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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Österreich-Ungarn.
behauptet. In Grossbritannien trat dieser Zustand erst 1885, in
Deutschland erst 1890 ein.

Zu Anfang der siebziger Jahre bestand noch eine nicht
unbedeutende Holzkohlen-Eisenindustrie in den österreichischen Alpen-
ländern und in Siebenbürgen fanden sich vereinzelt sogar noch Stück-
ofenbetriebe. Solche erwähnt A. von Kerpely in seinem Bericht
über die Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 zu Thoreczko bei
Thorda und zu Plotzko bei Vajda-Hunyad in Siebenbürgen. Auch
auf dem Gyalar in Siebenbürgen verschmolz man 1872 gerösteten
Brauneisenstein mit Holzkohlen in einem Stückofen. Man erhielt
dabei ein direkt verarbeitbares Rohstableisen.

Das Roheisen wurde in Südösterreich noch meist mit Holzkohlen
geschmolzen. 1870 begann man zuerst in den Alpenländern zu
Prävali in Kärnten mit der Erbauung eines grossen Kokshochofens
für 15000 Tonnen Jahreserzeugung. 1873 war man in Südösterreich
auf folgenden Werken teilweise zum Koksbetrieb übergegangen: zu
Prävali in Kärnten (ein Ofen), zu Schwechat bei Wien (zwei Öfen), zu
Zeltweg in Steiermark (ein Ofen), ferner war ein Koksofen zu Niklas-
dorf im Bau.

In Nordösterreich waren 1871 neue Kokshochöfen zu Witkowitz
und Mährisch-Ostrau und auf Carl-Emilshütte bei Nusic in Böhmen
und 1872 zu Trzynietz in Mähren gebaut worden.

Durch Erhöhung der Windtemperatur auf 500 bis 600° C. in
Gjers' Winderhitzern (Clevelandapparaten) erzielte man auch bei den
Holzkohlenhochöfen Mehrerzeugung und Kohlenersparnis, so im Jahre
1871 zu Olsa in Kärnten 25 bis 30 Prozent, zu Treibach und Eisenerz
in Steiermark 29 Prozent und brauchte man bei weissstrahligem und
weissem Eisen nur 55 Gewichtsteile Holzkohlen auf 100 Eisen. Zu Olsa
bei Friesach hatte man 1872 mit gutem Erfolg ein Drittel der Holz-
kohlen durch Köflacher Braunkohlen ersetzt.

Auf der Adalberthütte bei Kladno in Böhmen hatte Jacobi
seine Entphosphorung auf nassem Wege durch Auslaugen der
gerösteten Erze mit einer Lösung von schwefliger Säure eingeführt.
Ebenso hatte Jacobi dort einen Gasfang und Chargiervorrichtung
mit beweglichem Trichterstück konstruiert. Den Wind lieferte ein
grosses Balanciergebläse, dessen Windcylinderkolben 2,845 m Durch-
messer und Hub hatte.

Zu Jauerberg und Putten in Krain wurden 1872 Hochöfen nach
Büttgenbachs System gebaut. Auf ersterer Hütte erblies man ein

Österreich-Ungarn.
behauptet. In Groſsbritannien trat dieser Zustand erst 1885, in
Deutschland erst 1890 ein.

Zu Anfang der siebziger Jahre bestand noch eine nicht
unbedeutende Holzkohlen-Eisenindustrie in den österreichischen Alpen-
ländern und in Siebenbürgen fanden sich vereinzelt sogar noch Stück-
ofenbetriebe. Solche erwähnt A. von Kerpely in seinem Bericht
über die Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 zu Thoreczko bei
Thorda und zu Plotzko bei Vajda-Hunyad in Siebenbürgen. Auch
auf dem Gyalar in Siebenbürgen verschmolz man 1872 gerösteten
Brauneisenstein mit Holzkohlen in einem Stückofen. Man erhielt
dabei ein direkt verarbeitbares Rohstableisen.

Das Roheisen wurde in Südösterreich noch meist mit Holzkohlen
geschmolzen. 1870 begann man zuerst in den Alpenländern zu
Prävali in Kärnten mit der Erbauung eines groſsen Kokshochofens
für 15000 Tonnen Jahreserzeugung. 1873 war man in Südösterreich
auf folgenden Werken teilweise zum Koksbetrieb übergegangen: zu
Prävali in Kärnten (ein Ofen), zu Schwechat bei Wien (zwei Öfen), zu
Zeltweg in Steiermark (ein Ofen), ferner war ein Koksofen zu Niklas-
dorf im Bau.

In Nordösterreich waren 1871 neue Kokshochöfen zu Witkowitz
und Mährisch-Ostrau und auf Carl-Emilshütte bei Nusic in Böhmen
und 1872 zu Trzynietz in Mähren gebaut worden.

Durch Erhöhung der Windtemperatur auf 500 bis 600° C. in
Gjers’ Winderhitzern (Clevelandapparaten) erzielte man auch bei den
Holzkohlenhochöfen Mehrerzeugung und Kohlenersparnis, so im Jahre
1871 zu Olsa in Kärnten 25 bis 30 Prozent, zu Treibach und Eisenerz
in Steiermark 29 Prozent und brauchte man bei weiſsstrahligem und
weiſsem Eisen nur 55 Gewichtsteile Holzkohlen auf 100 Eisen. Zu Olsa
bei Friesach hatte man 1872 mit gutem Erfolg ein Drittel der Holz-
kohlen durch Köflacher Braunkohlen ersetzt.

Auf der Adalberthütte bei Kladno in Böhmen hatte Jacobi
seine Entphosphorung auf nassem Wege durch Auslaugen der
gerösteten Erze mit einer Lösung von schwefliger Säure eingeführt.
Ebenso hatte Jacobi dort einen Gasfang und Chargiervorrichtung
mit beweglichem Trichterstück konstruiert. Den Wind lieferte ein
groſses Balanciergebläse, dessen Windcylinderkolben 2,845 m Durch-
messer und Hub hatte.

Zu Jauerberg und Putten in Krain wurden 1872 Hochöfen nach
Büttgenbachs System gebaut. Auf ersterer Hütte erblies man ein

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[1144/1160] Österreich-Ungarn. behauptet. In Groſsbritannien trat dieser Zustand erst 1885, in Deutschland erst 1890 ein. Zu Anfang der siebziger Jahre bestand noch eine nicht unbedeutende Holzkohlen-Eisenindustrie in den österreichischen Alpen- ländern und in Siebenbürgen fanden sich vereinzelt sogar noch Stück- ofenbetriebe. Solche erwähnt A. von Kerpely in seinem Bericht über die Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 zu Thoreczko bei Thorda und zu Plotzko bei Vajda-Hunyad in Siebenbürgen. Auch auf dem Gyalar in Siebenbürgen verschmolz man 1872 gerösteten Brauneisenstein mit Holzkohlen in einem Stückofen. Man erhielt dabei ein direkt verarbeitbares Rohstableisen. Das Roheisen wurde in Südösterreich noch meist mit Holzkohlen geschmolzen. 1870 begann man zuerst in den Alpenländern zu Prävali in Kärnten mit der Erbauung eines groſsen Kokshochofens für 15000 Tonnen Jahreserzeugung. 1873 war man in Südösterreich auf folgenden Werken teilweise zum Koksbetrieb übergegangen: zu Prävali in Kärnten (ein Ofen), zu Schwechat bei Wien (zwei Öfen), zu Zeltweg in Steiermark (ein Ofen), ferner war ein Koksofen zu Niklas- dorf im Bau. In Nordösterreich waren 1871 neue Kokshochöfen zu Witkowitz und Mährisch-Ostrau und auf Carl-Emilshütte bei Nusic in Böhmen und 1872 zu Trzynietz in Mähren gebaut worden. Durch Erhöhung der Windtemperatur auf 500 bis 600° C. in Gjers’ Winderhitzern (Clevelandapparaten) erzielte man auch bei den Holzkohlenhochöfen Mehrerzeugung und Kohlenersparnis, so im Jahre 1871 zu Olsa in Kärnten 25 bis 30 Prozent, zu Treibach und Eisenerz in Steiermark 29 Prozent und brauchte man bei weiſsstrahligem und weiſsem Eisen nur 55 Gewichtsteile Holzkohlen auf 100 Eisen. Zu Olsa bei Friesach hatte man 1872 mit gutem Erfolg ein Drittel der Holz- kohlen durch Köflacher Braunkohlen ersetzt. Auf der Adalberthütte bei Kladno in Böhmen hatte Jacobi seine Entphosphorung auf nassem Wege durch Auslaugen der gerösteten Erze mit einer Lösung von schwefliger Säure eingeführt. Ebenso hatte Jacobi dort einen Gasfang und Chargiervorrichtung mit beweglichem Trichterstück konstruiert. Den Wind lieferte ein groſses Balanciergebläse, dessen Windcylinderkolben 2,845 m Durch- messer und Hub hatte. Zu Jauerberg und Putten in Krain wurden 1872 Hochöfen nach Büttgenbachs System gebaut. Auf ersterer Hütte erblies man ein

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1160>, abgerufen am 23.11.2024.