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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Die Leistungsfähigkeit der Flussstahlwerke erfuhr ebenfalls eine
gewaltige Steigerung. Auch hierin fand ein grosser Wettkampf
zwischen den grossen Stahlwerken statt. Zu Anfang 1899 erzielten
die Joliet-Werke der im September 1898 mit fast 100 Millionen
Dollar Aktienkapital konsolidierten Federal Steel Company den
höchsten Rekord mit einem Tagesausbringen von 2184 Tonnen. Eine
ihrer Knüppelwalzen lieferte in 12 Stunden 963 Tonnen Knüppel.
Das Bessemerwerk von Carnegie zu Duquesne machte mit zwei Kon-
vertern von 10 Tonnen in einem Tage 120 Chargen und 2400 Tonnen
Stahl.

Bei den Bessemerwerken kam man immer mehr von den Giess-
gruben ab und ging zu dem Wagenguss über 1), wodurch die Leistungs-
fähigkeit erhöht wurde. Das Abstreifen der Koquillen mit dem
"stripper" geschah ebenfalls auf demselben Plattwagen. Auch bei
den neuen Martinanlagen der Tennessee-Stahlgesellschaft zu Ensley
und der Illinois-Stahlwerke zu South-Chicago war man zum Wagen-
guss übergegangen. Das vorzüglich eingerichtete Stahlwerk zu Ensley
hatte 10 Wellman-Seaver-Kippöfen von 50 Tonnen Fassung. Das
Kippen geschah durch hydraulische Pumpen. Die Thüren der Öfen
wurden durch Pressluftcylinder gehoben. Die fahrbaren Begichtungs-
wagen wurden elektrisch bewegt.

Auf den Werken der Illinois- und der Pennsylvania-Stahlgesell-
schaften waren 1899 kippbare Martinöfen, System Wellman und
Campbell, von 75 Tonnen, auf dem Pencoyd-Iron-Works bei Phila-
delphia ein solcher von 100 Tonnen Fassungsraum in Betrieb. Letzterer
wurde nach Talbots-Verfahren kontinuierlich betrieben. Auch hierbei
kamen die Giessgruben in Wegfall und wurden durch den direkten
Wagenguss ersetzt. Direktor Wood von Sparrow Point wirkte hierfür
bahnbrechend 2).

Bei dem Walzwerksbetrieb erzielte das kontinuierliche Walzwerk
für Handelseisen von Morgan zu Mingo-Junction gute Erfolge 3).
Ausserordentliche Steigerungen erfuhren die Leistungen der Walz-
werke durch die mechanische Bedienung, den sogenannten automa-
tischen Betrieb und durch die Vervollkommnung der Antriebs- und
Arbeitsmaschinen. Grosse Fortschritte machte die Drahtfabrikation,
wozu die automatischen Schweissöfen von Alexander Laughlin
zu Pittsburgh und die Walzwerke von M. Baackes und Garrett bei-

1) Stahl und Eisen 1900, S. 357.
2) A. a. O.
3) A. a. O., S. 210.
Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Die Leistungsfähigkeit der Fluſsstahlwerke erfuhr ebenfalls eine
gewaltige Steigerung. Auch hierin fand ein groſser Wettkampf
zwischen den groſsen Stahlwerken statt. Zu Anfang 1899 erzielten
die Joliet-Werke der im September 1898 mit fast 100 Millionen
Dollar Aktienkapital konsolidierten Federal Steel Company den
höchsten Rekord mit einem Tagesausbringen von 2184 Tonnen. Eine
ihrer Knüppelwalzen lieferte in 12 Stunden 963 Tonnen Knüppel.
Das Bessemerwerk von Carnegie zu Duquesne machte mit zwei Kon-
vertern von 10 Tonnen in einem Tage 120 Chargen und 2400 Tonnen
Stahl.

Bei den Bessemerwerken kam man immer mehr von den Gieſs-
gruben ab und ging zu dem Wagenguſs über 1), wodurch die Leistungs-
fähigkeit erhöht wurde. Das Abstreifen der Koquillen mit dem
„stripper“ geschah ebenfalls auf demselben Plattwagen. Auch bei
den neuen Martinanlagen der Tennessee-Stahlgesellschaft zu Ensley
und der Illinois-Stahlwerke zu South-Chicago war man zum Wagen-
guſs übergegangen. Das vorzüglich eingerichtete Stahlwerk zu Ensley
hatte 10 Wellman-Seaver-Kippöfen von 50 Tonnen Fassung. Das
Kippen geschah durch hydraulische Pumpen. Die Thüren der Öfen
wurden durch Preſsluftcylinder gehoben. Die fahrbaren Begichtungs-
wagen wurden elektrisch bewegt.

Auf den Werken der Illinois- und der Pennsylvania-Stahlgesell-
schaften waren 1899 kippbare Martinöfen, System Wellman und
Campbell, von 75 Tonnen, auf dem Pencoyd-Iron-Works bei Phila-
delphia ein solcher von 100 Tonnen Fassungsraum in Betrieb. Letzterer
wurde nach Talbots-Verfahren kontinuierlich betrieben. Auch hierbei
kamen die Gieſsgruben in Wegfall und wurden durch den direkten
Wagenguſs ersetzt. Direktor Wood von Sparrow Point wirkte hierfür
bahnbrechend 2).

Bei dem Walzwerksbetrieb erzielte das kontinuierliche Walzwerk
für Handelseisen von Morgan zu Mingo-Junction gute Erfolge 3).
Auſserordentliche Steigerungen erfuhren die Leistungen der Walz-
werke durch die mechanische Bedienung, den sogenannten automa-
tischen Betrieb und durch die Vervollkommnung der Antriebs- und
Arbeitsmaschinen. Groſse Fortschritte machte die Drahtfabrikation,
wozu die automatischen Schweiſsöfen von Alexander Laughlin
zu Pittsburgh und die Walzwerke von M. Baackes und Garrett bei-

1) Stahl und Eisen 1900, S. 357.
2) A. a. O.
3) A. a. O., S. 210.
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[1317/1333] Vereinigte Staaten von Nordamerika. Die Leistungsfähigkeit der Fluſsstahlwerke erfuhr ebenfalls eine gewaltige Steigerung. Auch hierin fand ein groſser Wettkampf zwischen den groſsen Stahlwerken statt. Zu Anfang 1899 erzielten die Joliet-Werke der im September 1898 mit fast 100 Millionen Dollar Aktienkapital konsolidierten Federal Steel Company den höchsten Rekord mit einem Tagesausbringen von 2184 Tonnen. Eine ihrer Knüppelwalzen lieferte in 12 Stunden 963 Tonnen Knüppel. Das Bessemerwerk von Carnegie zu Duquesne machte mit zwei Kon- vertern von 10 Tonnen in einem Tage 120 Chargen und 2400 Tonnen Stahl. Bei den Bessemerwerken kam man immer mehr von den Gieſs- gruben ab und ging zu dem Wagenguſs über 1), wodurch die Leistungs- fähigkeit erhöht wurde. Das Abstreifen der Koquillen mit dem „stripper“ geschah ebenfalls auf demselben Plattwagen. Auch bei den neuen Martinanlagen der Tennessee-Stahlgesellschaft zu Ensley und der Illinois-Stahlwerke zu South-Chicago war man zum Wagen- guſs übergegangen. Das vorzüglich eingerichtete Stahlwerk zu Ensley hatte 10 Wellman-Seaver-Kippöfen von 50 Tonnen Fassung. Das Kippen geschah durch hydraulische Pumpen. Die Thüren der Öfen wurden durch Preſsluftcylinder gehoben. Die fahrbaren Begichtungs- wagen wurden elektrisch bewegt. Auf den Werken der Illinois- und der Pennsylvania-Stahlgesell- schaften waren 1899 kippbare Martinöfen, System Wellman und Campbell, von 75 Tonnen, auf dem Pencoyd-Iron-Works bei Phila- delphia ein solcher von 100 Tonnen Fassungsraum in Betrieb. Letzterer wurde nach Talbots-Verfahren kontinuierlich betrieben. Auch hierbei kamen die Gieſsgruben in Wegfall und wurden durch den direkten Wagenguſs ersetzt. Direktor Wood von Sparrow Point wirkte hierfür bahnbrechend 2). Bei dem Walzwerksbetrieb erzielte das kontinuierliche Walzwerk für Handelseisen von Morgan zu Mingo-Junction gute Erfolge 3). Auſserordentliche Steigerungen erfuhren die Leistungen der Walz- werke durch die mechanische Bedienung, den sogenannten automa- tischen Betrieb und durch die Vervollkommnung der Antriebs- und Arbeitsmaschinen. Groſse Fortschritte machte die Drahtfabrikation, wozu die automatischen Schweiſsöfen von Alexander Laughlin zu Pittsburgh und die Walzwerke von M. Baackes und Garrett bei- 1) Stahl und Eisen 1900, S. 357. 2) A. a. O. 3) A. a. O., S. 210.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1333>, abgerufen am 23.11.2024.