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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Cement- und Gussstahlfabrikation 1851 bis 1860.
Gasverbrauch war nicht bedeutend, so dass mit den abgezogenen
Gichtgasen desselben Hochofens noch ein Feineisenfeuer und ein Warm-
windapparat betrieben werden konnten.

In der Gussstahlfabrikation leistete Krupp das Grösste und
erwarb sich hohe Verdienste, sowohl um die vermehrte Anwendung
des Gussstahles als auch um die Verbesserung seiner Herstellung.
Auf die Verwendung des Gussstahles zu Eisenbahn- und Schiffsachsen,
zu Radbandagen, Grubengestängen u. s. w., welche Krupp einführte,
haben wir schon früher hingewiesen. Am 21. März 1853 hatte er von
der preussischen Regierung ein Patent für Radbeschläge aus Gussstahl
ohne Schweissung erhalten.

Die grösste Mühe gab er sich, Gussstahl als Geschützmetall zur
Geltung zu bringen. Er hatte hierbei grossen Widerstand zu über-
winden und fest gewurzelte Vorurteile zu bekämpfen, aber er liess
sich, erfüllt von der allgemeinen und nationalen Bedeutung seines
Unternehmens, keine Mühe noch Kosten verdriessen, um sein Ziel zu
erreichen. 1847 bereits schickte Krupp ein 3-Pfünder-Geschütz mit
Gussstahlkernrohr an das preussische Kriegsministerium nach Berlin,
das aber kaum Beachtung fand. Die öffentliche Aufmerksamkeit zog
Krupp zuerst durch seine auf der Londoner Ausstellung von 1851
ausgestellte 6-Pfünder-Kanone von Gussstahl auf sich. Er machte sie
dem König von Preussen zum Geschenk, der sie 1853 im Zeughause
zu Berlin aufstellen liess, wo sie allgemeine Bewunderung erregte. In
demselben Jahre besuchte der Prinz von Preussen, der nachmalige
deutsche Kaiser Wilhelm I. zum erstenmal die Kruppsche Gussstahl-
fabrik. Es war dies ein wichtiges Ereignis im Hinblick auf die weitere
Entwickelung beider Männer und die Zukunft Deutschlands. Indessen
war das Vorurteil gegen die Gussstahlkanonen und die Vorliebe für
Bronzegeschütze damals namentlich in Preussen noch zu allgemein.

Der erste höhere Artillerieoffizier, der sich ganz und rückhaltslos
für Krupps Gussstahlgeschütze aussprach und ihre hohe Bedeutung
für die zukünftige Entwickelung der Artillerie erkannte und verkündete,
war der braunschweigische Oberstlieutenant Georg Orges im Jahre
1854. "Ich stehe nicht an, zu behaupten", schrieb er nach den Ver-
suchen mit dem ersten Kruppschen 12-Pfünder, "dass die aus west-
fälischen Erzen gewonnenen Kruppschen Gussstahlrohre mehr leisten,
als bis jetzt die besten Bronzerohre, dass ihre Einführung in die
deutschen Feldartillerien den grössten Vorteil gewähren, ihre Auf-
nahme in die Festungs- und Belagerungsartillerie, sowie auch vor-
züglich bei den Piro-Schiffsgeschützen von grossem Nutzen sein,

Beck, Geschichte des Eisens. 60

Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860.
Gasverbrauch war nicht bedeutend, so daſs mit den abgezogenen
Gichtgasen desselben Hochofens noch ein Feineisenfeuer und ein Warm-
windapparat betrieben werden konnten.

In der Guſsstahlfabrikation leistete Krupp das Gröſste und
erwarb sich hohe Verdienste, sowohl um die vermehrte Anwendung
des Guſsstahles als auch um die Verbesserung seiner Herstellung.
Auf die Verwendung des Guſsstahles zu Eisenbahn- und Schiffsachsen,
zu Radbandagen, Grubengestängen u. s. w., welche Krupp einführte,
haben wir schon früher hingewiesen. Am 21. März 1853 hatte er von
der preuſsischen Regierung ein Patent für Radbeschläge aus Guſsstahl
ohne Schweiſsung erhalten.

Die gröſste Mühe gab er sich, Guſsstahl als Geschützmetall zur
Geltung zu bringen. Er hatte hierbei groſsen Widerstand zu über-
winden und fest gewurzelte Vorurteile zu bekämpfen, aber er lieſs
sich, erfüllt von der allgemeinen und nationalen Bedeutung seines
Unternehmens, keine Mühe noch Kosten verdrieſsen, um sein Ziel zu
erreichen. 1847 bereits schickte Krupp ein 3-Pfünder-Geschütz mit
Guſsstahlkernrohr an das preuſsische Kriegsministerium nach Berlin,
das aber kaum Beachtung fand. Die öffentliche Aufmerksamkeit zog
Krupp zuerst durch seine auf der Londoner Ausstellung von 1851
ausgestellte 6-Pfünder-Kanone von Guſsstahl auf sich. Er machte sie
dem König von Preuſsen zum Geschenk, der sie 1853 im Zeughause
zu Berlin aufstellen lieſs, wo sie allgemeine Bewunderung erregte. In
demselben Jahre besuchte der Prinz von Preuſsen, der nachmalige
deutsche Kaiser Wilhelm I. zum erstenmal die Kruppsche Guſsstahl-
fabrik. Es war dies ein wichtiges Ereignis im Hinblick auf die weitere
Entwickelung beider Männer und die Zukunft Deutschlands. Indessen
war das Vorurteil gegen die Guſsstahlkanonen und die Vorliebe für
Bronzegeschütze damals namentlich in Preuſsen noch zu allgemein.

Der erste höhere Artillerieoffizier, der sich ganz und rückhaltslos
für Krupps Guſsstahlgeschütze aussprach und ihre hohe Bedeutung
für die zukünftige Entwickelung der Artillerie erkannte und verkündete,
war der braunschweigische Oberstlieutenant Georg Orges im Jahre
1854. „Ich stehe nicht an, zu behaupten“, schrieb er nach den Ver-
suchen mit dem ersten Kruppschen 12-Pfünder, „daſs die aus west-
fälischen Erzen gewonnenen Kruppschen Guſsstahlrohre mehr leisten,
als bis jetzt die besten Bronzerohre, daſs ihre Einführung in die
deutschen Feldartillerien den gröſsten Vorteil gewähren, ihre Auf-
nahme in die Festungs- und Belagerungsartillerie, sowie auch vor-
züglich bei den Piro-Schiffsgeschützen von groſsem Nutzen sein,

Beck, Geschichte des Eisens. 60
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[945/0961] Cement- und Guſsstahlfabrikation 1851 bis 1860. Gasverbrauch war nicht bedeutend, so daſs mit den abgezogenen Gichtgasen desselben Hochofens noch ein Feineisenfeuer und ein Warm- windapparat betrieben werden konnten. In der Guſsstahlfabrikation leistete Krupp das Gröſste und erwarb sich hohe Verdienste, sowohl um die vermehrte Anwendung des Guſsstahles als auch um die Verbesserung seiner Herstellung. Auf die Verwendung des Guſsstahles zu Eisenbahn- und Schiffsachsen, zu Radbandagen, Grubengestängen u. s. w., welche Krupp einführte, haben wir schon früher hingewiesen. Am 21. März 1853 hatte er von der preuſsischen Regierung ein Patent für Radbeschläge aus Guſsstahl ohne Schweiſsung erhalten. Die gröſste Mühe gab er sich, Guſsstahl als Geschützmetall zur Geltung zu bringen. Er hatte hierbei groſsen Widerstand zu über- winden und fest gewurzelte Vorurteile zu bekämpfen, aber er lieſs sich, erfüllt von der allgemeinen und nationalen Bedeutung seines Unternehmens, keine Mühe noch Kosten verdrieſsen, um sein Ziel zu erreichen. 1847 bereits schickte Krupp ein 3-Pfünder-Geschütz mit Guſsstahlkernrohr an das preuſsische Kriegsministerium nach Berlin, das aber kaum Beachtung fand. Die öffentliche Aufmerksamkeit zog Krupp zuerst durch seine auf der Londoner Ausstellung von 1851 ausgestellte 6-Pfünder-Kanone von Guſsstahl auf sich. Er machte sie dem König von Preuſsen zum Geschenk, der sie 1853 im Zeughause zu Berlin aufstellen lieſs, wo sie allgemeine Bewunderung erregte. In demselben Jahre besuchte der Prinz von Preuſsen, der nachmalige deutsche Kaiser Wilhelm I. zum erstenmal die Kruppsche Guſsstahl- fabrik. Es war dies ein wichtiges Ereignis im Hinblick auf die weitere Entwickelung beider Männer und die Zukunft Deutschlands. Indessen war das Vorurteil gegen die Guſsstahlkanonen und die Vorliebe für Bronzegeschütze damals namentlich in Preuſsen noch zu allgemein. Der erste höhere Artillerieoffizier, der sich ganz und rückhaltslos für Krupps Guſsstahlgeschütze aussprach und ihre hohe Bedeutung für die zukünftige Entwickelung der Artillerie erkannte und verkündete, war der braunschweigische Oberstlieutenant Georg Orges im Jahre 1854. „Ich stehe nicht an, zu behaupten“, schrieb er nach den Ver- suchen mit dem ersten Kruppschen 12-Pfünder, „daſs die aus west- fälischen Erzen gewonnenen Kruppschen Guſsstahlrohre mehr leisten, als bis jetzt die besten Bronzerohre, daſs ihre Einführung in die deutschen Feldartillerien den gröſsten Vorteil gewähren, ihre Auf- nahme in die Festungs- und Belagerungsartillerie, sowie auch vor- züglich bei den Piro-Schiffsgeschützen von groſsem Nutzen sein, Beck, Geschichte des Eisens. 60

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 945. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/961>, abgerufen am 23.11.2024.