erwarb am 31. Januar 1854 durch A. R. Brooman gleichfalls ein Patent (Nr. 243) für England, das aber verkauft wurde. Es dauerte nicht lange, so erhob sich ein heftiger Patentstreit zwischen den Besitzern des Riepeschen und des Bremmeschen Patentes 1).
Broomans Patentbeschreibung beginnt folgendermassen: "Wenn man Stahl im Puddelofen bei Kirschrotglut bereiten will, so scheidet sich der Kiesel nicht genügend von dem Metall, weil die Schlacke nicht flüssig genug wird, um unter dem Hammer ausgetrieben zu werden. Um dies zu erreichen, muss man Gelbglut, besser noch Weissglut anwenden." Nach dieser Methode arbeiteten Thomas Firth & Söhne zu Sheffield sehr bald mit Erfolg in grossem Mass- stabe und auch zu Ebbw-Vale puddelte man heiss. Um zu beweisen, dass Bremmes Patent identisch sei mit dem von Riepe, behauptete der schlaue Anwalt, der eine habe die Farbe der Glut im Sonnenlichte, der andere im Dunkel gemeint!
Eine verbesserte Einrichtung der Stahlpuddelöfen liess sich J. Spence patentieren (22. September 1858).
In Belgien nahm Seraing erst nach der Erfindung des Puddel- stahles (1850) die Stahlfabrikation in umfangreicher Weise auf. Tunner berichtet, dass 1851 zu Seraing und Sclessin die Tyres mit Puddelstahl belegt wurden. Sclessin hatte 1855 auf der Welt- ausstellung in Paris im Puddelofen erzeugtes körniges Gewehreisen, Puddelstahl und Tyres mit Puddelstahlbahnen ausgestellt.
In Frankreich war zwar bereits 1845 und 1846 von Morel, Petin & Gaudet die Puddelstahlbereitung versucht worden, aber ohne Erfolg. Der Einführung des Stahlpuddelns auf dem Eisenwerke in St. Maurice-Charenton (Gebr. Doe & Komp.) haben wir oben bereits Erwähnung gethan. Erst 1854 und 1855 wurde diese Fabrikation von deutschen Arbeitern auf den Loirehütten eingeführt 2). Von J. Holzer zu Unieux wurde sie 1855 ganz wie in Preussen betrieben.
In Österreich, wo die Frischstahlfabrikation ihre klassische Heimat hatte, schenkte man der Puddelstahlbereitung zunächst nur geringe Aufmerksamkeit; man sah in derselben nur eine unangenehme Kon- kurrenz für den heimischen Betrieb. Peter Tunner erkannte aber von Anfang an ihre Wichtigkeit auch für die österreichischen Alpenländer, deren Roheisen sich vorzüglich dafür eignete und war besonders seit
1) Siehe Berg- und hüttenm. Ztg. 1865, S. 97.
2) Siehe Tunners Jahrbuch 1853, S. 281.
Beck, Geschichte des Eisens. 57
Stahlbereitung 1851 bis 1860.
erwarb am 31. Januar 1854 durch A. R. Brooman gleichfalls ein Patent (Nr. 243) für England, das aber verkauft wurde. Es dauerte nicht lange, so erhob sich ein heftiger Patentstreit zwischen den Besitzern des Riepeschen und des Bremmeschen Patentes 1).
Broomans Patentbeschreibung beginnt folgendermaſsen: „Wenn man Stahl im Puddelofen bei Kirschrotglut bereiten will, so scheidet sich der Kiesel nicht genügend von dem Metall, weil die Schlacke nicht flüssig genug wird, um unter dem Hammer ausgetrieben zu werden. Um dies zu erreichen, muſs man Gelbglut, besser noch Weiſsglut anwenden.“ Nach dieser Methode arbeiteten Thomas Firth & Söhne zu Sheffield sehr bald mit Erfolg in groſsem Maſs- stabe und auch zu Ebbw-Vale puddelte man heiſs. Um zu beweisen, daſs Bremmes Patent identisch sei mit dem von Riepe, behauptete der schlaue Anwalt, der eine habe die Farbe der Glut im Sonnenlichte, der andere im Dunkel gemeint!
Eine verbesserte Einrichtung der Stahlpuddelöfen lieſs sich J. Spence patentieren (22. September 1858).
In Belgien nahm Seraing erst nach der Erfindung des Puddel- stahles (1850) die Stahlfabrikation in umfangreicher Weise auf. Tunner berichtet, daſs 1851 zu Seraing und Sclessin die Tyres mit Puddelstahl belegt wurden. Sclessin hatte 1855 auf der Welt- ausstellung in Paris im Puddelofen erzeugtes körniges Gewehreisen, Puddelstahl und Tyres mit Puddelstahlbahnen ausgestellt.
In Frankreich war zwar bereits 1845 und 1846 von Morel, Petin & Gaudet die Puddelstahlbereitung versucht worden, aber ohne Erfolg. Der Einführung des Stahlpuddelns auf dem Eisenwerke in St. Maurice-Charenton (Gebr. Doë & Komp.) haben wir oben bereits Erwähnung gethan. Erst 1854 und 1855 wurde diese Fabrikation von deutschen Arbeitern auf den Loirehütten eingeführt 2). Von J. Holzer zu Unieux wurde sie 1855 ganz wie in Preuſsen betrieben.
In Österreich, wo die Frischstahlfabrikation ihre klassische Heimat hatte, schenkte man der Puddelstahlbereitung zunächst nur geringe Aufmerksamkeit; man sah in derselben nur eine unangenehme Kon- kurrenz für den heimischen Betrieb. Peter Tunner erkannte aber von Anfang an ihre Wichtigkeit auch für die österreichischen Alpenländer, deren Roheisen sich vorzüglich dafür eignete und war besonders seit
1) Siehe Berg- und hüttenm. Ztg. 1865, S. 97.
2) Siehe Tunners Jahrbuch 1853, S. 281.
Beck, Geschichte des Eisens. 57
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[897/0913]
Stahlbereitung 1851 bis 1860.
erwarb am 31. Januar 1854 durch A. R. Brooman gleichfalls ein
Patent (Nr. 243) für England, das aber verkauft wurde. Es dauerte
nicht lange, so erhob sich ein heftiger Patentstreit zwischen den
Besitzern des Riepeschen und des Bremmeschen Patentes 1).
Broomans Patentbeschreibung beginnt folgendermaſsen: „Wenn
man Stahl im Puddelofen bei Kirschrotglut bereiten will, so scheidet
sich der Kiesel nicht genügend von dem Metall, weil die Schlacke
nicht flüssig genug wird, um unter dem Hammer ausgetrieben zu
werden. Um dies zu erreichen, muſs man Gelbglut, besser noch
Weiſsglut anwenden.“ Nach dieser Methode arbeiteten Thomas
Firth & Söhne zu Sheffield sehr bald mit Erfolg in groſsem Maſs-
stabe und auch zu Ebbw-Vale puddelte man heiſs. Um zu beweisen,
daſs Bremmes Patent identisch sei mit dem von Riepe, behauptete der
schlaue Anwalt, der eine habe die Farbe der Glut im Sonnenlichte,
der andere im Dunkel gemeint!
Eine verbesserte Einrichtung der Stahlpuddelöfen lieſs sich
J. Spence patentieren (22. September 1858).
In Belgien nahm Seraing erst nach der Erfindung des Puddel-
stahles (1850) die Stahlfabrikation in umfangreicher Weise auf.
Tunner berichtet, daſs 1851 zu Seraing und Sclessin die Tyres
mit Puddelstahl belegt wurden. Sclessin hatte 1855 auf der Welt-
ausstellung in Paris im Puddelofen erzeugtes körniges Gewehreisen,
Puddelstahl und Tyres mit Puddelstahlbahnen ausgestellt.
In Frankreich war zwar bereits 1845 und 1846 von Morel,
Petin & Gaudet die Puddelstahlbereitung versucht worden, aber
ohne Erfolg. Der Einführung des Stahlpuddelns auf dem Eisenwerke
in St. Maurice-Charenton (Gebr. Doë & Komp.) haben wir oben
bereits Erwähnung gethan. Erst 1854 und 1855 wurde diese
Fabrikation von deutschen Arbeitern auf den Loirehütten eingeführt 2).
Von J. Holzer zu Unieux wurde sie 1855 ganz wie in Preuſsen
betrieben.
In Österreich, wo die Frischstahlfabrikation ihre klassische Heimat
hatte, schenkte man der Puddelstahlbereitung zunächst nur geringe
Aufmerksamkeit; man sah in derselben nur eine unangenehme Kon-
kurrenz für den heimischen Betrieb. Peter Tunner erkannte aber von
Anfang an ihre Wichtigkeit auch für die österreichischen Alpenländer,
deren Roheisen sich vorzüglich dafür eignete und war besonders seit
1) Siehe Berg- und hüttenm. Ztg. 1865, S. 97.
2) Siehe Tunners Jahrbuch 1853, S. 281.
Beck, Geschichte des Eisens. 57
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 897. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/913>, abgerufen am 22.11.2024.
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