James Hargreaves liess sich am 3. und 22. Mai 1869 dasselbe Verfahren patentieren, das er auf alle Salze, welche Sauerstoff ab- geben, in Verbindung mit Eisen- und Manganoxyd und für beliebige Arten von Öfen oder Konverter ausdehnte; selbst in der einfachen Giesspfanne sollte der Prozess ausgeführt werden. In dem zweiten Patent schlug er einen stehenden Cylinder als Konverter vor, auf dessen Boden die Mischung feucht aufgestampft oder in Form von Blöcken gepackt und nach dem Anwärmen das flüssige Eisen darauf gegossen werden sollte. Für harten Stahl zu Schneidwerkzeugen sollten auf 1 Centner weisses Roheisen 9 Pfund Natronsalpeter und 5 Pfund Manganhyperoxyd genommen werden; für weichen Stahl 12 Pfund Salpeter und 18 Pfund Eisenoxyd.
Heatons Prozess wurde zu Langley-Mill im grossen ausgeführt 1).
Die grossen Hoffnungen, die man auf den Salpeterprozess setzte, beruhten darauf, dass man annahm, durch denselben würden Schwefel und Phosphor in wirksamer Weise aus dem Roheisen abgeschieden. Die Idee, Salpeter als Reinigungsmittel des Roheisens zu verwenden, war, wie wir wissen, durchaus nicht neu; so hatte z. B. ein Deutscher, Dr. Engelhard, schon in den dreissiger Jahren Roh- eisen auf diese Weise gereinigt (s. Bd. IV, S. 587). Heatons Prozess gab ausserdem kein fertiges Produkt, sondern dasselbe musste erst umgeschmolzen werden.
Über den Betrieb von Heatons Stahlprozess zu Langley-Mill im Jahre 1868 ist folgendes zu berichten: Das in einem Kupolofen um- geschmolzene Roheisen wurde in Quantitäten von 12 Centner in ein den schwedischen Bessemeröfen ähnliches Gefäss eingegossen. Der mit feuerfesten Steinen ausgefütterte 8 Fuss hohe, 4 Fuss aussen weite, feststehende Cylinder stand auf einem beweglichen Rädergestell unter einer 30 Fuss hohen Esse. Man gab auf den Boden des Gefässes Natronsalpeter und legte auf diesen eine dicke, durchlöcherte Guss- platte, schob das Gestell unter die Esse und goss das Roheisen ein. Nach 2 Minuten begann die Reaktion. Anfänglich entwickelten sich rotbraune, dann schwarze und hierauf grüne und weisse Dämpfe in reichlicher Menge. Nach 5 bis 6 Minuten begann das eigentliche Frischen mit lautem Getöse und Ausströmen einer glänzend gelben Flamme aus der Esse. Nach 11/2 Minuten hörte die Erscheinung plötzlich auf und der teigartige rohe Stahl wurde mit der flüssigen Schlacke abgestochen. Die Gussplatte schmolz meist mit ein.
1) Näheres über Heatons Prozess siehe Jeans, Steel, S. 113.
Cement- und Guſsstahlfabrikation 1861 bis 1870.
James Hargreaves lieſs sich am 3. und 22. Mai 1869 dasselbe Verfahren patentieren, das er auf alle Salze, welche Sauerstoff ab- geben, in Verbindung mit Eisen- und Manganoxyd und für beliebige Arten von Öfen oder Konverter ausdehnte; selbst in der einfachen Gieſspfanne sollte der Prozeſs ausgeführt werden. In dem zweiten Patent schlug er einen stehenden Cylinder als Konverter vor, auf dessen Boden die Mischung feucht aufgestampft oder in Form von Blöcken gepackt und nach dem Anwärmen das flüssige Eisen darauf gegossen werden sollte. Für harten Stahl zu Schneidwerkzeugen sollten auf 1 Centner weiſses Roheisen 9 Pfund Natronsalpeter und 5 Pfund Manganhyperoxyd genommen werden; für weichen Stahl 12 Pfund Salpeter und 18 Pfund Eisenoxyd.
Heatons Prozeſs wurde zu Langley-Mill im groſsen ausgeführt 1).
Die groſsen Hoffnungen, die man auf den Salpeterprozeſs setzte, beruhten darauf, daſs man annahm, durch denselben würden Schwefel und Phosphor in wirksamer Weise aus dem Roheisen abgeschieden. Die Idee, Salpeter als Reinigungsmittel des Roheisens zu verwenden, war, wie wir wissen, durchaus nicht neu; so hatte z. B. ein Deutscher, Dr. Engelhard, schon in den dreiſsiger Jahren Roh- eisen auf diese Weise gereinigt (s. Bd. IV, S. 587). Heatons Prozeſs gab auſserdem kein fertiges Produkt, sondern dasselbe muſste erst umgeschmolzen werden.
Über den Betrieb von Heatons Stahlprozeſs zu Langley-Mill im Jahre 1868 ist folgendes zu berichten: Das in einem Kupolofen um- geschmolzene Roheisen wurde in Quantitäten von 12 Centner in ein den schwedischen Bessemeröfen ähnliches Gefäſs eingegossen. Der mit feuerfesten Steinen ausgefütterte 8 Fuſs hohe, 4 Fuſs auſsen weite, feststehende Cylinder stand auf einem beweglichen Rädergestell unter einer 30 Fuſs hohen Esse. Man gab auf den Boden des Gefäſses Natronsalpeter und legte auf diesen eine dicke, durchlöcherte Guſs- platte, schob das Gestell unter die Esse und goſs das Roheisen ein. Nach 2 Minuten begann die Reaktion. Anfänglich entwickelten sich rotbraune, dann schwarze und hierauf grüne und weiſse Dämpfe in reichlicher Menge. Nach 5 bis 6 Minuten begann das eigentliche Frischen mit lautem Getöse und Ausströmen einer glänzend gelben Flamme aus der Esse. Nach 1½ Minuten hörte die Erscheinung plötzlich auf und der teigartige rohe Stahl wurde mit der flüssigen Schlacke abgestochen. Die Guſsplatte schmolz meist mit ein.
1) Näheres über Heatons Prozeſs siehe Jeans, Steel, S. 113.
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[189/0205]
Cement- und Guſsstahlfabrikation 1861 bis 1870.
James Hargreaves lieſs sich am 3. und 22. Mai 1869 dasselbe
Verfahren patentieren, das er auf alle Salze, welche Sauerstoff ab-
geben, in Verbindung mit Eisen- und Manganoxyd und für beliebige
Arten von Öfen oder Konverter ausdehnte; selbst in der einfachen
Gieſspfanne sollte der Prozeſs ausgeführt werden. In dem zweiten
Patent schlug er einen stehenden Cylinder als Konverter vor, auf
dessen Boden die Mischung feucht aufgestampft oder in Form von
Blöcken gepackt und nach dem Anwärmen das flüssige Eisen darauf
gegossen werden sollte. Für harten Stahl zu Schneidwerkzeugen
sollten auf 1 Centner weiſses Roheisen 9 Pfund Natronsalpeter und
5 Pfund Manganhyperoxyd genommen werden; für weichen Stahl
12 Pfund Salpeter und 18 Pfund Eisenoxyd.
Heatons Prozeſs wurde zu Langley-Mill im groſsen ausgeführt 1).
Die groſsen Hoffnungen, die man auf den Salpeterprozeſs setzte,
beruhten darauf, daſs man annahm, durch denselben würden Schwefel
und Phosphor in wirksamer Weise aus dem Roheisen abgeschieden.
Die Idee, Salpeter als Reinigungsmittel des Roheisens zu verwenden,
war, wie wir wissen, durchaus nicht neu; so hatte z. B. ein
Deutscher, Dr. Engelhard, schon in den dreiſsiger Jahren Roh-
eisen auf diese Weise gereinigt (s. Bd. IV, S. 587). Heatons Prozeſs
gab auſserdem kein fertiges Produkt, sondern dasselbe muſste erst
umgeschmolzen werden.
Über den Betrieb von Heatons Stahlprozeſs zu Langley-Mill im
Jahre 1868 ist folgendes zu berichten: Das in einem Kupolofen um-
geschmolzene Roheisen wurde in Quantitäten von 12 Centner in ein
den schwedischen Bessemeröfen ähnliches Gefäſs eingegossen. Der
mit feuerfesten Steinen ausgefütterte 8 Fuſs hohe, 4 Fuſs auſsen weite,
feststehende Cylinder stand auf einem beweglichen Rädergestell unter
einer 30 Fuſs hohen Esse. Man gab auf den Boden des Gefäſses
Natronsalpeter und legte auf diesen eine dicke, durchlöcherte Guſs-
platte, schob das Gestell unter die Esse und goſs das Roheisen ein.
Nach 2 Minuten begann die Reaktion. Anfänglich entwickelten sich
rotbraune, dann schwarze und hierauf grüne und weiſse Dämpfe in
reichlicher Menge. Nach 5 bis 6 Minuten begann das eigentliche
Frischen mit lautem Getöse und Ausströmen einer glänzend gelben
Flamme aus der Esse. Nach 1½ Minuten hörte die Erscheinung
plötzlich auf und der teigartige rohe Stahl wurde mit der flüssigen
Schlacke abgestochen. Die Guſsplatte schmolz meist mit ein.
1) Näheres über Heatons Prozeſs siehe Jeans, Steel, S. 113.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/205>, abgerufen am 24.11.2024.
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