Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
Die Einführung des Bessemerverfahrens auf der Königshütte in Schlesien bietet deshalb besonderes Interesse dar, weil hier nur unreine, besonders auch phosphorhaltige Roheisensorten zur Verfügung standen, die Schwierigkeiten von vornherein also viel grösser waren. Das Bessemerwerk daselbst war im Herbst 1864 nach Skizzen von Wedding erbaut worden und kam am 26. Januar 1865 in Betrieb. Bei den Probe- frischen verwendete man Cumberländer Roheisen. Bergrat Ulrich leitete die Versuche. Da das gewöhnliche Königshütter Roheisen wegen seines Phosphorgehaltes ein unbrauchbares Produkt ergab, versuchte man erst Parrys Verfahren. Doch erhielt man mit Schmiedeeisen- abfällen, die man im Kupolofen umschmolz, ebenfalls kein gutes Resultat. Dasselbe wurde etwas besser, als man das Roheisen zu Feinkorneisen verpuddelte und dieses im Kupolofen wieder zu grauem Roheisen umschmolz. Der Gehalt des Roheisens an Phosphor betrug 0,497, er verminderte sich beim Puddeln bis zum Eintritt der Kochperiode auf 0,298 und betrug am Ende noch 0,100 Prozent. Die Herstellungs- kosten wurden aber dadurch zu hoch. Dieses Kupolofenroheisen war teurer als bestes englisches Hämatit-Bessemereisen auf der Hütte. Ausserdem enthielt dieses Parry-Roheisen zu wenig Silicium. Ein 1865 von Emil Andre gemachter Vorschlag, den Konverter mit ge- branntem Kalk oder Dolomit unter Zusatz von etwas Thon aus- zustampfen, wurde von der Oberbehörde als zu bedenklich abgelehnt. Nach vielen Versuchen kam man erst in den folgenden Jahren dadurch zu günstigeren Ergebnissen, dass es gelang, eine geeignetere Möllerung für den Hochofen auszumitteln, wodurch man ein phosphorärmeres Roheisen erhielt. Dies wurde erreicht durch die Verwendung eines zwar armen, aber manganhaltigen Zuschlagserzes, dem man vordem seines geringen Eisengehaltes wegen keine Beachtung geschenkt hatte.
Über die technischen Fortschritte des Bessemerverfahrens im Jahre 1865 liegt vor allem wieder ein gediegener Bericht von Tunner vor. Er führt darin aus, dass man in England von dem früher üblichen Verfahren, die Birne nach dem Zusatz von Spiegeleisen auf- zurichten und zur besseren Mischung nochmals durchzublasen, ab- gekommen sei, da sich die Mischung hinreichend beim Ausgiessen in die Gusspfanne vollziehe; auch glaubte man hierdurch dichtere Güsse zu erhalten. Von dem in England aufgekommenen Verfahren, Schrot, Schmiedeeisenabfälle, Gussschalen u. s. w. in die Birne zu werfen und das flüssige Roheisen darüber laufen zu lassen, rät Tunner im Interesse der Güte des Produktes ab, obgleich man auch in Schweden (Lilianfors) dieses angefangen habe. In Neuberg erzielte man bessere,
Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
Die Einführung des Bessemerverfahrens auf der Königshütte in Schlesien bietet deshalb besonderes Interesse dar, weil hier nur unreine, besonders auch phosphorhaltige Roheisensorten zur Verfügung standen, die Schwierigkeiten von vornherein also viel gröſser waren. Das Bessemerwerk daselbst war im Herbst 1864 nach Skizzen von Wedding erbaut worden und kam am 26. Januar 1865 in Betrieb. Bei den Probe- frischen verwendete man Cumberländer Roheisen. Bergrat Ulrich leitete die Versuche. Da das gewöhnliche Königshütter Roheisen wegen seines Phosphorgehaltes ein unbrauchbares Produkt ergab, versuchte man erst Parrys Verfahren. Doch erhielt man mit Schmiedeeisen- abfällen, die man im Kupolofen umschmolz, ebenfalls kein gutes Resultat. Dasselbe wurde etwas besser, als man das Roheisen zu Feinkorneisen verpuddelte und dieses im Kupolofen wieder zu grauem Roheisen umschmolz. Der Gehalt des Roheisens an Phosphor betrug 0,497, er verminderte sich beim Puddeln bis zum Eintritt der Kochperiode auf 0,298 und betrug am Ende noch 0,100 Prozent. Die Herstellungs- kosten wurden aber dadurch zu hoch. Dieses Kupolofenroheisen war teurer als bestes englisches Hämatit-Bessemereisen auf der Hütte. Auſserdem enthielt dieses Parry-Roheisen zu wenig Silicium. Ein 1865 von Emil Andre gemachter Vorschlag, den Konverter mit ge- branntem Kalk oder Dolomit unter Zusatz von etwas Thon aus- zustampfen, wurde von der Oberbehörde als zu bedenklich abgelehnt. Nach vielen Versuchen kam man erst in den folgenden Jahren dadurch zu günstigeren Ergebnissen, daſs es gelang, eine geeignetere Möllerung für den Hochofen auszumitteln, wodurch man ein phosphorärmeres Roheisen erhielt. Dies wurde erreicht durch die Verwendung eines zwar armen, aber manganhaltigen Zuschlagserzes, dem man vordem seines geringen Eisengehaltes wegen keine Beachtung geschenkt hatte.
Über die technischen Fortschritte des Bessemerverfahrens im Jahre 1865 liegt vor allem wieder ein gediegener Bericht von Tunner vor. Er führt darin aus, daſs man in England von dem früher üblichen Verfahren, die Birne nach dem Zusatz von Spiegeleisen auf- zurichten und zur besseren Mischung nochmals durchzublasen, ab- gekommen sei, da sich die Mischung hinreichend beim Ausgieſsen in die Guſspfanne vollziehe; auch glaubte man hierdurch dichtere Güsse zu erhalten. Von dem in England aufgekommenen Verfahren, Schrot, Schmiedeeisenabfälle, Guſsschalen u. s. w. in die Birne zu werfen und das flüssige Roheisen darüber laufen zu lassen, rät Tunner im Interesse der Güte des Produktes ab, obgleich man auch in Schweden (Lilianfors) dieses angefangen habe. In Neuberg erzielte man bessere,
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Die Fortschritte des Bessemerprozesses 1861 bis 1870.
Die Einführung des Bessemerverfahrens auf der Königshütte in
Schlesien bietet deshalb besonderes Interesse dar, weil hier nur unreine,
besonders auch phosphorhaltige Roheisensorten zur Verfügung standen,
die Schwierigkeiten von vornherein also viel gröſser waren. Das
Bessemerwerk daselbst war im Herbst 1864 nach Skizzen von Wedding
erbaut worden und kam am 26. Januar 1865 in Betrieb. Bei den Probe-
frischen verwendete man Cumberländer Roheisen. Bergrat Ulrich
leitete die Versuche. Da das gewöhnliche Königshütter Roheisen wegen
seines Phosphorgehaltes ein unbrauchbares Produkt ergab, versuchte
man erst Parrys Verfahren. Doch erhielt man mit Schmiedeeisen-
abfällen, die man im Kupolofen umschmolz, ebenfalls kein gutes Resultat.
Dasselbe wurde etwas besser, als man das Roheisen zu Feinkorneisen
verpuddelte und dieses im Kupolofen wieder zu grauem Roheisen
umschmolz. Der Gehalt des Roheisens an Phosphor betrug 0,497, er
verminderte sich beim Puddeln bis zum Eintritt der Kochperiode auf
0,298 und betrug am Ende noch 0,100 Prozent. Die Herstellungs-
kosten wurden aber dadurch zu hoch. Dieses Kupolofenroheisen war
teurer als bestes englisches Hämatit-Bessemereisen auf der Hütte.
Auſserdem enthielt dieses Parry-Roheisen zu wenig Silicium. Ein
1865 von Emil Andre gemachter Vorschlag, den Konverter mit ge-
branntem Kalk oder Dolomit unter Zusatz von etwas Thon aus-
zustampfen, wurde von der Oberbehörde als zu bedenklich abgelehnt.
Nach vielen Versuchen kam man erst in den folgenden Jahren dadurch
zu günstigeren Ergebnissen, daſs es gelang, eine geeignetere Möllerung
für den Hochofen auszumitteln, wodurch man ein phosphorärmeres
Roheisen erhielt. Dies wurde erreicht durch die Verwendung eines
zwar armen, aber manganhaltigen Zuschlagserzes, dem man vordem
seines geringen Eisengehaltes wegen keine Beachtung geschenkt hatte.
Über die technischen Fortschritte des Bessemerverfahrens im
Jahre 1865 liegt vor allem wieder ein gediegener Bericht von Tunner
vor. Er führt darin aus, daſs man in England von dem früher
üblichen Verfahren, die Birne nach dem Zusatz von Spiegeleisen auf-
zurichten und zur besseren Mischung nochmals durchzublasen, ab-
gekommen sei, da sich die Mischung hinreichend beim Ausgieſsen in
die Guſspfanne vollziehe; auch glaubte man hierdurch dichtere Güsse
zu erhalten. Von dem in England aufgekommenen Verfahren, Schrot,
Schmiedeeisenabfälle, Guſsschalen u. s. w. in die Birne zu werfen und
das flüssige Roheisen darüber laufen zu lassen, rät Tunner im
Interesse der Güte des Produktes ab, obgleich man auch in Schweden
(Lilianfors) dieses angefangen habe. In Neuberg erzielte man bessere,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/162>, abgerufen am 24.11.2024.
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