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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Vereinigte Staaten von Nordamerika.
noch einer Steinkohlenersparung von über 14 Millionen Dollar 1). Die
Pennsylvanian Steel Works in Steelten heizten ihre zahlreichen Martin-
öfen, die alle als Kippöfen eingerichtet waren, mit Petroleum. Das
Kippen geschah mit Hydraulik. Die neuesten Öfen waren basisch zu-
gestellt für Chargen von 55 Tonnen. Die Homestead Steel Works zu
Munhall, der Firma Carnegie & Co. gehörig, beschäftigten 25000 Ar-
beiter und hatten die grösste Produktion der Welt: 11/2 Million Tonnen
Roheisen und ebenso viel Handelseisen und Stahl, also mehr Roheisen
und mehr als doppelt so viel Flusseisen wie Frankreich. Das Werk
hatte zwei grosse Martinanlagen, eine für sauren, die andere für
basischen Betrieb mit Öfen für 12 bis 35 Tonnen. Die Bedienung
derselben war fast ganz mechanisch unter ausgedehnter Anwendung
von Elektrizität. Die Rückkohlung des weichen Martinflusseisens zu
jeder beliebigen Härte erfolgte mit in Papiersäcken abgewogenem
Holzkohlenpulver. Homestead verarbeitet viel Nickelstahl, besonders
zu Panzerplatten (mit 3,25 Prozent Nickel).

Die neuen Duquesne Steel Works bei Cochrane, ebenfalls Car-
negie & Co
. gehörig, zeichneten sich durch ihren Schnellbetrieb aus.
Zwei 7-Tonnen-Konverter erzeugten 235000 Tonnen Bessemerstahl,
der in vier Walzenstrassen zu Schienen und Billets verwalzt wurde.
Sowohl Schienen wie Billets wurden ohne besondere Erhitzung direkt
aus den teilweise mit Naturgas geheizten Durchweichungsgruben
ausgewalzt. Auf dem Stahlwerke von Johnson & Co. in Johnstown
war das elektrische Zusammenschweissen von Weichenzungen in grossem
Massstabe in Anwendung. 1896 kam auch die neue Bessemeranlage
Lorain Steel Works in zwei 12-Tonnen-Konvertern in Betrieb.

Der Eisenbahnbau nahm 1896 einen grossen Umfang an, 10145
engl. Meilen neuer Linien standen im Bau und über 30000 Meilen in
Aussicht. Die folgenden Jahre brachten dann auch einen enormen
Aufschwung der Eisenindustrie. Die Roheisenproduktion stieg 1897
auf 9807123 Tonnen, 1898 auf 11962316 Tonnen und 1899
auf 13838634 Tonnen; das ist mehr, als die Eisenerzeugung aller
Länder der Erde im Jahre 1871 betragen hatte. Entsprechend dieser
Steigerung der Gesamtleistung trat eine Erhöhung der Leistungs-
fähigkeit der Eisen- und Stahlwerke ein. Die Förderung der Eisenstein-
gruben am Oberen See betrug 1896 9948 Kilotonnen, hiervon lieferte
der Mesabidistrikt, der erst 1893 aufgeschlossen worden war, am
meisten.


1) Nach Odelstjerna, Stahl und Eisen 1896, S. 476.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.
noch einer Steinkohlenersparung von über 14 Millionen Dollar 1). Die
Pennsylvanian Steel Works in Steelten heizten ihre zahlreichen Martin-
öfen, die alle als Kippöfen eingerichtet waren, mit Petroleum. Das
Kippen geschah mit Hydraulik. Die neuesten Öfen waren basisch zu-
gestellt für Chargen von 55 Tonnen. Die Homestead Steel Works zu
Munhall, der Firma Carnegie & Co. gehörig, beschäftigten 25000 Ar-
beiter und hatten die gröſste Produktion der Welt: 1½ Million Tonnen
Roheisen und ebenso viel Handelseisen und Stahl, also mehr Roheisen
und mehr als doppelt so viel Fluſseisen wie Frankreich. Das Werk
hatte zwei groſse Martinanlagen, eine für sauren, die andere für
basischen Betrieb mit Öfen für 12 bis 35 Tonnen. Die Bedienung
derselben war fast ganz mechanisch unter ausgedehnter Anwendung
von Elektrizität. Die Rückkohlung des weichen Martinfluſseisens zu
jeder beliebigen Härte erfolgte mit in Papiersäcken abgewogenem
Holzkohlenpulver. Homestead verarbeitet viel Nickelstahl, besonders
zu Panzerplatten (mit 3,25 Prozent Nickel).

Die neuen Duquesne Steel Works bei Cochrane, ebenfalls Car-
negie & Co
. gehörig, zeichneten sich durch ihren Schnellbetrieb aus.
Zwei 7-Tonnen-Konverter erzeugten 235000 Tonnen Bessemerstahl,
der in vier Walzenstraſsen zu Schienen und Billets verwalzt wurde.
Sowohl Schienen wie Billets wurden ohne besondere Erhitzung direkt
aus den teilweise mit Naturgas geheizten Durchweichungsgruben
ausgewalzt. Auf dem Stahlwerke von Johnson & Co. in Johnstown
war das elektrische Zusammenschweiſsen von Weichenzungen in groſsem
Maſsstabe in Anwendung. 1896 kam auch die neue Bessemeranlage
Lorain Steel Works in zwei 12-Tonnen-Konvertern in Betrieb.

Der Eisenbahnbau nahm 1896 einen groſsen Umfang an, 10145
engl. Meilen neuer Linien standen im Bau und über 30000 Meilen in
Aussicht. Die folgenden Jahre brachten dann auch einen enormen
Aufschwung der Eisenindustrie. Die Roheisenproduktion stieg 1897
auf 9807123 Tonnen, 1898 auf 11962316 Tonnen und 1899
auf 13838634 Tonnen; das ist mehr, als die Eisenerzeugung aller
Länder der Erde im Jahre 1871 betragen hatte. Entsprechend dieser
Steigerung der Gesamtleistung trat eine Erhöhung der Leistungs-
fähigkeit der Eisen- und Stahlwerke ein. Die Förderung der Eisenstein-
gruben am Oberen See betrug 1896 9948 Kilotonnen, hiervon lieferte
der Mesabidistrikt, der erst 1893 aufgeschlossen worden war, am
meisten.


1) Nach Odelstjerna, Stahl und Eisen 1896, S. 476.
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[1307/1323] Vereinigte Staaten von Nordamerika. noch einer Steinkohlenersparung von über 14 Millionen Dollar 1). Die Pennsylvanian Steel Works in Steelten heizten ihre zahlreichen Martin- öfen, die alle als Kippöfen eingerichtet waren, mit Petroleum. Das Kippen geschah mit Hydraulik. Die neuesten Öfen waren basisch zu- gestellt für Chargen von 55 Tonnen. Die Homestead Steel Works zu Munhall, der Firma Carnegie & Co. gehörig, beschäftigten 25000 Ar- beiter und hatten die gröſste Produktion der Welt: 1½ Million Tonnen Roheisen und ebenso viel Handelseisen und Stahl, also mehr Roheisen und mehr als doppelt so viel Fluſseisen wie Frankreich. Das Werk hatte zwei groſse Martinanlagen, eine für sauren, die andere für basischen Betrieb mit Öfen für 12 bis 35 Tonnen. Die Bedienung derselben war fast ganz mechanisch unter ausgedehnter Anwendung von Elektrizität. Die Rückkohlung des weichen Martinfluſseisens zu jeder beliebigen Härte erfolgte mit in Papiersäcken abgewogenem Holzkohlenpulver. Homestead verarbeitet viel Nickelstahl, besonders zu Panzerplatten (mit 3,25 Prozent Nickel). Die neuen Duquesne Steel Works bei Cochrane, ebenfalls Car- negie & Co. gehörig, zeichneten sich durch ihren Schnellbetrieb aus. Zwei 7-Tonnen-Konverter erzeugten 235000 Tonnen Bessemerstahl, der in vier Walzenstraſsen zu Schienen und Billets verwalzt wurde. Sowohl Schienen wie Billets wurden ohne besondere Erhitzung direkt aus den teilweise mit Naturgas geheizten Durchweichungsgruben ausgewalzt. Auf dem Stahlwerke von Johnson & Co. in Johnstown war das elektrische Zusammenschweiſsen von Weichenzungen in groſsem Maſsstabe in Anwendung. 1896 kam auch die neue Bessemeranlage Lorain Steel Works in zwei 12-Tonnen-Konvertern in Betrieb. Der Eisenbahnbau nahm 1896 einen groſsen Umfang an, 10145 engl. Meilen neuer Linien standen im Bau und über 30000 Meilen in Aussicht. Die folgenden Jahre brachten dann auch einen enormen Aufschwung der Eisenindustrie. Die Roheisenproduktion stieg 1897 auf 9807123 Tonnen, 1898 auf 11962316 Tonnen und 1899 auf 13838634 Tonnen; das ist mehr, als die Eisenerzeugung aller Länder der Erde im Jahre 1871 betragen hatte. Entsprechend dieser Steigerung der Gesamtleistung trat eine Erhöhung der Leistungs- fähigkeit der Eisen- und Stahlwerke ein. Die Förderung der Eisenstein- gruben am Oberen See betrug 1896 9948 Kilotonnen, hiervon lieferte der Mesabidistrikt, der erst 1893 aufgeschlossen worden war, am meisten. 1) Nach Odelstjerna, Stahl und Eisen 1896, S. 476.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1323>, abgerufen am 23.11.2024.