wurden in den Boden gerammt, mit Weidengeflecht verbunden und dann innen mit einer dicken Lehmschicht beworfen. In diesem Ofen wurde das Eisenerz mit Holzkohlen mit Hülfe zweier Blasebälge eingeschmolzen. Zweimal wöchentlich wurde aufgebrochen, um das Stück herauszuschaffen, das dann zerhauen und dessen Teile in Herd- feuern gereinigt und weiter verarbeitet wurden. Diese primitive Industrie konnte sich nicht mehr erhalten, nachdem geordnete Handels- und Transportverhältnisse in Bosnien geschaffen waren. Um sie nicht gänzlich untergehen zu lassen und die reichen Erzschätze besser auszubeuten, liess die österreichische Regierung 1891 zwei Hoch- öfen, die mit Holzkohlen und Koks betrieben werden sollten, erbauen. Ihre Produktion betrug 1895 bereits 3771 Tonnen Roheisen, 1899 war die Roheisenproduktion von Vares auf 13730 Tonnen gestiegen. In diesem Jahre wurde nach Plänen von Fritz W. Lürmann ein neuer Holzkohlenhochofen von 182 cbm Inhalt erbaut, der 1900 in Betrieb kam und der leistungsfähigste Holzkohlenhochofen Europas und der Welt wurde.
Die Hochofenanlage zu Servola bei Triest wurde von der Krainschen Industriegesellschaft gegründet, teils für den Bedarf ihres grossen Werkes zu Assling, teils um der englischen Einfuhr von Giessereieisen Konkurrenz zu machen. Am 24. November 1897 wurde der nach den neuesten Grundsätzen erbaute Hochofen angeblasen. Man verschmolz algerische, spanische, griechische und bosnische Erze mit englischem Koks. Die Staatsregierung gewährte Steuer- und Gebührenbegünstigung.
Der grosse Fortschritt der österreichischen Hochofenindustrie findet ihren deutlichsten Ausdruck in der enormen Produktionssteige- rung der Hochöfen der grossen Werke: in Kladno betrug die Tages- produktion 160 Tonnen, in Witkowitz 180 Tonnen, in Königshof 220 Tonnen und in den neuen Hochöfen zu Donawitz und Servola sogar 240 Tonnen Roheisen. Dementsprechend war die Grösse der Gebläsemaschinen gewachsen, die zu Königshof hatte 2000 P. S. und lieferte 1100 cbm Wind bei einem Überdruck von 3/4 Atmosphären in der Minute. Für einen neu projektierten Hochofen der Alpinen Montangesellschaft ist sogar eine Gebläsemaschine von 3000 P. S. für eine Windleistung von 1400 cbm in der Minute in Aussicht genommen.
Welche Roheisenmengen die grossen Hochöfenwerke Österreichs lieferten, geht aus nachfolgender Zusammenstellung von E. Heirowsky1) für 1899 hervor. Danach erzeugte
1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 677.
Österreich-Ungarn.
wurden in den Boden gerammt, mit Weidengeflecht verbunden und dann innen mit einer dicken Lehmschicht beworfen. In diesem Ofen wurde das Eisenerz mit Holzkohlen mit Hülfe zweier Blasebälge eingeschmolzen. Zweimal wöchentlich wurde aufgebrochen, um das Stück herauszuschaffen, das dann zerhauen und dessen Teile in Herd- feuern gereinigt und weiter verarbeitet wurden. Diese primitive Industrie konnte sich nicht mehr erhalten, nachdem geordnete Handels- und Transportverhältnisse in Bosnien geschaffen waren. Um sie nicht gänzlich untergehen zu lassen und die reichen Erzschätze besser auszubeuten, lieſs die österreichische Regierung 1891 zwei Hoch- öfen, die mit Holzkohlen und Koks betrieben werden sollten, erbauen. Ihre Produktion betrug 1895 bereits 3771 Tonnen Roheisen, 1899 war die Roheisenproduktion von Vares auf 13730 Tonnen gestiegen. In diesem Jahre wurde nach Plänen von Fritz W. Lürmann ein neuer Holzkohlenhochofen von 182 cbm Inhalt erbaut, der 1900 in Betrieb kam und der leistungsfähigste Holzkohlenhochofen Europas und der Welt wurde.
Die Hochofenanlage zu Servola bei Triest wurde von der Krainschen Industriegesellschaft gegründet, teils für den Bedarf ihres groſsen Werkes zu Aſsling, teils um der englischen Einfuhr von Gieſsereieisen Konkurrenz zu machen. Am 24. November 1897 wurde der nach den neuesten Grundsätzen erbaute Hochofen angeblasen. Man verschmolz algerische, spanische, griechische und bosnische Erze mit englischem Koks. Die Staatsregierung gewährte Steuer- und Gebührenbegünstigung.
Der groſse Fortschritt der österreichischen Hochofenindustrie findet ihren deutlichsten Ausdruck in der enormen Produktionssteige- rung der Hochöfen der groſsen Werke: in Kladno betrug die Tages- produktion 160 Tonnen, in Witkowitz 180 Tonnen, in Königshof 220 Tonnen und in den neuen Hochöfen zu Donawitz und Servola sogar 240 Tonnen Roheisen. Dementsprechend war die Gröſse der Gebläsemaschinen gewachsen, die zu Königshof hatte 2000 P. S. und lieferte 1100 cbm Wind bei einem Überdruck von ¾ Atmosphären in der Minute. Für einen neu projektierten Hochofen der Alpinen Montangesellschaft ist sogar eine Gebläsemaschine von 3000 P. S. für eine Windleistung von 1400 cbm in der Minute in Aussicht genommen.
Welche Roheisenmengen die groſsen Hochöfenwerke Österreichs lieferten, geht aus nachfolgender Zusammenstellung von E. Heirowsky1) für 1899 hervor. Danach erzeugte
1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 677.
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Österreich-Ungarn.
wurden in den Boden gerammt, mit Weidengeflecht verbunden und
dann innen mit einer dicken Lehmschicht beworfen. In diesem Ofen
wurde das Eisenerz mit Holzkohlen mit Hülfe zweier Blasebälge
eingeschmolzen. Zweimal wöchentlich wurde aufgebrochen, um das
Stück herauszuschaffen, das dann zerhauen und dessen Teile in Herd-
feuern gereinigt und weiter verarbeitet wurden. Diese primitive
Industrie konnte sich nicht mehr erhalten, nachdem geordnete
Handels- und Transportverhältnisse in Bosnien geschaffen waren.
Um sie nicht gänzlich untergehen zu lassen und die reichen Erzschätze
besser auszubeuten, lieſs die österreichische Regierung 1891 zwei Hoch-
öfen, die mit Holzkohlen und Koks betrieben werden sollten, erbauen.
Ihre Produktion betrug 1895 bereits 3771 Tonnen Roheisen, 1899 war
die Roheisenproduktion von Vares auf 13730 Tonnen gestiegen. In
diesem Jahre wurde nach Plänen von Fritz W. Lürmann ein neuer
Holzkohlenhochofen von 182 cbm Inhalt erbaut, der 1900 in Betrieb
kam und der leistungsfähigste Holzkohlenhochofen Europas und der
Welt wurde.
Die Hochofenanlage zu Servola bei Triest wurde von der Krainschen
Industriegesellschaft gegründet, teils für den Bedarf ihres groſsen
Werkes zu Aſsling, teils um der englischen Einfuhr von Gieſsereieisen
Konkurrenz zu machen. Am 24. November 1897 wurde der nach den
neuesten Grundsätzen erbaute Hochofen angeblasen. Man verschmolz
algerische, spanische, griechische und bosnische Erze mit englischem
Koks. Die Staatsregierung gewährte Steuer- und Gebührenbegünstigung.
Der groſse Fortschritt der österreichischen Hochofenindustrie
findet ihren deutlichsten Ausdruck in der enormen Produktionssteige-
rung der Hochöfen der groſsen Werke: in Kladno betrug die Tages-
produktion 160 Tonnen, in Witkowitz 180 Tonnen, in Königshof
220 Tonnen und in den neuen Hochöfen zu Donawitz und Servola
sogar 240 Tonnen Roheisen. Dementsprechend war die Gröſse der
Gebläsemaschinen gewachsen, die zu Königshof hatte 2000 P. S. und
lieferte 1100 cbm Wind bei einem Überdruck von ¾ Atmosphären
in der Minute. Für einen neu projektierten Hochofen der Alpinen
Montangesellschaft ist sogar eine Gebläsemaschine von 3000 P. S. für
eine Windleistung von 1400 cbm in der Minute in Aussicht genommen.
Welche Roheisenmengen die groſsen Hochöfenwerke Österreichs
lieferten, geht aus nachfolgender Zusammenstellung von E. Heirowsky 1)
für 1899 hervor. Danach erzeugte
1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 677.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1176>, abgerufen am 23.11.2024.
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