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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Henry Bessemer und seine Erfindung.
sich und ein Fachschriftsteller jener Zeit schreibt: "Seit langer Zeit
hat im Eisenhüttengewerbe keine Erfindung soviel Aufsehen gemacht,
als diese, über keine sind seit der Mitte des Jahres 1856 so viele
verschiedene Ansichten bekannt geworden."

Henry Bessemer und seine Erfindung des Windfrischens
(Bessemerprozess).

Bessemer ist durch seine folgenreiche Erfindung einer der
grössten Wohlthäter des Menschengeschlechts geworden. In diesem
grossen Genie verband sich erfinderischer Geist mit unbeugsamer Be-
harrlichkeit und geschäftsmännischem Blick. Henry Bessemer wurde
am 19. Januar 1813 in Charlton, Hertfordshire, in England geboren.
Sein Vater, wahrscheinlich holländischer Herkunft, der ein bewegtes
Leben hinter sich hatte, besass eine Schriftgiesserei, in welcher auch
der Sohn seine ersten technischen Kenntnisse sammelte. 18 Jahre alt
kam er nach London. Sein erfinderischer Geist beschäftigte sich mit
den verschiedenartigsten Gegenständen. Sein erster Erfolg war die
Erfindung einer Stempelmarkenpresse, welche die eingerissene Marken-
fälschung, die dem englischen Staate Verluste von Millionen von Mark
beigebracht hatte, unmöglich machte. Da er aber versäumt hatte,
seine Erfindung patentieren zu lassen, erwarb er keinen Nutzen, sondern
nur Verdruss davon. In der Folge sah er sich besser vor. Von den
verschiedenartigen Erfindungen der nächsten Jahre schlug die einer
echten Bronzefarbe für Maler und Bronzierer für ihn am günstigsten
ein. Es gelang ihm, diese Farbe, wovon damals das Pfund für 120 Mark
aus dem Auslande bezogen werden musste, auf eine ganz einfache
Weise so billig herzustellen, dass er trotz des bedeutend herabgesetzten
Verkaufspreises in den ersten Jahren 1000 £ und einige Jahre immer
noch 300 £ zu verdienen vermochte. Hierdurch kam er zu Wohlstand
und erwarb sich ein mässiges Vermögen, das ihm die Mittel zu seinen
weiteren erfinderischen Versuchen gewährte. Diese waren sehr mannig-
faltiger Art. Auf die Stahlfabrikation wurde seine Aufmerksamkeit
erst nach Ausbruch des Krimkrieges 1854 gelenkt. Er erfand nämlich
damals ein Geschütz, dessen Geschoss ohne Drall in drehende Be-
wegung versetzt werden sollte. Die englische Regierung verhielt sich
ablehnend dagegen, während Napoleon III. sich dafür interessierte.
Der Erfolg hing aber in erster Linie von einem zuverlässigen Material
ab, besser als Gusseisen und billiger als Tiegelgussstahl. Dies führte
ihn zu den merkwürdigen Experimenten, aus der die segensreiche Er-

Henry Bessemer und seine Erfindung.
sich und ein Fachschriftsteller jener Zeit schreibt: „Seit langer Zeit
hat im Eisenhüttengewerbe keine Erfindung soviel Aufsehen gemacht,
als diese, über keine sind seit der Mitte des Jahres 1856 so viele
verschiedene Ansichten bekannt geworden.“

Henry Bessemer und seine Erfindung des Windfrischens
(Bessemerprozeſs).

Bessemer ist durch seine folgenreiche Erfindung einer der
gröſsten Wohlthäter des Menschengeschlechts geworden. In diesem
groſsen Genie verband sich erfinderischer Geist mit unbeugsamer Be-
harrlichkeit und geschäftsmännischem Blick. Henry Bessemer wurde
am 19. Januar 1813 in Charlton, Hertfordshire, in England geboren.
Sein Vater, wahrscheinlich holländischer Herkunft, der ein bewegtes
Leben hinter sich hatte, besaſs eine Schriftgieſserei, in welcher auch
der Sohn seine ersten technischen Kenntnisse sammelte. 18 Jahre alt
kam er nach London. Sein erfinderischer Geist beschäftigte sich mit
den verschiedenartigsten Gegenständen. Sein erster Erfolg war die
Erfindung einer Stempelmarkenpresse, welche die eingerissene Marken-
fälschung, die dem englischen Staate Verluste von Millionen von Mark
beigebracht hatte, unmöglich machte. Da er aber versäumt hatte,
seine Erfindung patentieren zu lassen, erwarb er keinen Nutzen, sondern
nur Verdruſs davon. In der Folge sah er sich besser vor. Von den
verschiedenartigen Erfindungen der nächsten Jahre schlug die einer
echten Bronzefarbe für Maler und Bronzierer für ihn am günstigsten
ein. Es gelang ihm, diese Farbe, wovon damals das Pfund für 120 Mark
aus dem Auslande bezogen werden muſste, auf eine ganz einfache
Weise so billig herzustellen, daſs er trotz des bedeutend herabgesetzten
Verkaufspreises in den ersten Jahren 1000 £ und einige Jahre immer
noch 300 £ zu verdienen vermochte. Hierdurch kam er zu Wohlstand
und erwarb sich ein mäſsiges Vermögen, das ihm die Mittel zu seinen
weiteren erfinderischen Versuchen gewährte. Diese waren sehr mannig-
faltiger Art. Auf die Stahlfabrikation wurde seine Aufmerksamkeit
erst nach Ausbruch des Krimkrieges 1854 gelenkt. Er erfand nämlich
damals ein Geschütz, dessen Geschoſs ohne Drall in drehende Be-
wegung versetzt werden sollte. Die englische Regierung verhielt sich
ablehnend dagegen, während Napoleon III. sich dafür interessierte.
Der Erfolg hing aber in erster Linie von einem zuverlässigen Material
ab, besser als Guſseisen und billiger als Tiegelguſsstahl. Dies führte
ihn zu den merkwürdigen Experimenten, aus der die segensreiche Er-

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[901/0917] Henry Bessemer und seine Erfindung. sich und ein Fachschriftsteller jener Zeit schreibt: „Seit langer Zeit hat im Eisenhüttengewerbe keine Erfindung soviel Aufsehen gemacht, als diese, über keine sind seit der Mitte des Jahres 1856 so viele verschiedene Ansichten bekannt geworden.“ Henry Bessemer und seine Erfindung des Windfrischens (Bessemerprozeſs). Bessemer ist durch seine folgenreiche Erfindung einer der gröſsten Wohlthäter des Menschengeschlechts geworden. In diesem groſsen Genie verband sich erfinderischer Geist mit unbeugsamer Be- harrlichkeit und geschäftsmännischem Blick. Henry Bessemer wurde am 19. Januar 1813 in Charlton, Hertfordshire, in England geboren. Sein Vater, wahrscheinlich holländischer Herkunft, der ein bewegtes Leben hinter sich hatte, besaſs eine Schriftgieſserei, in welcher auch der Sohn seine ersten technischen Kenntnisse sammelte. 18 Jahre alt kam er nach London. Sein erfinderischer Geist beschäftigte sich mit den verschiedenartigsten Gegenständen. Sein erster Erfolg war die Erfindung einer Stempelmarkenpresse, welche die eingerissene Marken- fälschung, die dem englischen Staate Verluste von Millionen von Mark beigebracht hatte, unmöglich machte. Da er aber versäumt hatte, seine Erfindung patentieren zu lassen, erwarb er keinen Nutzen, sondern nur Verdruſs davon. In der Folge sah er sich besser vor. Von den verschiedenartigen Erfindungen der nächsten Jahre schlug die einer echten Bronzefarbe für Maler und Bronzierer für ihn am günstigsten ein. Es gelang ihm, diese Farbe, wovon damals das Pfund für 120 Mark aus dem Auslande bezogen werden muſste, auf eine ganz einfache Weise so billig herzustellen, daſs er trotz des bedeutend herabgesetzten Verkaufspreises in den ersten Jahren 1000 £ und einige Jahre immer noch 300 £ zu verdienen vermochte. Hierdurch kam er zu Wohlstand und erwarb sich ein mäſsiges Vermögen, das ihm die Mittel zu seinen weiteren erfinderischen Versuchen gewährte. Diese waren sehr mannig- faltiger Art. Auf die Stahlfabrikation wurde seine Aufmerksamkeit erst nach Ausbruch des Krimkrieges 1854 gelenkt. Er erfand nämlich damals ein Geschütz, dessen Geschoſs ohne Drall in drehende Be- wegung versetzt werden sollte. Die englische Regierung verhielt sich ablehnend dagegen, während Napoleon III. sich dafür interessierte. Der Erfolg hing aber in erster Linie von einem zuverlässigen Material ab, besser als Guſseisen und billiger als Tiegelguſsstahl. Dies führte ihn zu den merkwürdigen Experimenten, aus der die segensreiche Er-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 901. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/917>, abgerufen am 17.11.2024.