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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
zu stampfen, auswechselbare Böden anfertigen liess und die ganzen
Böden wegnahm und durch neue ersetzte 1).

Zu Nischne-Tagilsk am Ural hatte man Konverter mit seitlicher
Windzuführung durch zwei geneigte Formen von 1 5/8 Zoll Mündung.
Hierfür waren zwei eiserne Rohre mit in das Futter eingestampft. Diese
Einrichtung war bedeutend billiger als die kostspieligen Böden mit den
vielen engen Düsen. Tunner weist auch darauf hin, dass bei dieser
Stellung der Formen leicht Spiess- und Spanproben zu nehmen seien.
Im ganzen kann aber diese Konstruktion nur als ein Rückschritt zu
den anfänglichen Versuchsöfen Bessemers bezeichnet werden und
hat sich auf die Dauer nicht bewährt.

Tunner hält von dem von Wagner in Mariazell vorgeschlagenen
Zusatz von Blei in den Bessemerofen wegen der Flüchtigkeit desselben
nichts, er möchte eher das Eintragen von Bleiglätte, Braunstein und
Kochsalz auf den Boden der Giesspfanne empfehlen.

Über die Verbesserungen des pneumatischen Prozesses in England
1864 entnehmen wir noch einiges einem Reisebericht von Emil Andre 2).

John Brown in Sheffield stürzte die Birne nach erfolgtem Aus-
giessen nicht nur ganz um, sondern blies sie noch längere Zeit mit
Wind von 3 bis 4 Pfund Pressung aus. Nach 1/2 bis 3/4 Stunden
wurden dann durch den Fuchs 4 bis 6 Eimer eines Breies aus Ganister
eingeschüttet und mit diesem das Futter geflickt. Diese Manipulation
war das einzige Geheimnis der langen Kampagnen der Birnen in
England, in denen man bis 50 Chargen mit demselben Futter machte.
Das Vorwärmen der Birnen geschah mit Gas besser als mit Koks.
Man bediente sich dafür eines auf Rädern laufenden Generators.

In Sheffield, Wednesbury und Crewe machten 2 Birnen in
12 Stunden 4 Chargen, in Glasgow 1 Birne 3 Chargen. Das Aus-
bringen an gutem Material betrug 70 bis 80 Prozent, die etwa
14 Prozent betragenden Eisenabfälle gingen zum Hochofen zurück.

Das Material für die englische Fabrikation war das Hämatitroh-
eisen; das der Lancashire Comp. enthielt 4,50 Silicium, 3,30 Graphit,
0,08 chemisch gebundenen Kohlenstoff, 0,04 Phosphor, 0,09 Schwefel
und 0,57 Mangan. Nach Bessemer betrug das zulässige Maximum
von Phosphor 0,2, das Minimum von Silicium 2 Prozent. Die Wind-
pressung hatte im Verhältnis der grösseren Einsätze bedeutend
zugenommen, dementsprechend mussten auch die Gebläsemaschinen
stärker sein. Während man bei den schwedischen Öfen mit 6 bis

1) Siehe Tunner, Kärntnische Zeitschrift 1875, S. 233.
2) Siehe Preuss. Zeitschr. 1865.

Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
zu stampfen, auswechselbare Böden anfertigen lieſs und die ganzen
Böden wegnahm und durch neue ersetzte 1).

Zu Nischne-Tagilsk am Ural hatte man Konverter mit seitlicher
Windzuführung durch zwei geneigte Formen von 1⅝ Zoll Mündung.
Hierfür waren zwei eiserne Rohre mit in das Futter eingestampft. Diese
Einrichtung war bedeutend billiger als die kostspieligen Böden mit den
vielen engen Düsen. Tunner weist auch darauf hin, daſs bei dieser
Stellung der Formen leicht Spieſs- und Spanproben zu nehmen seien.
Im ganzen kann aber diese Konstruktion nur als ein Rückschritt zu
den anfänglichen Versuchsöfen Bessemers bezeichnet werden und
hat sich auf die Dauer nicht bewährt.

Tunner hält von dem von Wagner in Mariazell vorgeschlagenen
Zusatz von Blei in den Bessemerofen wegen der Flüchtigkeit desselben
nichts, er möchte eher das Eintragen von Bleiglätte, Braunstein und
Kochsalz auf den Boden der Gieſspfanne empfehlen.

Über die Verbesserungen des pneumatischen Prozesses in England
1864 entnehmen wir noch einiges einem Reisebericht von Emil Andre 2).

John Brown in Sheffield stürzte die Birne nach erfolgtem Aus-
gieſsen nicht nur ganz um, sondern blies sie noch längere Zeit mit
Wind von 3 bis 4 Pfund Pressung aus. Nach ½ bis ¾ Stunden
wurden dann durch den Fuchs 4 bis 6 Eimer eines Breies aus Ganister
eingeschüttet und mit diesem das Futter geflickt. Diese Manipulation
war das einzige Geheimnis der langen Kampagnen der Birnen in
England, in denen man bis 50 Chargen mit demselben Futter machte.
Das Vorwärmen der Birnen geschah mit Gas besser als mit Koks.
Man bediente sich dafür eines auf Rädern laufenden Generators.

In Sheffield, Wednesbury und Crewe machten 2 Birnen in
12 Stunden 4 Chargen, in Glasgow 1 Birne 3 Chargen. Das Aus-
bringen an gutem Material betrug 70 bis 80 Prozent, die etwa
14 Prozent betragenden Eisenabfälle gingen zum Hochofen zurück.

Das Material für die englische Fabrikation war das Hämatitroh-
eisen; das der Lancashire Comp. enthielt 4,50 Silicium, 3,30 Graphit,
0,08 chemisch gebundenen Kohlenstoff, 0,04 Phosphor, 0,09 Schwefel
und 0,57 Mangan. Nach Bessemer betrug das zulässige Maximum
von Phosphor 0,2, das Minimum von Silicium 2 Prozent. Die Wind-
pressung hatte im Verhältnis der gröſseren Einsätze bedeutend
zugenommen, dementsprechend muſsten auch die Gebläsemaschinen
stärker sein. Während man bei den schwedischen Öfen mit 6 bis

1) Siehe Tunner, Kärntnische Zeitschrift 1875, S. 233.
2) Siehe Preuſs. Zeitschr. 1865.
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[148/0164] Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870. zu stampfen, auswechselbare Böden anfertigen lieſs und die ganzen Böden wegnahm und durch neue ersetzte 1). Zu Nischne-Tagilsk am Ural hatte man Konverter mit seitlicher Windzuführung durch zwei geneigte Formen von 1⅝ Zoll Mündung. Hierfür waren zwei eiserne Rohre mit in das Futter eingestampft. Diese Einrichtung war bedeutend billiger als die kostspieligen Böden mit den vielen engen Düsen. Tunner weist auch darauf hin, daſs bei dieser Stellung der Formen leicht Spieſs- und Spanproben zu nehmen seien. Im ganzen kann aber diese Konstruktion nur als ein Rückschritt zu den anfänglichen Versuchsöfen Bessemers bezeichnet werden und hat sich auf die Dauer nicht bewährt. Tunner hält von dem von Wagner in Mariazell vorgeschlagenen Zusatz von Blei in den Bessemerofen wegen der Flüchtigkeit desselben nichts, er möchte eher das Eintragen von Bleiglätte, Braunstein und Kochsalz auf den Boden der Gieſspfanne empfehlen. Über die Verbesserungen des pneumatischen Prozesses in England 1864 entnehmen wir noch einiges einem Reisebericht von Emil Andre 2). John Brown in Sheffield stürzte die Birne nach erfolgtem Aus- gieſsen nicht nur ganz um, sondern blies sie noch längere Zeit mit Wind von 3 bis 4 Pfund Pressung aus. Nach ½ bis ¾ Stunden wurden dann durch den Fuchs 4 bis 6 Eimer eines Breies aus Ganister eingeschüttet und mit diesem das Futter geflickt. Diese Manipulation war das einzige Geheimnis der langen Kampagnen der Birnen in England, in denen man bis 50 Chargen mit demselben Futter machte. Das Vorwärmen der Birnen geschah mit Gas besser als mit Koks. Man bediente sich dafür eines auf Rädern laufenden Generators. In Sheffield, Wednesbury und Crewe machten 2 Birnen in 12 Stunden 4 Chargen, in Glasgow 1 Birne 3 Chargen. Das Aus- bringen an gutem Material betrug 70 bis 80 Prozent, die etwa 14 Prozent betragenden Eisenabfälle gingen zum Hochofen zurück. Das Material für die englische Fabrikation war das Hämatitroh- eisen; das der Lancashire Comp. enthielt 4,50 Silicium, 3,30 Graphit, 0,08 chemisch gebundenen Kohlenstoff, 0,04 Phosphor, 0,09 Schwefel und 0,57 Mangan. Nach Bessemer betrug das zulässige Maximum von Phosphor 0,2, das Minimum von Silicium 2 Prozent. Die Wind- pressung hatte im Verhältnis der gröſseren Einsätze bedeutend zugenommen, dementsprechend muſsten auch die Gebläsemaschinen stärker sein. Während man bei den schwedischen Öfen mit 6 bis 1) Siehe Tunner, Kärntnische Zeitschrift 1875, S. 233. 2) Siehe Preuſs. Zeitschr. 1865.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/164>, abgerufen am 24.11.2024.