andauert.
Daſs das Eisen eine ganz bedeutende Verwandtschaft zum Wasserstoft hat und für dieses Gas eine groſse Absorptionsfähigkeit besitzt, sind Thatsachen, die erst in dieser Periode entdeckt und klargestellt worden sind. Allerdings hatte schon Graham (s. Bd. I, S. 8) vor fast 40 Jahren nachgewiesen, daſs Meteoreisen Wasserstoff- gas in beträchtlicher Menge absorbiert enthält, und hat auf diese Beobachtung weitgehende Schlüsse über eine Wasserstoffatmosphäre des Urgestirns, dem die Meteoriten entstammten, gegründet. Daſs aber auch alles künstlich bereitete Eisen Wasserstoff in verhältnis- mäſsig groſser Menge gelöst oder absorbiert enthält, wurde zuerst von Troost und Hautefeuille1), welche verschiedene Eisensorten im luftleeren Raum erhitzten und die Gase analysierten, nachgewiesen.
Diese Versuche wurden dann von vielen anderen, besonders von Fr. C. G. Müller2)Ledebur3), Stead4), Parry u. a., wiederholt und weiter ausgeführt. Müller fand, daſs sich die Gase, welche unter Druck in den Poren des Eisens festgehalten werden, durch Anbohren unter Wasser entbinden und auffangen lassen. Aus um- stehender Tabelle ist die Zusammensetzung einiger dieser von ihm untersuchten Gase zu ersehen.
Im allgemeinen nimmt die Löslichkeit des Wasserstoffs im Eisen mit dem Kohlengehalt ab; Mangan (nach Pourcel5) und Silicium (nach Müller) erhöhen dieselbe. Bearbeitung durch Hämmern und Walzen vermindert den Gasgehalt überhaupt, insbesondere aber den Gehalt an Wasserstoffgas.
Die beim Glühen der Bessemerblöcke in den Ausgleichegruben entweichenden Gase bestanden nach Stead aus 82,5 Prozent Wasser- stoff, 12,5 Prozent Kohlenoxydgas und 5 Prozent Stickstoff. Finkener untersuchte auf H. Weddings Veranlassung die Gase in den Hohl- räumen der aus massiven Blöcken gewalzten Mannesmannröhren und fand darin 99 Prozent Wasserstoff und 1 Prozent Stickstoff.
1) Compt. rend. 76, p. 482, 565, und 80, p. 788.
2) Zeitschr. des Vereins deutsch. Ingen. 23, S. 493.
3) Stahl und Eisen 1882, S. 591.
4) Iron XVII, 414.
5) Es erhob sich 1882 ein Streit zwischen A. Pourcel und Dr. Friedrich C. G. Müller, ob die Wirksamkeit des Mangansilicids zur Verhinderung der Blasenbildung im Fluſsstahl dem Mangan oder dem Silicium zuzuschreiben sei. Müller nahm an, daſs die Blasen von ausgeschiedenem Wasserstoff herrührten, während nach Pourcel Kohlenoxyd sie veranlassen soll. Stahl und Eisen 1883, S. 48.
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Chemie.
Blasenbildung in den Guſsblöcken, weil die Wirkung des Eisenoxyduls
auf den Kohlenstoff im Eisen bis zum Erstarrungspunkt andauert.
Daſs das Eisen eine ganz bedeutende Verwandtschaft zum
Wasserstoft hat und für dieses Gas eine groſse Absorptionsfähigkeit
besitzt, sind Thatsachen, die erst in dieser Periode entdeckt und
klargestellt worden sind. Allerdings hatte schon Graham (s. Bd. I,
S. 8) vor fast 40 Jahren nachgewiesen, daſs Meteoreisen Wasserstoff-
gas in beträchtlicher Menge absorbiert enthält, und hat auf diese
Beobachtung weitgehende Schlüsse über eine Wasserstoffatmosphäre
des Urgestirns, dem die Meteoriten entstammten, gegründet. Daſs
aber auch alles künstlich bereitete Eisen Wasserstoff in verhältnis-
mäſsig groſser Menge gelöst oder absorbiert enthält, wurde zuerst von
Troost und Hautefeuille 1), welche verschiedene Eisensorten im
luftleeren Raum erhitzten und die Gase analysierten, nachgewiesen.
Diese Versuche wurden dann von vielen anderen, besonders von
Fr. C. G. Müller 2) Ledebur 3), Stead 4), Parry u. a., wiederholt
und weiter ausgeführt. Müller fand, daſs sich die Gase, welche
unter Druck in den Poren des Eisens festgehalten werden, durch
Anbohren unter Wasser entbinden und auffangen lassen. Aus um-
stehender Tabelle ist die Zusammensetzung einiger dieser von ihm
untersuchten Gase zu ersehen.
Im allgemeinen nimmt die Löslichkeit des Wasserstoffs im Eisen
mit dem Kohlengehalt ab; Mangan (nach Pourcel 5) und Silicium
(nach Müller) erhöhen dieselbe. Bearbeitung durch Hämmern und
Walzen vermindert den Gasgehalt überhaupt, insbesondere aber den
Gehalt an Wasserstoffgas.
Die beim Glühen der Bessemerblöcke in den Ausgleichegruben
entweichenden Gase bestanden nach Stead aus 82,5 Prozent Wasser-
stoff, 12,5 Prozent Kohlenoxydgas und 5 Prozent Stickstoff. Finkener
untersuchte auf H. Weddings Veranlassung die Gase in den Hohl-
räumen der aus massiven Blöcken gewalzten Mannesmannröhren und
fand darin 99 Prozent Wasserstoff und 1 Prozent Stickstoff.
1) Compt. rend. 76, p. 482, 565, und 80, p. 788.
2) Zeitschr. des Vereins deutsch. Ingen. 23, S. 493.
3) Stahl und Eisen 1882, S. 591.
4) Iron XVII, 414.
5) Es erhob sich 1882 ein Streit zwischen A. Pourcel und Dr. Friedrich
C. G. Müller, ob die Wirksamkeit des Mangansilicids zur Verhinderung der
Blasenbildung im Fluſsstahl dem Mangan oder dem Silicium zuzuschreiben sei.
Müller nahm an, daſs die Blasen von ausgeschiedenem Wasserstoff herrührten,
während nach Pourcel Kohlenoxyd sie veranlassen soll. Stahl und Eisen 1883,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/367>, abgerufen am 24.11.2024.
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