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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Belgien.
Teil unter den Rost der Generatoren geführt und in diesen karburiert
wurde. Ähnliche Wärmöfen mit teilweiser Wiedererneuerung der
abziehenden Gase nach dem System Biedermann waren auch zu
Ougree und Couillet in Anwendung.

Ein anderer wichtiger Fortschritt der letzten Jahre war die gross-
artige Kolonisationsarbeit der belgischen Industriellen in Südrussland.
Fast jede der grossen Gesellschaften hatte eine Tochteranstalt in dem
neuerschlossenen Donetzgebiet gegründet. Wir werden auf diese in
dem Kapitel "Russland" näher zu sprechen kommen.

Der Eisenhandel Belgiens ist im Verhältnis zur Grösse des Landes
ein grossartiger. Besonders gefragt ist belgisches Schweisseisen und
dies bildet noch immer den wichtigsten Ausfuhrartikel. 1888 betrug
die Ausfuhr von Schmiedeeisen und Eisenwaren 368343 Tonnen, 1898
454365 Tonnen. Verhältnismässig hat die Ausfuhr von Flusseisen-
fabrikaten allerdings noch stärker zugenommen. Es betrug die
Ausfuhr von Stahl und Stahlwaren 1888 97344 Tonnen, 1898
211449 Tonnen.

Belgisches Eisen geht nach allen Ländern der Welt. Ein sehr
wichtiger Ausfuhrartikel Belgiens sind Waffen, besonders Handschiess-
waffen, die meist in und um Lüttich fabriziert werden. Der Wert dieser
Waffenausfuhr betrug im Jahre 1898 über 161/2 Millionen Frcs.

Auch in den letzten Jahren ist Belgien auf der Bahn des Fort-
schritts weitergeschritten und hat seinen Betrieb immer mehr
modernisiert. So hat es in der Lösung der Frage der Verwendung
der Hochofengase zu direkter Krafterzeugung eine wichtige Rolle
gespielt, und wieder war es die Gesellschaft John Cockerill zu
Seraing, die darin vorging und der es im Jahre 1898 gelang, eine
Hochofengasmaschine von 180 P.S. mit Erfolg zu betreiben 1); im
März 1900 wurde bereits eine grössere Maschine von 600 P.S. in Gang
gesetzt 2).

Eine ganz moderne Anlage sind die neuen Hochöfen zu Couillet
mit doppelten Parryschen Trichtern, geneigtem Gichtaufzug nach
amerikanischem Muster und selbstthätiger Begichtung 3).



1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 474.
2) A. a. O. 1900, S. 401.
3) Siehe Stahl und Eisen 1901, S. 1.

Belgien.
Teil unter den Rost der Generatoren geführt und in diesen karburiert
wurde. Ähnliche Wärmöfen mit teilweiser Wiedererneuerung der
abziehenden Gase nach dem System Biedermann waren auch zu
Ougrée und Couillet in Anwendung.

Ein anderer wichtiger Fortschritt der letzten Jahre war die groſs-
artige Kolonisationsarbeit der belgischen Industriellen in Südruſsland.
Fast jede der groſsen Gesellschaften hatte eine Tochteranstalt in dem
neuerschlossenen Donetzgebiet gegründet. Wir werden auf diese in
dem Kapitel „Ruſsland“ näher zu sprechen kommen.

Der Eisenhandel Belgiens ist im Verhältnis zur Gröſse des Landes
ein groſsartiger. Besonders gefragt ist belgisches Schweiſseisen und
dies bildet noch immer den wichtigsten Ausfuhrartikel. 1888 betrug
die Ausfuhr von Schmiedeeisen und Eisenwaren 368343 Tonnen, 1898
454365 Tonnen. Verhältnismäſsig hat die Ausfuhr von Fluſseisen-
fabrikaten allerdings noch stärker zugenommen. Es betrug die
Ausfuhr von Stahl und Stahlwaren 1888 97344 Tonnen, 1898
211449 Tonnen.

Belgisches Eisen geht nach allen Ländern der Welt. Ein sehr
wichtiger Ausfuhrartikel Belgiens sind Waffen, besonders Handschieſs-
waffen, die meist in und um Lüttich fabriziert werden. Der Wert dieser
Waffenausfuhr betrug im Jahre 1898 über 16½ Millionen Frcs.

Auch in den letzten Jahren ist Belgien auf der Bahn des Fort-
schritts weitergeschritten und hat seinen Betrieb immer mehr
modernisiert. So hat es in der Lösung der Frage der Verwendung
der Hochofengase zu direkter Krafterzeugung eine wichtige Rolle
gespielt, und wieder war es die Gesellschaft John Cockerill zu
Seraing, die darin vorging und der es im Jahre 1898 gelang, eine
Hochofengasmaschine von 180 P.S. mit Erfolg zu betreiben 1); im
März 1900 wurde bereits eine gröſsere Maschine von 600 P.S. in Gang
gesetzt 2).

Eine ganz moderne Anlage sind die neuen Hochöfen zu Couillet
mit doppelten Parryschen Trichtern, geneigtem Gichtaufzug nach
amerikanischem Muster und selbstthätiger Begichtung 3).



1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 474.
2) A. a. O. 1900, S. 401.
3) Siehe Stahl und Eisen 1901, S. 1.
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[1125/1141] Belgien. Teil unter den Rost der Generatoren geführt und in diesen karburiert wurde. Ähnliche Wärmöfen mit teilweiser Wiedererneuerung der abziehenden Gase nach dem System Biedermann waren auch zu Ougrée und Couillet in Anwendung. Ein anderer wichtiger Fortschritt der letzten Jahre war die groſs- artige Kolonisationsarbeit der belgischen Industriellen in Südruſsland. Fast jede der groſsen Gesellschaften hatte eine Tochteranstalt in dem neuerschlossenen Donetzgebiet gegründet. Wir werden auf diese in dem Kapitel „Ruſsland“ näher zu sprechen kommen. Der Eisenhandel Belgiens ist im Verhältnis zur Gröſse des Landes ein groſsartiger. Besonders gefragt ist belgisches Schweiſseisen und dies bildet noch immer den wichtigsten Ausfuhrartikel. 1888 betrug die Ausfuhr von Schmiedeeisen und Eisenwaren 368343 Tonnen, 1898 454365 Tonnen. Verhältnismäſsig hat die Ausfuhr von Fluſseisen- fabrikaten allerdings noch stärker zugenommen. Es betrug die Ausfuhr von Stahl und Stahlwaren 1888 97344 Tonnen, 1898 211449 Tonnen. Belgisches Eisen geht nach allen Ländern der Welt. Ein sehr wichtiger Ausfuhrartikel Belgiens sind Waffen, besonders Handschieſs- waffen, die meist in und um Lüttich fabriziert werden. Der Wert dieser Waffenausfuhr betrug im Jahre 1898 über 16½ Millionen Frcs. Auch in den letzten Jahren ist Belgien auf der Bahn des Fort- schritts weitergeschritten und hat seinen Betrieb immer mehr modernisiert. So hat es in der Lösung der Frage der Verwendung der Hochofengase zu direkter Krafterzeugung eine wichtige Rolle gespielt, und wieder war es die Gesellschaft John Cockerill zu Seraing, die darin vorging und der es im Jahre 1898 gelang, eine Hochofengasmaschine von 180 P.S. mit Erfolg zu betreiben 1); im März 1900 wurde bereits eine gröſsere Maschine von 600 P.S. in Gang gesetzt 2). Eine ganz moderne Anlage sind die neuen Hochöfen zu Couillet mit doppelten Parryschen Trichtern, geneigtem Gichtaufzug nach amerikanischem Muster und selbstthätiger Begichtung 3). 1) Siehe Stahl und Eisen 1899, S. 474. 2) A. a. O. 1900, S. 401. 3) Siehe Stahl und Eisen 1901, S. 1.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 1125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/1141>, abgerufen am 23.11.2024.