der Stahlgüsse war das Verdienst des Direktors Jakob Meyer. Die Faconstücke, welche man in Bochum aus Stahl goss, waren ausser Glocken besonders Eisenbahnscheibenräder, die getempert wurden.
1855 machten ferner in Westfalen Gussstahl: Fr. Lohmann und Berger & Komp., beide zu Witten, Huth zu Hagen und die Johannis- hütte zu Dortmund.
Massengussstahl zu erzeugen war das allgemeine Streben in dieser Zeit. Wir haben die Erfindungen von Chenot, Uchatius und Bessemer bereits beschrieben. Verschiedene Werke suchten ordinären Massengussstahl durch einfaches Zusammenschmelzen von Schmiede- eisen und Roheisen darzustellen.
Hütteninspektor Stengel zu Lohe bei Müsen hatte schon 1846 und 1847 auf Karstens Veranlassung auf dem Stahlwerk von Huth zu Geitebrück Versuche in dieser Richtung angestellt 1). Nur mit Spiegeleisen, welches eine grössere lösende Kraft für das Stabeisen zeigte, erhielt er gute Güsse. Das Schmelzen musste möglichst heiss, das Ausgiessen rasch geschehen. Für weichen Stahl nahm er auf 25 Pfd. Eisen 2 Pfd. Spiegeleisen, für harten, festen Stahl auf 24 Pfd. Stabeisen 8 Pfd. Spiegeleisen. Der so bereitete Stahl, auch der weichste, liess sich nur schlecht schweissen. Er gab gute Schneiden, hatte aber geringe Festigkeit und war spröde. Tunner verwarf diese Art der Stahlbereitung, welche man schon 20 Jahre früher zu Murau versucht hatte, weil der so erhaltene Stahl keine Festigkeit besässe.
Auf dem belgischen Eisenwerk zu Seraing wurde anfangs der 50er Jahre ebenfalls ordinärer Gussstahl aus passenden Mischungen von Roheisen und Stabeisen erzeugt und 1851 zu London ausgestellt. Er hatte ein gutes Aussehen. Tunner sprach aber dieser Art der Fabrikation ebenfalls den Erfolg ab, was sich auch bald bewahrheitete. Später ging man in Seraing zum Umschmelzen von Puddelstahl über. 1852 gelang es dem Direktor Pasteur, Gussstahl "ohne jede Ver- wendung von vegetabilischem Brennstoff" herzustellen.
Price und Nicholson nahmen am 20. November 1855 in England ein Patent, Gussstahl durch Zusammenschmelzen von gefeintem Roh- eisen und Stabeisen zu erzeugen, und bald darauf schlug Gentle Brown vor, Gussstahl aus Schmiedeeisen und Holzkohlenroheisen zu erzeugen. Stirling (Patent vom 19. März 1856) goss Gusseisen auf eine gleiche Menge Schmiedeeisenstückchen und schmolz das Gemenge in Tiegeln unter Zusatz von Eisenoxyd um.
1) Siehe Karstens wichtigen Aufsatz über die Bereitung des Gussstahls in Karstens und von Dechens Archiv, Bd. 25, S. 218 etc.
Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860.
der Stahlgüsse war das Verdienst des Direktors Jakob Meyer. Die Façonstücke, welche man in Bochum aus Stahl goſs, waren auſser Glocken besonders Eisenbahnscheibenräder, die getempert wurden.
1855 machten ferner in Westfalen Guſsstahl: Fr. Lohmann und Berger & Komp., beide zu Witten, Huth zu Hagen und die Johannis- hütte zu Dortmund.
Massenguſsstahl zu erzeugen war das allgemeine Streben in dieser Zeit. Wir haben die Erfindungen von Chenot, Uchatius und Bessemer bereits beschrieben. Verschiedene Werke suchten ordinären Massenguſsstahl durch einfaches Zusammenschmelzen von Schmiede- eisen und Roheisen darzustellen.
Hütteninspektor Stengel zu Lohe bei Müsen hatte schon 1846 und 1847 auf Karstens Veranlassung auf dem Stahlwerk von Huth zu Geitebrück Versuche in dieser Richtung angestellt 1). Nur mit Spiegeleisen, welches eine gröſsere lösende Kraft für das Stabeisen zeigte, erhielt er gute Güsse. Das Schmelzen muſste möglichst heiſs, das Ausgieſsen rasch geschehen. Für weichen Stahl nahm er auf 25 Pfd. Eisen 2 Pfd. Spiegeleisen, für harten, festen Stahl auf 24 Pfd. Stabeisen 8 Pfd. Spiegeleisen. Der so bereitete Stahl, auch der weichste, lieſs sich nur schlecht schweiſsen. Er gab gute Schneiden, hatte aber geringe Festigkeit und war spröde. Tunner verwarf diese Art der Stahlbereitung, welche man schon 20 Jahre früher zu Murau versucht hatte, weil der so erhaltene Stahl keine Festigkeit besäſse.
Auf dem belgischen Eisenwerk zu Seraing wurde anfangs der 50er Jahre ebenfalls ordinärer Guſsstahl aus passenden Mischungen von Roheisen und Stabeisen erzeugt und 1851 zu London ausgestellt. Er hatte ein gutes Aussehen. Tunner sprach aber dieser Art der Fabrikation ebenfalls den Erfolg ab, was sich auch bald bewahrheitete. Später ging man in Seraing zum Umschmelzen von Puddelstahl über. 1852 gelang es dem Direktor Pasteur, Guſsstahl „ohne jede Ver- wendung von vegetabilischem Brennstoff“ herzustellen.
Price und Nicholson nahmen am 20. November 1855 in England ein Patent, Guſsstahl durch Zusammenschmelzen von gefeintem Roh- eisen und Stabeisen zu erzeugen, und bald darauf schlug Gentle Brown vor, Guſsstahl aus Schmiedeeisen und Holzkohlenroheisen zu erzeugen. Stirling (Patent vom 19. März 1856) goſs Guſseisen auf eine gleiche Menge Schmiedeeisenstückchen und schmolz das Gemenge in Tiegeln unter Zusatz von Eisenoxyd um.
1) Siehe Karstens wichtigen Aufsatz über die Bereitung des Guſsstahls in Karstens und von Dechens Archiv, Bd. 25, S. 218 etc.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0965"n="949"/><fwplace="top"type="header">Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860.</fw><lb/>
der Stahlgüsse war das Verdienst des Direktors <hirendition="#g">Jakob Meyer</hi>. Die<lb/>
Façonstücke, welche man in Bochum aus Stahl goſs, waren auſser<lb/>
Glocken besonders Eisenbahnscheibenräder, die getempert wurden.</p><lb/><p>1855 machten ferner in Westfalen Guſsstahl: <hirendition="#g">Fr. Lohmann</hi> und<lb/><hirendition="#g">Berger & Komp.</hi>, beide zu Witten, <hirendition="#g">Huth</hi> zu Hagen und die Johannis-<lb/>
hütte zu Dortmund.</p><lb/><p>Massenguſsstahl zu erzeugen war das allgemeine Streben in dieser<lb/>
Zeit. Wir haben die Erfindungen von <hirendition="#g">Chenot, Uchatius</hi> und<lb/><hirendition="#g">Bessemer</hi> bereits beschrieben. Verschiedene Werke suchten ordinären<lb/>
Massenguſsstahl durch einfaches Zusammenschmelzen von Schmiede-<lb/>
eisen und Roheisen darzustellen.</p><lb/><p>Hütteninspektor <hirendition="#g">Stengel</hi> zu Lohe bei Müsen hatte schon 1846<lb/>
und 1847 auf <hirendition="#g">Karstens</hi> Veranlassung auf dem Stahlwerk von <hirendition="#g">Huth</hi><lb/>
zu Geitebrück Versuche in dieser Richtung angestellt <noteplace="foot"n="1)">Siehe <hirendition="#g">Karstens</hi> wichtigen Aufsatz über die Bereitung des Guſsstahls in<lb/><hirendition="#g">Karstens</hi> und <hirendition="#g">von Dechens</hi> Archiv, Bd. 25, S. 218 etc.</note>. Nur mit<lb/>
Spiegeleisen, welches eine gröſsere lösende Kraft für das Stabeisen<lb/>
zeigte, erhielt er gute Güsse. Das Schmelzen muſste möglichst heiſs,<lb/>
das Ausgieſsen rasch geschehen. Für weichen Stahl nahm er auf<lb/>
25 Pfd. Eisen 2 Pfd. Spiegeleisen, für harten, festen Stahl auf 24 Pfd.<lb/>
Stabeisen 8 Pfd. Spiegeleisen. Der so bereitete Stahl, auch der weichste,<lb/>
lieſs sich nur schlecht schweiſsen. Er gab gute Schneiden, hatte aber<lb/>
geringe Festigkeit und war spröde. <hirendition="#g">Tunner</hi> verwarf diese Art der<lb/>
Stahlbereitung, welche man schon 20 Jahre früher zu Murau versucht<lb/>
hatte, weil der so erhaltene Stahl keine Festigkeit besäſse.</p><lb/><p>Auf dem belgischen Eisenwerk zu Seraing wurde anfangs der<lb/>
50er Jahre ebenfalls ordinärer Guſsstahl aus passenden Mischungen<lb/>
von Roheisen und Stabeisen erzeugt und 1851 zu London ausgestellt.<lb/>
Er hatte ein gutes Aussehen. <hirendition="#g">Tunner</hi> sprach aber dieser Art der<lb/>
Fabrikation ebenfalls den Erfolg ab, was sich auch bald bewahrheitete.<lb/>
Später ging man in Seraing zum Umschmelzen von Puddelstahl über.<lb/>
1852 gelang es dem Direktor <hirendition="#g">Pasteur</hi>, Guſsstahl „ohne jede Ver-<lb/>
wendung von vegetabilischem Brennstoff“ herzustellen.</p><lb/><p><hirendition="#g">Price</hi> und <hirendition="#g">Nicholson</hi> nahmen am 20. November 1855 in England<lb/>
ein Patent, Guſsstahl durch Zusammenschmelzen von gefeintem Roh-<lb/>
eisen und Stabeisen zu erzeugen, und bald darauf schlug <hirendition="#g">Gentle<lb/>
Brown</hi> vor, Guſsstahl aus Schmiedeeisen und Holzkohlenroheisen zu<lb/>
erzeugen. <hirendition="#g">Stirling</hi> (Patent vom 19. März 1856) goſs Guſseisen auf<lb/>
eine gleiche Menge Schmiedeeisenstückchen und schmolz das Gemenge<lb/>
in Tiegeln unter Zusatz von Eisenoxyd um.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[949/0965]
Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860.
der Stahlgüsse war das Verdienst des Direktors Jakob Meyer. Die
Façonstücke, welche man in Bochum aus Stahl goſs, waren auſser
Glocken besonders Eisenbahnscheibenräder, die getempert wurden.
1855 machten ferner in Westfalen Guſsstahl: Fr. Lohmann und
Berger & Komp., beide zu Witten, Huth zu Hagen und die Johannis-
hütte zu Dortmund.
Massenguſsstahl zu erzeugen war das allgemeine Streben in dieser
Zeit. Wir haben die Erfindungen von Chenot, Uchatius und
Bessemer bereits beschrieben. Verschiedene Werke suchten ordinären
Massenguſsstahl durch einfaches Zusammenschmelzen von Schmiede-
eisen und Roheisen darzustellen.
Hütteninspektor Stengel zu Lohe bei Müsen hatte schon 1846
und 1847 auf Karstens Veranlassung auf dem Stahlwerk von Huth
zu Geitebrück Versuche in dieser Richtung angestellt 1). Nur mit
Spiegeleisen, welches eine gröſsere lösende Kraft für das Stabeisen
zeigte, erhielt er gute Güsse. Das Schmelzen muſste möglichst heiſs,
das Ausgieſsen rasch geschehen. Für weichen Stahl nahm er auf
25 Pfd. Eisen 2 Pfd. Spiegeleisen, für harten, festen Stahl auf 24 Pfd.
Stabeisen 8 Pfd. Spiegeleisen. Der so bereitete Stahl, auch der weichste,
lieſs sich nur schlecht schweiſsen. Er gab gute Schneiden, hatte aber
geringe Festigkeit und war spröde. Tunner verwarf diese Art der
Stahlbereitung, welche man schon 20 Jahre früher zu Murau versucht
hatte, weil der so erhaltene Stahl keine Festigkeit besäſse.
Auf dem belgischen Eisenwerk zu Seraing wurde anfangs der
50er Jahre ebenfalls ordinärer Guſsstahl aus passenden Mischungen
von Roheisen und Stabeisen erzeugt und 1851 zu London ausgestellt.
Er hatte ein gutes Aussehen. Tunner sprach aber dieser Art der
Fabrikation ebenfalls den Erfolg ab, was sich auch bald bewahrheitete.
Später ging man in Seraing zum Umschmelzen von Puddelstahl über.
1852 gelang es dem Direktor Pasteur, Guſsstahl „ohne jede Ver-
wendung von vegetabilischem Brennstoff“ herzustellen.
Price und Nicholson nahmen am 20. November 1855 in England
ein Patent, Guſsstahl durch Zusammenschmelzen von gefeintem Roh-
eisen und Stabeisen zu erzeugen, und bald darauf schlug Gentle
Brown vor, Guſsstahl aus Schmiedeeisen und Holzkohlenroheisen zu
erzeugen. Stirling (Patent vom 19. März 1856) goſs Guſseisen auf
eine gleiche Menge Schmiedeeisenstückchen und schmolz das Gemenge
in Tiegeln unter Zusatz von Eisenoxyd um.
1) Siehe Karstens wichtigen Aufsatz über die Bereitung des Guſsstahls in
Karstens und von Dechens Archiv, Bd. 25, S. 218 etc.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 949. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/965>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.