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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Cement- und Gussstahlfabrikation 1851 bis 1860.
eisen war. Nach der Pariser Ausstellung ging man dazu über, das
ganze Rohr mit Schildzapfen aus einem Gussstahlblock zu schmieden.
1856 erfand Alfred Krupp auch eine Stahllafette für seine Kanonen,
wofür er ein Patent in Preussen erhielt.

Um diese Zeit vollzog sich eine wichtige Reform im Artilleriewesen,
indem man zu gezogenen Rohren überging. Hierfür war der Guss-
stahl besonders geeignet. Wie bei der preussischen Artillerie 1851 die
gezogenen Rohre der Handfeuerwaffen auf die Geschütze übertragen
wurden, um ebenfalls eine grössere Schussweite zu erzielen, so versuchte
man auch das System der Hinterlader bei der Artillerie einzuführen.
Der schwedische Offizier und Hüttenbesitzer Baron von Wahrendorf
hatte schon 1846 ein Hinterladungsgeschütz konstruiert und der von
ihm angegebene Verschluss mit federndem Stahlring blieb lange Zeit
mustergültig. 1853 erhielt der Amerikaner Eastman ein Patent für
eine Hinterladungskanone mit Schraubenverschluss, mit welcher die
englische Regierung zu Woolwich Versuche anstellen liess, die günstig
ausfielen. Lord Panmure belohnte den Erfinder und kaufte ihm das
Patent ab. Ebenso wendete Preussen, welches dieses Princip bei seinen
Handfeuerwaffen bereits angenommen hatte, dieser Frage seine Auf-
merksamkeit zu. Die ersten Gussstahlblöcke für Hinterlader bestellte
die preussische Regierung im Jahre 1855 bei Krupp. Die ersten
Gewehrläufe aus Gussstahl für die preussische Armee lieferte dagegen
Louis Berger in Witten an Dreyse in Sömmerda gegen Ende der
50er Jahre, obgleich Alfred Krupp bereits 1843 eigenhändig zwei Ge-
wehrläufe aus seinem Gussstahl geschmiedet und dem preussischen
Kriegsministerium zugeschickt hatte, das diese aber zurückwies.

Die ausserordentliche Leistungsfähigkeit der Kruppschen Guss-
stahlfabrik und ihr grosser Aufschwung beruhten hauptsächlich auf
einer einfachen, aber sehr wichtigen Verbesserung Krupps. Es war
ihm gelungen, sich von dem Bezug schwedischen Stabeisens zu eman-
cipieren, indem er statt des Cementstahles den vorzüglichen Puddel-
stahl aus Siegenschem Roheisen als Rohmaterial für seinen Gussstahl
verwendete. Auf seine Veranlassung wurde 1851 die Puddelstahl-
bereitung auf der königl. Hütte zu Lohe, welcher das beste Roheisen
aus reinem Müsener Grunde zur Verfügung stand, eingeführt und
sicherte er sich die ganze Produktion für seine Gussstahlfabrikation.
Dadurch verfügte er über ein Material von grosser Güte und Gleich-
mässigkeit und wurde vom Auslande unabhängig.

Ebenso verfolgte Krupp aber auch die Entwickelung des Bessemer-
prozesses mit der grössten Aufmerksamkeit und machte wiederholt

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Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860.
eisen war. Nach der Pariser Ausstellung ging man dazu über, das
ganze Rohr mit Schildzapfen aus einem Guſsstahlblock zu schmieden.
1856 erfand Alfred Krupp auch eine Stahllafette für seine Kanonen,
wofür er ein Patent in Preuſsen erhielt.

Um diese Zeit vollzog sich eine wichtige Reform im Artilleriewesen,
indem man zu gezogenen Rohren überging. Hierfür war der Guſs-
stahl besonders geeignet. Wie bei der preuſsischen Artillerie 1851 die
gezogenen Rohre der Handfeuerwaffen auf die Geschütze übertragen
wurden, um ebenfalls eine gröſsere Schuſsweite zu erzielen, so versuchte
man auch das System der Hinterlader bei der Artillerie einzuführen.
Der schwedische Offizier und Hüttenbesitzer Baron von Wahrendorf
hatte schon 1846 ein Hinterladungsgeschütz konstruiert und der von
ihm angegebene Verschluſs mit federndem Stahlring blieb lange Zeit
mustergültig. 1853 erhielt der Amerikaner Eastman ein Patent für
eine Hinterladungskanone mit Schraubenverschluſs, mit welcher die
englische Regierung zu Woolwich Versuche anstellen lieſs, die günstig
ausfielen. Lord Panmure belohnte den Erfinder und kaufte ihm das
Patent ab. Ebenso wendete Preuſsen, welches dieses Princip bei seinen
Handfeuerwaffen bereits angenommen hatte, dieser Frage seine Auf-
merksamkeit zu. Die ersten Guſsstahlblöcke für Hinterlader bestellte
die preuſsische Regierung im Jahre 1855 bei Krupp. Die ersten
Gewehrläufe aus Guſsstahl für die preuſsische Armee lieferte dagegen
Louis Berger in Witten an Dreyse in Sömmerda gegen Ende der
50er Jahre, obgleich Alfred Krupp bereits 1843 eigenhändig zwei Ge-
wehrläufe aus seinem Guſsstahl geschmiedet und dem preuſsischen
Kriegsministerium zugeschickt hatte, das diese aber zurückwies.

Die auſserordentliche Leistungsfähigkeit der Kruppschen Guſs-
stahlfabrik und ihr groſser Aufschwung beruhten hauptsächlich auf
einer einfachen, aber sehr wichtigen Verbesserung Krupps. Es war
ihm gelungen, sich von dem Bezug schwedischen Stabeisens zu eman-
cipieren, indem er statt des Cementstahles den vorzüglichen Puddel-
stahl aus Siegenschem Roheisen als Rohmaterial für seinen Guſsstahl
verwendete. Auf seine Veranlassung wurde 1851 die Puddelstahl-
bereitung auf der königl. Hütte zu Lohe, welcher das beste Roheisen
aus reinem Müsener Grunde zur Verfügung stand, eingeführt und
sicherte er sich die ganze Produktion für seine Guſsstahlfabrikation.
Dadurch verfügte er über ein Material von groſser Güte und Gleich-
mäſsigkeit und wurde vom Auslande unabhängig.

Ebenso verfolgte Krupp aber auch die Entwickelung des Bessemer-
prozesses mit der gröſsten Aufmerksamkeit und machte wiederholt

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[947/0963] Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860. eisen war. Nach der Pariser Ausstellung ging man dazu über, das ganze Rohr mit Schildzapfen aus einem Guſsstahlblock zu schmieden. 1856 erfand Alfred Krupp auch eine Stahllafette für seine Kanonen, wofür er ein Patent in Preuſsen erhielt. Um diese Zeit vollzog sich eine wichtige Reform im Artilleriewesen, indem man zu gezogenen Rohren überging. Hierfür war der Guſs- stahl besonders geeignet. Wie bei der preuſsischen Artillerie 1851 die gezogenen Rohre der Handfeuerwaffen auf die Geschütze übertragen wurden, um ebenfalls eine gröſsere Schuſsweite zu erzielen, so versuchte man auch das System der Hinterlader bei der Artillerie einzuführen. Der schwedische Offizier und Hüttenbesitzer Baron von Wahrendorf hatte schon 1846 ein Hinterladungsgeschütz konstruiert und der von ihm angegebene Verschluſs mit federndem Stahlring blieb lange Zeit mustergültig. 1853 erhielt der Amerikaner Eastman ein Patent für eine Hinterladungskanone mit Schraubenverschluſs, mit welcher die englische Regierung zu Woolwich Versuche anstellen lieſs, die günstig ausfielen. Lord Panmure belohnte den Erfinder und kaufte ihm das Patent ab. Ebenso wendete Preuſsen, welches dieses Princip bei seinen Handfeuerwaffen bereits angenommen hatte, dieser Frage seine Auf- merksamkeit zu. Die ersten Guſsstahlblöcke für Hinterlader bestellte die preuſsische Regierung im Jahre 1855 bei Krupp. Die ersten Gewehrläufe aus Guſsstahl für die preuſsische Armee lieferte dagegen Louis Berger in Witten an Dreyse in Sömmerda gegen Ende der 50er Jahre, obgleich Alfred Krupp bereits 1843 eigenhändig zwei Ge- wehrläufe aus seinem Guſsstahl geschmiedet und dem preuſsischen Kriegsministerium zugeschickt hatte, das diese aber zurückwies. Die auſserordentliche Leistungsfähigkeit der Kruppschen Guſs- stahlfabrik und ihr groſser Aufschwung beruhten hauptsächlich auf einer einfachen, aber sehr wichtigen Verbesserung Krupps. Es war ihm gelungen, sich von dem Bezug schwedischen Stabeisens zu eman- cipieren, indem er statt des Cementstahles den vorzüglichen Puddel- stahl aus Siegenschem Roheisen als Rohmaterial für seinen Guſsstahl verwendete. Auf seine Veranlassung wurde 1851 die Puddelstahl- bereitung auf der königl. Hütte zu Lohe, welcher das beste Roheisen aus reinem Müsener Grunde zur Verfügung stand, eingeführt und sicherte er sich die ganze Produktion für seine Guſsstahlfabrikation. Dadurch verfügte er über ein Material von groſser Güte und Gleich- mäſsigkeit und wurde vom Auslande unabhängig. Ebenso verfolgte Krupp aber auch die Entwickelung des Bessemer- prozesses mit der gröſsten Aufmerksamkeit und machte wiederholt 60*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 947. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/963>, abgerufen am 23.11.2024.