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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Henry Bessemer und seine Erfindung.
war. Göranson beschloss deshalb, einen neuen Versuchsofen auf dem
der Firma Elfstrand & Komp., welche das Patent für Schweden
von Bessemer erworben hatte, gehörigen Eisenwerke zu Edsken in
Gestrickland zu erbauen. Im Mai 1857 reiste er nach England, um
sich mit Bessemer zu beraten und dessen Versuche zu Baxter anzu-
sehen. Er erwarb einen Anteil an Bessemers schwedischem Patent,
sowie eine 24 pferdige Dampfmaschine von Galloway & Komp. und
einen Konverter nach Bessemers Konstruktion, um sie in Edsken
aufzustellen. Nachdem die baulichen Einrichtungen getroffen waren,
konnte Göranson am 10. November 1857 mit seinen Versuchen
beginnen, die aber nur teilweise befriedigten.

Nach einem Bericht von Troilus war dieser erste Versuchsofen
ein eiserner, ausgemauerter Cylinder von 2,5 Fuss Durchmesser und
4 Fuss Höhe, der in 2 Zapfen hing, die in Lagern beweglich waren.
Er hatte 10 Formen in 2 Reihen, in der unteren 6, in der oberen 4.
Die gusseiserne Eingussform stand auf einem fahrbaren Wagen. Das
Eingiessen des Roheisens dauerte 2 Minuten. Nachdem der Wind
angelassen war, entströmte unter schwachem Aufkochen eine blaurote
Flamme, diese wurde nach 5 Minuten heller und war nach 8 Minuten von
einem bräunlichen Rauche begleitet. Nun kam die Masse in heftiges
Kochen unter starkem Geräusch und Auswurf eines Stromes heller
Schweissfunken, gemischt mit anderen matten rötlichen Funken, die auch
früher erloschen. Dieses Aufkochen dauerte 18 Minuten; es nahm dann
ab und nach weiteren ca. 5 Minuten war die Zeit zum Abstich gekommen;
dieser dauerte 2 Minuten. Das entkohlte Eisen floss bei der ersten
Charge träge und erstarrte zum Teil schon in den Trichtern; bei der
zweiten Charge war es aber schon dünnflüssiger. Dass das Eisen so matt
war, lag hauptsächlich daran, dass man weisses Roheisen verwendete.

Da dieser Konverter unpraktisch und schwerfällig war 1), so er-
baute Göranson mit dem ihm von Bessemer geschickten englischen
Ingenieur einen neuen, nach demselben Princip, wie Bessemers Ver-
suchsofen zu Baxter House in London, aber auf Bessemers Rat mit
2 Reihen von je 6 Düsen; die untere Reihe am Boden, die obere
einige Zoll darüber. Dieser Ofen ging aber schlecht. Bessemer riet,
den Wind zu verstärken, was Göranson dadurch erreichte, dass er
die oberen Düsen zustopfte und nur die 6 unteren von je 5/8 Zoll Durch-
messer offen liess 2). Der Erfolg war besser, aber unsicher. Das durch

1) Siehe Swank, the Manufacture of Iron in all ages, S. 404, wo ein Brief
von Göranson an R. Ackerman abgedruckt ist.
2) Siehe Prof. Alex. Müller im Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 82, S. 496.

Henry Bessemer und seine Erfindung.
war. Göranson beschloſs deshalb, einen neuen Versuchsofen auf dem
der Firma Elfstrand & Komp., welche das Patent für Schweden
von Bessemer erworben hatte, gehörigen Eisenwerke zu Edsken in
Gestrickland zu erbauen. Im Mai 1857 reiste er nach England, um
sich mit Bessemer zu beraten und dessen Versuche zu Baxter anzu-
sehen. Er erwarb einen Anteil an Bessemers schwedischem Patent,
sowie eine 24 pferdige Dampfmaschine von Galloway & Komp. und
einen Konverter nach Bessemers Konstruktion, um sie in Edsken
aufzustellen. Nachdem die baulichen Einrichtungen getroffen waren,
konnte Göranson am 10. November 1857 mit seinen Versuchen
beginnen, die aber nur teilweise befriedigten.

Nach einem Bericht von Troilus war dieser erste Versuchsofen
ein eiserner, ausgemauerter Cylinder von 2,5 Fuſs Durchmesser und
4 Fuſs Höhe, der in 2 Zapfen hing, die in Lagern beweglich waren.
Er hatte 10 Formen in 2 Reihen, in der unteren 6, in der oberen 4.
Die guſseiserne Einguſsform stand auf einem fahrbaren Wagen. Das
Eingieſsen des Roheisens dauerte 2 Minuten. Nachdem der Wind
angelassen war, entströmte unter schwachem Aufkochen eine blaurote
Flamme, diese wurde nach 5 Minuten heller und war nach 8 Minuten von
einem bräunlichen Rauche begleitet. Nun kam die Masse in heftiges
Kochen unter starkem Geräusch und Auswurf eines Stromes heller
Schweiſsfunken, gemischt mit anderen matten rötlichen Funken, die auch
früher erloschen. Dieses Aufkochen dauerte 18 Minuten; es nahm dann
ab und nach weiteren ca. 5 Minuten war die Zeit zum Abstich gekommen;
dieser dauerte 2 Minuten. Das entkohlte Eisen floſs bei der ersten
Charge träge und erstarrte zum Teil schon in den Trichtern; bei der
zweiten Charge war es aber schon dünnflüssiger. Daſs das Eisen so matt
war, lag hauptsächlich daran, daſs man weiſses Roheisen verwendete.

Da dieser Konverter unpraktisch und schwerfällig war 1), so er-
baute Göranson mit dem ihm von Bessemer geschickten englischen
Ingenieur einen neuen, nach demselben Princip, wie Bessemers Ver-
suchsofen zu Baxter House in London, aber auf Bessemers Rat mit
2 Reihen von je 6 Düsen; die untere Reihe am Boden, die obere
einige Zoll darüber. Dieser Ofen ging aber schlecht. Bessemer riet,
den Wind zu verstärken, was Göranson dadurch erreichte, daſs er
die oberen Düsen zustopfte und nur die 6 unteren von je ⅝ Zoll Durch-
messer offen lieſs 2). Der Erfolg war besser, aber unsicher. Das durch

1) Siehe Swank, the Manufacture of Iron in all ages, S. 404, wo ein Brief
von Göranson an R. Ackerman abgedruckt ist.
2) Siehe Prof. Alex. Müller im Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 82, S. 496.
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[934/0950] Henry Bessemer und seine Erfindung. war. Göranson beschloſs deshalb, einen neuen Versuchsofen auf dem der Firma Elfstrand & Komp., welche das Patent für Schweden von Bessemer erworben hatte, gehörigen Eisenwerke zu Edsken in Gestrickland zu erbauen. Im Mai 1857 reiste er nach England, um sich mit Bessemer zu beraten und dessen Versuche zu Baxter anzu- sehen. Er erwarb einen Anteil an Bessemers schwedischem Patent, sowie eine 24 pferdige Dampfmaschine von Galloway & Komp. und einen Konverter nach Bessemers Konstruktion, um sie in Edsken aufzustellen. Nachdem die baulichen Einrichtungen getroffen waren, konnte Göranson am 10. November 1857 mit seinen Versuchen beginnen, die aber nur teilweise befriedigten. Nach einem Bericht von Troilus war dieser erste Versuchsofen ein eiserner, ausgemauerter Cylinder von 2,5 Fuſs Durchmesser und 4 Fuſs Höhe, der in 2 Zapfen hing, die in Lagern beweglich waren. Er hatte 10 Formen in 2 Reihen, in der unteren 6, in der oberen 4. Die guſseiserne Einguſsform stand auf einem fahrbaren Wagen. Das Eingieſsen des Roheisens dauerte 2 Minuten. Nachdem der Wind angelassen war, entströmte unter schwachem Aufkochen eine blaurote Flamme, diese wurde nach 5 Minuten heller und war nach 8 Minuten von einem bräunlichen Rauche begleitet. Nun kam die Masse in heftiges Kochen unter starkem Geräusch und Auswurf eines Stromes heller Schweiſsfunken, gemischt mit anderen matten rötlichen Funken, die auch früher erloschen. Dieses Aufkochen dauerte 18 Minuten; es nahm dann ab und nach weiteren ca. 5 Minuten war die Zeit zum Abstich gekommen; dieser dauerte 2 Minuten. Das entkohlte Eisen floſs bei der ersten Charge träge und erstarrte zum Teil schon in den Trichtern; bei der zweiten Charge war es aber schon dünnflüssiger. Daſs das Eisen so matt war, lag hauptsächlich daran, daſs man weiſses Roheisen verwendete. Da dieser Konverter unpraktisch und schwerfällig war 1), so er- baute Göranson mit dem ihm von Bessemer geschickten englischen Ingenieur einen neuen, nach demselben Princip, wie Bessemers Ver- suchsofen zu Baxter House in London, aber auf Bessemers Rat mit 2 Reihen von je 6 Düsen; die untere Reihe am Boden, die obere einige Zoll darüber. Dieser Ofen ging aber schlecht. Bessemer riet, den Wind zu verstärken, was Göranson dadurch erreichte, daſs er die oberen Düsen zustopfte und nur die 6 unteren von je ⅝ Zoll Durch- messer offen lieſs 2). Der Erfolg war besser, aber unsicher. Das durch 1) Siehe Swank, the Manufacture of Iron in all ages, S. 404, wo ein Brief von Göranson an R. Ackerman abgedruckt ist. 2) Siehe Prof. Alex. Müller im Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 82, S. 496.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 934. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/950>, abgerufen am 16.07.2024.