und Stahl nicht aus inländischem Roheisen, sondern aus Alteisen oder ausländischem Roheisen mit Steinkohlen erzeugt wurde, und hierfür war die Lage der Werke an der Seeküste, des Eisen- und des Steinkohlen- bezugs wegen viel günstiger als die im abgelegenen Hochgebirge.
Die Erzgewinnung auf der Insel Elba war kaum durch die Schicksale der italienischen Eisenindustrie beeinflusst, da der grösste Teil exportiert wurde und die Ausfuhr von dem Weltmarkte abhängig war; diese war in manchen Jahren so gross, dass von neuem ein Gefühl der Beunruhi- gung wegen der Erschöpfung der elbanischen Erzlager entstand, be- sonders seit 1892. Die italienische Regierung verpachtete deshalb vom 1. Januar 1898 ab die elbanischen Eisensteingruben unter gewissen Be- schränkungen an Chevalier Tosetti. Es war dies der grösste Eisen- industrielle Toskanas, der viel zur Entwickelung der Roheisenindustrie in Fallonica beigetragen hatte. Dieser förderte auch die Anlage der Hoch- öfen bei Piombino an der toskanischen Küste. Er beabsichtigte ferner die Anlage von Hochöfen auf der Insel Elba selbst. Die Bedingungen der Regierung für die 20jährige Pacht der elbanischen Eisenberg- werke bestanden darin, dass Tosetti nur 160000 Tonnen Erz jährlich exportieren und 40000 Tonnen den italienischen Werken zur Ver- fügung stellen sollte. Die Abgaben für jede Tonne exportiertes Erz war auf 7,25 Lire, für jede Tonne in Italien verschmolzenes auf 0,50 Lire festgesetzt. Der Hochofen in Fallonica sollte im Betriebe erhalten bleiben. Der Export von 1898 erreichte die ausserordentliche Höhe von 228000 Tonnen, jedenfalls aus angesammelten Vorräten.
Die Roheisengewinnung hielt sich in den neunziger Jahren in sehr bescheidenen Grenzen, dagegen nahm die Erzeugung von schmied- barem Eisen und besonders von Flussstahl seit 1888 zu. Terni allein lieferte 1889 14000 Tonnen mehr als im vorausgegangenen Jahre. Für 1898 wird die Produktion von Stabeisen auf 167499 Tonnen, von Stahl auf 87467 Tonnen, grösstenteils aus verarbeitetem Material hergestellt, angegeben. Verschiedene neue Werke wurden damals geplant, zum Teil auch schon in Angriff genommen, wie z. B. das grosse Drahtwalzwerk zu Lecco. Neue Hochofenanlagen planten die Firma Schneider in Creusot der Insel Elba gegenüber und die Societa Anonima delle Ferriere Italiane zu San Giovanni im Val d'Arno auf der Insel Elba selbst. Die Hütte Monte Argentario schmolz seit 1899 Ferromangan im Hochofen. Besonders war es der Siemens-Martinprozess, der zugenommen und sich ausgebreitet hatte. Es gelang der Energie der Industriellen, sich ausser für einige Spezialartikel von dem Auslande unabhängig zu machen. Die
Italien.
und Stahl nicht aus inländischem Roheisen, sondern aus Alteisen oder ausländischem Roheisen mit Steinkohlen erzeugt wurde, und hierfür war die Lage der Werke an der Seeküste, des Eisen- und des Steinkohlen- bezugs wegen viel günstiger als die im abgelegenen Hochgebirge.
Die Erzgewinnung auf der Insel Elba war kaum durch die Schicksale der italienischen Eisenindustrie beeinfluſst, da der gröſste Teil exportiert wurde und die Ausfuhr von dem Weltmarkte abhängig war; diese war in manchen Jahren so groſs, daſs von neuem ein Gefühl der Beunruhi- gung wegen der Erschöpfung der elbanischen Erzlager entstand, be- sonders seit 1892. Die italienische Regierung verpachtete deshalb vom 1. Januar 1898 ab die elbanischen Eisensteingruben unter gewissen Be- schränkungen an Chevalier Tosetti. Es war dies der gröſste Eisen- industrielle Toskanas, der viel zur Entwickelung der Roheisenindustrie in Fallonica beigetragen hatte. Dieser förderte auch die Anlage der Hoch- öfen bei Piombino an der toskanischen Küste. Er beabsichtigte ferner die Anlage von Hochöfen auf der Insel Elba selbst. Die Bedingungen der Regierung für die 20jährige Pacht der elbanischen Eisenberg- werke bestanden darin, daſs Tosetti nur 160000 Tonnen Erz jährlich exportieren und 40000 Tonnen den italienischen Werken zur Ver- fügung stellen sollte. Die Abgaben für jede Tonne exportiertes Erz war auf 7,25 Lire, für jede Tonne in Italien verschmolzenes auf 0,50 Lire festgesetzt. Der Hochofen in Fallonica sollte im Betriebe erhalten bleiben. Der Export von 1898 erreichte die auſserordentliche Höhe von 228000 Tonnen, jedenfalls aus angesammelten Vorräten.
Die Roheisengewinnung hielt sich in den neunziger Jahren in sehr bescheidenen Grenzen, dagegen nahm die Erzeugung von schmied- barem Eisen und besonders von Fluſsstahl seit 1888 zu. Terni allein lieferte 1889 14000 Tonnen mehr als im vorausgegangenen Jahre. Für 1898 wird die Produktion von Stabeisen auf 167499 Tonnen, von Stahl auf 87467 Tonnen, gröſstenteils aus verarbeitetem Material hergestellt, angegeben. Verschiedene neue Werke wurden damals geplant, zum Teil auch schon in Angriff genommen, wie z. B. das groſse Drahtwalzwerk zu Lecco. Neue Hochofenanlagen planten die Firma Schneider in Creusot der Insel Elba gegenüber und die Società Anonima delle Ferriere Italiane zu San Giovanni im Val d’Arno auf der Insel Elba selbst. Die Hütte Monte Argentario schmolz seit 1899 Ferromangan im Hochofen. Besonders war es der Siemens-Martinprozeſs, der zugenommen und sich ausgebreitet hatte. Es gelang der Energie der Industriellen, sich auſser für einige Spezialartikel von dem Auslande unabhängig zu machen. Die
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Italien.
und Stahl nicht aus inländischem Roheisen, sondern aus Alteisen oder
ausländischem Roheisen mit Steinkohlen erzeugt wurde, und hierfür war
die Lage der Werke an der Seeküste, des Eisen- und des Steinkohlen-
bezugs wegen viel günstiger als die im abgelegenen Hochgebirge.
Die Erzgewinnung auf der Insel Elba war kaum durch die Schicksale
der italienischen Eisenindustrie beeinfluſst, da der gröſste Teil exportiert
wurde und die Ausfuhr von dem Weltmarkte abhängig war; diese war
in manchen Jahren so groſs, daſs von neuem ein Gefühl der Beunruhi-
gung wegen der Erschöpfung der elbanischen Erzlager entstand, be-
sonders seit 1892. Die italienische Regierung verpachtete deshalb vom
1. Januar 1898 ab die elbanischen Eisensteingruben unter gewissen Be-
schränkungen an Chevalier Tosetti. Es war dies der gröſste Eisen-
industrielle Toskanas, der viel zur Entwickelung der Roheisenindustrie
in Fallonica beigetragen hatte. Dieser förderte auch die Anlage der Hoch-
öfen bei Piombino an der toskanischen Küste. Er beabsichtigte ferner
die Anlage von Hochöfen auf der Insel Elba selbst. Die Bedingungen
der Regierung für die 20jährige Pacht der elbanischen Eisenberg-
werke bestanden darin, daſs Tosetti nur 160000 Tonnen Erz jährlich
exportieren und 40000 Tonnen den italienischen Werken zur Ver-
fügung stellen sollte. Die Abgaben für jede Tonne exportiertes Erz
war auf 7,25 Lire, für jede Tonne in Italien verschmolzenes auf 0,50 Lire
festgesetzt. Der Hochofen in Fallonica sollte im Betriebe erhalten
bleiben. Der Export von 1898 erreichte die auſserordentliche Höhe
von 228000 Tonnen, jedenfalls aus angesammelten Vorräten.
Die Roheisengewinnung hielt sich in den neunziger Jahren in
sehr bescheidenen Grenzen, dagegen nahm die Erzeugung von schmied-
barem Eisen und besonders von Fluſsstahl seit 1888 zu. Terni allein
lieferte 1889 14000 Tonnen mehr als im vorausgegangenen Jahre.
Für 1898 wird die Produktion von Stabeisen auf 167499 Tonnen,
von Stahl auf 87467 Tonnen, gröſstenteils aus verarbeitetem Material
hergestellt, angegeben. Verschiedene neue Werke wurden damals
geplant, zum Teil auch schon in Angriff genommen, wie z. B. das
groſse Drahtwalzwerk zu Lecco. Neue Hochofenanlagen planten die
Firma Schneider in Creusot der Insel Elba gegenüber und die
Società Anonima delle Ferriere Italiane zu San Giovanni im Val
d’Arno auf der Insel Elba selbst. Die Hütte Monte Argentario
schmolz seit 1899 Ferromangan im Hochofen. Besonders war es
der Siemens-Martinprozeſs, der zugenommen und sich ausgebreitet
hatte. Es gelang der Energie der Industriellen, sich auſser für
einige Spezialartikel von dem Auslande unabhängig zu machen. Die
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1256>, abgerufen am 23.11.2024.
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