in die Erscheinung und es ist bei der grossen Wichtigkeit derselben für die weitere Entwickelung der Eisenindustrie von geschichtlichem Interesse, die Spuren zu verfolgen, welche auf den rechten Weg führten. Es sind deren nur wenige. Man hat darauf hingewiesen, dass der Schmied glühendes Eisen warm halten kann, wenn er es durch die Luft schwingt, und dass die orientalischen Schwertschmiede diesen Kunstgriff bei der Herstellung ihrer berümten Klingen benutzten, aber, wenn diese Thatsache auch Bessemer bekannt gewesen wäre, was wenig wahrscheinlich ist, da er sich vordem nur mit Bronzeguss beschäftigt hatte, so konnte sie ihm doch noch nicht den Weg zu seinem Verfahren zeigen. Noch weniger lässt sich dies von dem Ver- fahren der chinesischen und japanischen Kesselflicker, welche ihr geschmolzenes Metall durch heftiges Blasen warm zu halten verstehen (Bd. I, S. 307), annehmen. Ebensowenig ist es aber auch richtig, dass Bessemer seinen Prozess dem Verfahren von Joseph Gilb. Martien, welches am 15. September in England patentiert wurde, entnommen hat, obgleich dies Hearne 1857 in gehässiger Weise behauptete, und welche Behauptung damals allgemeine Verbreitung und Glauben fand. Selbst Percy war von diesem Irrtum angesteckt und Martiens Patent wurde dadurch eine Wichtigkeit beigelegt und von einem Glorienschein umgeben, der ihm gar nicht zukommt.
Zwischen Martiens Patent vom 15. September 1855 und H. Bessemers Patent vom 17. Oktober 1855, in dem er sein Verfahren bereits mit vielen Einzelheiten beschreibt, liegt auch eine so kurze Zeit, dass es gar nicht denkbar ist, dass Bessemer erst durch Martiens Patent zu seinen Versuchen angeregt worden wäre und schon nach wenigen Wochen eine solche Summe praktischer Er- fahrungen mit seinem Prozess gemacht haben sollte, wie solche in seiner Patentbeschreibung vom 17. Oktober enthalten ist. Martiens Verfahren war aber auch durchaus verschieden von dem Bessemers. Es bezweckte nur ein Feinen des Eisens zur Vorbereitung für den Puddelprozess auf eine billigere Art und zwar sollte dies dadurch er- reicht werden, dass man das flüssige Roheisen beim Abstich aus dem Hochofen durch einen gusseisernen Kanal mit doppeltem Boden, dessen obere Platte durchlöchert war und in den gepresste Luft oder Dampf eingeführt wurde, fliessen liess. Die Luft- oder Dampfstrahlen sollten das flüssige Eisen durchdringen und seine Reinigung bewirken. Das so gereinigte Metall konnte man dann direkt dem Puddelofen zu- führen. Nur eine Reinigung bezweckte Martien, an eine weiter- gehende Entkohlung dachte er gar nicht. Er schliesst aus seinem
Henry Bessemer und seine Erfindung.
in die Erscheinung und es ist bei der groſsen Wichtigkeit derselben für die weitere Entwickelung der Eisenindustrie von geschichtlichem Interesse, die Spuren zu verfolgen, welche auf den rechten Weg führten. Es sind deren nur wenige. Man hat darauf hingewiesen, daſs der Schmied glühendes Eisen warm halten kann, wenn er es durch die Luft schwingt, und daſs die orientalischen Schwertschmiede diesen Kunstgriff bei der Herstellung ihrer berümten Klingen benutzten, aber, wenn diese Thatsache auch Bessemer bekannt gewesen wäre, was wenig wahrscheinlich ist, da er sich vordem nur mit Bronzeguſs beschäftigt hatte, so konnte sie ihm doch noch nicht den Weg zu seinem Verfahren zeigen. Noch weniger läſst sich dies von dem Ver- fahren der chinesischen und japanischen Kesselflicker, welche ihr geschmolzenes Metall durch heftiges Blasen warm zu halten verstehen (Bd. I, S. 307), annehmen. Ebensowenig ist es aber auch richtig, daſs Bessemer seinen Prozeſs dem Verfahren von Joseph Gilb. Martien, welches am 15. September in England patentiert wurde, entnommen hat, obgleich dies Hearne 1857 in gehässiger Weise behauptete, und welche Behauptung damals allgemeine Verbreitung und Glauben fand. Selbst Percy war von diesem Irrtum angesteckt und Martiens Patent wurde dadurch eine Wichtigkeit beigelegt und von einem Glorienschein umgeben, der ihm gar nicht zukommt.
Zwischen Martiens Patent vom 15. September 1855 und H. Bessemers Patent vom 17. Oktober 1855, in dem er sein Verfahren bereits mit vielen Einzelheiten beschreibt, liegt auch eine so kurze Zeit, daſs es gar nicht denkbar ist, daſs Bessemer erst durch Martiens Patent zu seinen Versuchen angeregt worden wäre und schon nach wenigen Wochen eine solche Summe praktischer Er- fahrungen mit seinem Prozeſs gemacht haben sollte, wie solche in seiner Patentbeschreibung vom 17. Oktober enthalten ist. Martiens Verfahren war aber auch durchaus verschieden von dem Bessemers. Es bezweckte nur ein Feinen des Eisens zur Vorbereitung für den Puddelprozeſs auf eine billigere Art und zwar sollte dies dadurch er- reicht werden, daſs man das flüssige Roheisen beim Abstich aus dem Hochofen durch einen guſseisernen Kanal mit doppeltem Boden, dessen obere Platte durchlöchert war und in den gepreſste Luft oder Dampf eingeführt wurde, flieſsen lieſs. Die Luft- oder Dampfstrahlen sollten das flüssige Eisen durchdringen und seine Reinigung bewirken. Das so gereinigte Metall konnte man dann direkt dem Puddelofen zu- führen. Nur eine Reinigung bezweckte Martien, an eine weiter- gehende Entkohlung dachte er gar nicht. Er schlieſst aus seinem
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Henry Bessemer und seine Erfindung.
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Interesse, die Spuren zu verfolgen, welche auf den rechten Weg
führten. Es sind deren nur wenige. Man hat darauf hingewiesen, daſs
der Schmied glühendes Eisen warm halten kann, wenn er es durch
die Luft schwingt, und daſs die orientalischen Schwertschmiede diesen
Kunstgriff bei der Herstellung ihrer berümten Klingen benutzten, aber,
wenn diese Thatsache auch Bessemer bekannt gewesen wäre, was
wenig wahrscheinlich ist, da er sich vordem nur mit Bronzeguſs
beschäftigt hatte, so konnte sie ihm doch noch nicht den Weg zu
seinem Verfahren zeigen. Noch weniger läſst sich dies von dem Ver-
fahren der chinesischen und japanischen Kesselflicker, welche ihr
geschmolzenes Metall durch heftiges Blasen warm zu halten verstehen
(Bd. I, S. 307), annehmen. Ebensowenig ist es aber auch richtig, daſs
Bessemer seinen Prozeſs dem Verfahren von Joseph Gilb. Martien,
welches am 15. September in England patentiert wurde, entnommen
hat, obgleich dies Hearne 1857 in gehässiger Weise behauptete, und
welche Behauptung damals allgemeine Verbreitung und Glauben fand.
Selbst Percy war von diesem Irrtum angesteckt und Martiens Patent
wurde dadurch eine Wichtigkeit beigelegt und von einem Glorienschein
umgeben, der ihm gar nicht zukommt.
Zwischen Martiens Patent vom 15. September 1855 und H.
Bessemers Patent vom 17. Oktober 1855, in dem er sein Verfahren
bereits mit vielen Einzelheiten beschreibt, liegt auch eine so kurze
Zeit, daſs es gar nicht denkbar ist, daſs Bessemer erst durch
Martiens Patent zu seinen Versuchen angeregt worden wäre und
schon nach wenigen Wochen eine solche Summe praktischer Er-
fahrungen mit seinem Prozeſs gemacht haben sollte, wie solche in
seiner Patentbeschreibung vom 17. Oktober enthalten ist. Martiens
Verfahren war aber auch durchaus verschieden von dem Bessemers.
Es bezweckte nur ein Feinen des Eisens zur Vorbereitung für den
Puddelprozeſs auf eine billigere Art und zwar sollte dies dadurch er-
reicht werden, daſs man das flüssige Roheisen beim Abstich aus dem
Hochofen durch einen guſseisernen Kanal mit doppeltem Boden, dessen
obere Platte durchlöchert war und in den gepreſste Luft oder Dampf
eingeführt wurde, flieſsen lieſs. Die Luft- oder Dampfstrahlen sollten
das flüssige Eisen durchdringen und seine Reinigung bewirken. Das
so gereinigte Metall konnte man dann direkt dem Puddelofen zu-
führen. Nur eine Reinigung bezweckte Martien, an eine weiter-
gehende Entkohlung dachte er gar nicht. Er schlieſst aus seinem
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 909. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/925>, abgerufen am 23.11.2024.
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