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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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apparate. Die Gebläse waren, wie die Serainggebläse (System Cockerill),
stehend angeordnet nach Konstruktionen von Macintosh, Hamphill,
besonders aber von Weimer. Starke Weimer-Gebläsemaschinen
waren namentlich bei den Anthrazithochöfen, die hohen Winddruck
verlangten -- bei Versetzungen bis 1 m Quecksilbersäule --, ein-
geführt. Die Gichtgase wurden meistens trocken gereinigt. Viele der
neuen Öfen, besonders der Westgruppe, waren von Witherow und
Gordon in Pittsburgh erbaut. Bei der Darstellung von Bessemer-
roheisen aus 60 prozentigen Erzen fielen nur 600 bis 800 kg Schlacken
auf 1000 kg Roheisen. Von den vorzüglichen Connelsville-Koks
verbrauchten die Chicago-Hochöfen nur 1 auf 1 Roheisen. Puddel-
roheisen wurde in Pittsburgh aus reichen, aber für Bessemerroheisen
zu phosphorhaltigen Lake-Superior-Erzen unter Zuschlag von Puddel-
und Schweissschlacken erzeugt. Der Edgar-Thomson-Ofen A und der
Commanghofen bliesen Spiegeleisen aus Cartagenaerzen und reichen
Manganerzen.

1884 erfand Captain Jones auf den Consett Works der Carnegie
Brothers & Co. den Mischer. Robert W. Hunt führte verbesserte
Walzentische ein.

Im Gegensatz zu und gerade wegen der Vergrösserung der
Bessemerbirnen, infolgedessen die ganzen Schmelzanlagen und Walz-
werke immer grösser und kostspieliger gestaltet werden mussten, fand
die Kleinbessemerei nach dem Verfahren von Clapp-Griffith An-
klang und Verbreitung in den Vereinigten Staaten. J. P. Witherow
hatte 1884 das Patent für Amerika erworben, weshalb diese Öfen dort
häufig als Witherowöfen bezeichnet wurden. 1885 hatten Oliver
Brothers and Philipps
eine grosse Anlage hierfür erbaut. Sie
überwanden die anfänglichen Schwierigkeiten und lieferten ein gutes
Produkt. In diesem Jahre versah Robert W. Hunt in Troy die
Walzentische vor den Fertigwalzen mit angetriebenen Rollen 1).

1886 gingen sieben Firmen mit der Aufstellung von Clapp-Griffith-
Konvertern vor. 1885 erfand Seeman ein Universalträgerwalzwerk.

Um diese Zeit nahm die Verwendung von Naturgas in Pittsburgh
auch in der Eisenindustrie ihren Anfang. 1883 hatte man den schon
1878 erbohrten Gasstrom von Murraysville durch Röhren in die Stadt
geleitet. Ferner wurde 1884 ein starker Gasstrom im Stadtgebiet von
Pittsburgh selbst erbohrt. 1886 wurden in Pittsburgh schon täglich
6 2/3 Mill. Kubikfuss Naturgas verwendet, wodurch sich der Kohlen-

1) Siehe Stahl und Eisen 1897, S. 137.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.
apparate. Die Gebläse waren, wie die Serainggebläse (System Cockerill),
stehend angeordnet nach Konstruktionen von Macintosh, Hamphill,
besonders aber von Weimer. Starke Weimer-Gebläsemaschinen
waren namentlich bei den Anthrazithochöfen, die hohen Winddruck
verlangten — bei Versetzungen bis 1 m Quecksilbersäule —, ein-
geführt. Die Gichtgase wurden meistens trocken gereinigt. Viele der
neuen Öfen, besonders der Westgruppe, waren von Witherow und
Gordon in Pittsburgh erbaut. Bei der Darstellung von Bessemer-
roheisen aus 60 prozentigen Erzen fielen nur 600 bis 800 kg Schlacken
auf 1000 kg Roheisen. Von den vorzüglichen Connelsville-Koks
verbrauchten die Chicago-Hochöfen nur 1 auf 1 Roheisen. Puddel-
roheisen wurde in Pittsburgh aus reichen, aber für Bessemerroheisen
zu phosphorhaltigen Lake-Superior-Erzen unter Zuschlag von Puddel-
und Schweiſsschlacken erzeugt. Der Edgar-Thomson-Ofen A und der
Commanghofen bliesen Spiegeleisen aus Cartagenaerzen und reichen
Manganerzen.

1884 erfand Captain Jones auf den Consett Works der Carnegie
Brothers & Co. den Mischer. Robert W. Hunt führte verbesserte
Walzentische ein.

Im Gegensatz zu und gerade wegen der Vergröſserung der
Bessemerbirnen, infolgedessen die ganzen Schmelzanlagen und Walz-
werke immer gröſser und kostspieliger gestaltet werden muſsten, fand
die Kleinbessemerei nach dem Verfahren von Clapp-Griffith An-
klang und Verbreitung in den Vereinigten Staaten. J. P. Witherow
hatte 1884 das Patent für Amerika erworben, weshalb diese Öfen dort
häufig als Witherowöfen bezeichnet wurden. 1885 hatten Oliver
Brothers and Philipps
eine groſse Anlage hierfür erbaut. Sie
überwanden die anfänglichen Schwierigkeiten und lieferten ein gutes
Produkt. In diesem Jahre versah Robert W. Hunt in Troy die
Walzentische vor den Fertigwalzen mit angetriebenen Rollen 1).

1886 gingen sieben Firmen mit der Aufstellung von Clapp-Griffith-
Konvertern vor. 1885 erfand Seeman ein Universalträgerwalzwerk.

Um diese Zeit nahm die Verwendung von Naturgas in Pittsburgh
auch in der Eisenindustrie ihren Anfang. 1883 hatte man den schon
1878 erbohrten Gasstrom von Murraysville durch Röhren in die Stadt
geleitet. Ferner wurde 1884 ein starker Gasstrom im Stadtgebiet von
Pittsburgh selbst erbohrt. 1886 wurden in Pittsburgh schon täglich
6⅔ Mill. Kubikfuſs Naturgas verwendet, wodurch sich der Kohlen-

1) Siehe Stahl und Eisen 1897, S. 137.
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[1294/1310] Vereinigte Staaten von Nordamerika. apparate. Die Gebläse waren, wie die Serainggebläse (System Cockerill), stehend angeordnet nach Konstruktionen von Macintosh, Hamphill, besonders aber von Weimer. Starke Weimer-Gebläsemaschinen waren namentlich bei den Anthrazithochöfen, die hohen Winddruck verlangten — bei Versetzungen bis 1 m Quecksilbersäule —, ein- geführt. Die Gichtgase wurden meistens trocken gereinigt. Viele der neuen Öfen, besonders der Westgruppe, waren von Witherow und Gordon in Pittsburgh erbaut. Bei der Darstellung von Bessemer- roheisen aus 60 prozentigen Erzen fielen nur 600 bis 800 kg Schlacken auf 1000 kg Roheisen. Von den vorzüglichen Connelsville-Koks verbrauchten die Chicago-Hochöfen nur 1 auf 1 Roheisen. Puddel- roheisen wurde in Pittsburgh aus reichen, aber für Bessemerroheisen zu phosphorhaltigen Lake-Superior-Erzen unter Zuschlag von Puddel- und Schweiſsschlacken erzeugt. Der Edgar-Thomson-Ofen A und der Commanghofen bliesen Spiegeleisen aus Cartagenaerzen und reichen Manganerzen. 1884 erfand Captain Jones auf den Consett Works der Carnegie Brothers & Co. den Mischer. Robert W. Hunt führte verbesserte Walzentische ein. Im Gegensatz zu und gerade wegen der Vergröſserung der Bessemerbirnen, infolgedessen die ganzen Schmelzanlagen und Walz- werke immer gröſser und kostspieliger gestaltet werden muſsten, fand die Kleinbessemerei nach dem Verfahren von Clapp-Griffith An- klang und Verbreitung in den Vereinigten Staaten. J. P. Witherow hatte 1884 das Patent für Amerika erworben, weshalb diese Öfen dort häufig als Witherowöfen bezeichnet wurden. 1885 hatten Oliver Brothers and Philipps eine groſse Anlage hierfür erbaut. Sie überwanden die anfänglichen Schwierigkeiten und lieferten ein gutes Produkt. In diesem Jahre versah Robert W. Hunt in Troy die Walzentische vor den Fertigwalzen mit angetriebenen Rollen 1). 1886 gingen sieben Firmen mit der Aufstellung von Clapp-Griffith- Konvertern vor. 1885 erfand Seeman ein Universalträgerwalzwerk. Um diese Zeit nahm die Verwendung von Naturgas in Pittsburgh auch in der Eisenindustrie ihren Anfang. 1883 hatte man den schon 1878 erbohrten Gasstrom von Murraysville durch Röhren in die Stadt geleitet. Ferner wurde 1884 ein starker Gasstrom im Stadtgebiet von Pittsburgh selbst erbohrt. 1886 wurden in Pittsburgh schon täglich 6⅔ Mill. Kubikfuſs Naturgas verwendet, wodurch sich der Kohlen- 1) Siehe Stahl und Eisen 1897, S. 137.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1310>, abgerufen am 23.11.2024.