vorgeschlagen, weil dieser Körper ganz besonders die Cyanbildung und die Übertragung des Stickstoffs und Kohlenstoffs begünstigen sollte 1). Dieses Verfahren wurde 1861 auf der Hütte zu Montataire im grossen ausgeführt 2). Hierauf nahm W. E. Newton nach einer Mitteilung von Alexander Lemoire am 5. März 1861 ein Patent in England 3). Die Ausführung geschah in Retorten. Die Stäbe wurden von aussen gezogen und der Betrieb war ein continuierlicher, indem nur von Zeit zu Zeit frische Kohlen nachgefüllt werden mussten.
Die Franzosen L. J. Duhesme, de Ruolz und de Fontenay erfanden eine Gussstahlbereitung durch Zusammenschmelzen von ge- feintem Roheisen, Schmiedeeisen und gelbem Blutlaugensalz in Tiegeln, worauf Ch. Cowper am 7. September 1860 ein Patent in England erhielt. Durch einen ähnlichen Prozess, nämlich durch Schmelzen von Holzkohlenstabeisen mit 2 Tln. Salmiak und 1 Tl. Cyankalium, wurde in Amerika der Farrar-Stahl hergestellt.
Die Weltausstellung in London von 1862 zeigte den gewaltigen Fortschritt der Gussstahlfabrikation. Man schätzte die englische Guss- stahlerzeugung auf 1 Million Centner, wovon ein Drittel aus ein- heimischem, zwei Drittel aus schwedischem Eisen gemacht wurde. Frankreichs Produktion betrug 78762 Centner Rohstahl, 196168 Centner Cementstahl und 87032 Centner Gussstahl, zusammen 361962 Centner. Preussen erzeugte 425000 Centner Stahl.
Was die Gussstahlfabrikation leisten konnte, das bewies die gross- artige Ausstellung von Krupp im Jahre 1862. Wir erwähnen davon den gewaltigen Gussstahlblock von 44 Zoll Durchmesser und 8 Fuss Länge, der 20 Tonnen wog, gegen den also der Block vom Jahre 1851 von 2,25 Tonnen Gewicht, der damals so grosses Aufsehen erregt hatte, weit zurückstand. Der Block war unter dem 1000 Centner- Hammer durchgebrochen und zeigte einen ganz gleichmässigen, tadel- losen Bruch. Ein anderer Block von 4 Tonnen Gewicht, quadratisch vorgeschmiedet, zur Hälfte roh gelassen, die andere Hälfte ausge- schmiedet, war in der Längenrichtung auseinandergespalten und zeigte die Feinkörnigkeit, Homogenität und Zähigkeit im rohen Zustande und die Erhöhung dieser Eigenschaften durch die Bearbeitung. Ein anderer, 15 Tonnen schwerer Block von 30 Zoll auf 67 Zoll, war in 4 Stücke zerbrochen und zeigte überall dieselbe Gleichmässigkeit.
1) Siehe Comptes rendus, April 1861; Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. V, 252.
2) Siehe Comptes rendus LII, p. 677.
3) Siehe Polytechn. Centralblatt 1862, Nr. 6.
Cement- und Guſsstahlfabrikation 1861 bis 1870.
vorgeschlagen, weil dieser Körper ganz besonders die Cyanbildung und die Übertragung des Stickstoffs und Kohlenstoffs begünstigen sollte 1). Dieses Verfahren wurde 1861 auf der Hütte zu Montataire im groſsen ausgeführt 2). Hierauf nahm W. E. Newton nach einer Mitteilung von Alexander Lemoire am 5. März 1861 ein Patent in England 3). Die Ausführung geschah in Retorten. Die Stäbe wurden von auſsen gezogen und der Betrieb war ein continuierlicher, indem nur von Zeit zu Zeit frische Kohlen nachgefüllt werden muſsten.
Die Franzosen L. J. Duhesme, de Ruolz und de Fontenay erfanden eine Guſsstahlbereitung durch Zusammenschmelzen von ge- feintem Roheisen, Schmiedeeisen und gelbem Blutlaugensalz in Tiegeln, worauf Ch. Cowper am 7. September 1860 ein Patent in England erhielt. Durch einen ähnlichen Prozeſs, nämlich durch Schmelzen von Holzkohlenstabeisen mit 2 Tln. Salmiak und 1 Tl. Cyankalium, wurde in Amerika der Farrar-Stahl hergestellt.
Die Weltausstellung in London von 1862 zeigte den gewaltigen Fortschritt der Guſsstahlfabrikation. Man schätzte die englische Guſs- stahlerzeugung auf 1 Million Centner, wovon ein Drittel aus ein- heimischem, zwei Drittel aus schwedischem Eisen gemacht wurde. Frankreichs Produktion betrug 78762 Centner Rohstahl, 196168 Centner Cementstahl und 87032 Centner Guſsstahl, zusammen 361962 Centner. Preuſsen erzeugte 425000 Centner Stahl.
Was die Guſsstahlfabrikation leisten konnte, das bewies die groſs- artige Ausstellung von Krupp im Jahre 1862. Wir erwähnen davon den gewaltigen Guſsstahlblock von 44 Zoll Durchmesser und 8 Fuſs Länge, der 20 Tonnen wog, gegen den also der Block vom Jahre 1851 von 2,25 Tonnen Gewicht, der damals so groſses Aufsehen erregt hatte, weit zurückstand. Der Block war unter dem 1000 Centner- Hammer durchgebrochen und zeigte einen ganz gleichmäſsigen, tadel- losen Bruch. Ein anderer Block von 4 Tonnen Gewicht, quadratisch vorgeschmiedet, zur Hälfte roh gelassen, die andere Hälfte ausge- schmiedet, war in der Längenrichtung auseinandergespalten und zeigte die Feinkörnigkeit, Homogenität und Zähigkeit im rohen Zustande und die Erhöhung dieser Eigenschaften durch die Bearbeitung. Ein anderer, 15 Tonnen schwerer Block von 30 Zoll auf 67 Zoll, war in 4 Stücke zerbrochen und zeigte überall dieselbe Gleichmäſsigkeit.
1) Siehe Comptes rendus, April 1861; Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. V, 252.
2) Siehe Comptes rendus LII, p. 677.
3) Siehe Polytechn. Centralblatt 1862, Nr. 6.
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Cement- und Guſsstahlfabrikation 1861 bis 1870.
vorgeschlagen, weil dieser Körper ganz besonders die Cyanbildung
und die Übertragung des Stickstoffs und Kohlenstoffs begünstigen
sollte 1). Dieses Verfahren wurde 1861 auf der Hütte zu Montataire
im groſsen ausgeführt 2). Hierauf nahm W. E. Newton nach einer
Mitteilung von Alexander Lemoire am 5. März 1861 ein Patent
in England 3). Die Ausführung geschah in Retorten. Die Stäbe
wurden von auſsen gezogen und der Betrieb war ein continuierlicher,
indem nur von Zeit zu Zeit frische Kohlen nachgefüllt werden
muſsten.
Die Franzosen L. J. Duhesme, de Ruolz und de Fontenay
erfanden eine Guſsstahlbereitung durch Zusammenschmelzen von ge-
feintem Roheisen, Schmiedeeisen und gelbem Blutlaugensalz in Tiegeln,
worauf Ch. Cowper am 7. September 1860 ein Patent in England
erhielt. Durch einen ähnlichen Prozeſs, nämlich durch Schmelzen von
Holzkohlenstabeisen mit 2 Tln. Salmiak und 1 Tl. Cyankalium, wurde
in Amerika der Farrar-Stahl hergestellt.
Die Weltausstellung in London von 1862 zeigte den gewaltigen
Fortschritt der Guſsstahlfabrikation. Man schätzte die englische Guſs-
stahlerzeugung auf 1 Million Centner, wovon ein Drittel aus ein-
heimischem, zwei Drittel aus schwedischem Eisen gemacht wurde.
Frankreichs Produktion betrug 78762 Centner Rohstahl, 196168 Centner
Cementstahl und 87032 Centner Guſsstahl, zusammen 361962 Centner.
Preuſsen erzeugte 425000 Centner Stahl.
Was die Guſsstahlfabrikation leisten konnte, das bewies die groſs-
artige Ausstellung von Krupp im Jahre 1862. Wir erwähnen davon
den gewaltigen Guſsstahlblock von 44 Zoll Durchmesser und 8 Fuſs
Länge, der 20 Tonnen wog, gegen den also der Block vom Jahre 1851
von 2,25 Tonnen Gewicht, der damals so groſses Aufsehen erregt
hatte, weit zurückstand. Der Block war unter dem 1000 Centner-
Hammer durchgebrochen und zeigte einen ganz gleichmäſsigen, tadel-
losen Bruch. Ein anderer Block von 4 Tonnen Gewicht, quadratisch
vorgeschmiedet, zur Hälfte roh gelassen, die andere Hälfte ausge-
schmiedet, war in der Längenrichtung auseinandergespalten und
zeigte die Feinkörnigkeit, Homogenität und Zähigkeit im rohen Zustande
und die Erhöhung dieser Eigenschaften durch die Bearbeitung. Ein
anderer, 15 Tonnen schwerer Block von 30 Zoll auf 67 Zoll, war in
4 Stücke zerbrochen und zeigte überall dieselbe Gleichmäſsigkeit.
1) Siehe Comptes rendus, April 1861; Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. V, 252.
2) Siehe Comptes rendus LII, p. 677.
3) Siehe Polytechn. Centralblatt 1862, Nr. 6.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/197>, abgerufen am 24.11.2024.
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