Orten hatte der Prozess keinen günstigen Erfolg, weil die Grundstoffe, aus denen das Produkt gebildet wurde, zu wechselnd waren. Ein Phosphorgehalt des Roheisens, sowie Schwefel und Silicium gingen grösstenteils in den Stahl über. Nur das reinste Roheisen war des- halb verwendbar. Der Anwendung als Massengussstahl, besonders für Eisenbahnmaterial und Maschinenfabrikation, wofür er hauptsächlich angepriesen wurde, standen die Gestehungskosten im Wege, welche durch den Verbrauch von Schmelztiegeln und die grossen Schmelz- kosten zu hoch wurden.
Die Fabrikation des Erzstahles nach dem Verfahren von Uchatius ist deshalb eine beschränkte geblieben.
Das Verfahren der Gussstahlbereitung, welches Oberstleutnant Obuchow 1859 auf Slatoustowskischen Hütten einführte, weicht nur insofern von dem Verfahren von Uchatius ab, als er seiner Mischung noch arsenige Säure zur Beförderung der Oxydation beifügte. Nach Wysokys Mitteilung machte Obuchow auf zweierlei Arten Stahl: 1. durch Zusammenschmelzen von Roheisen mit Stahl- und Eisen- abfällen, Magneteisenstein, schwarzem Schlich, Arsenik, Salpeter und Thon; 2. durch Zusammenschmelzen von Roheisen mit Magneteisen- stein und Arsenik ohne andere Beimengungen.
Obuchows Stahl wurde für Gewehrläufe verwendet und Ver- suche damit in St. Petersburg fielen sehr günstig aus.
Man setzte die grössten Erwartungen auf dies Verfahren und verglich den Obuchowstahl mit Krupps Gussstahl.
In einem Berichte von 1861 heisst es, die Zeit werde kommen, wo Obuchows Stahl grösseren Absatz im Auslande finden werde, als schwedisches und russisches Stabeisen.
Wie Reaumur schon auf die Erzstahlbereitung hingewiesen hatte, so hatte er auch das Glühfrischen, als ein beachtenswertes Verfahren der Stahlbereitung, geschildert. Diese Methode kam eben- falls in den 50er Jahren zur Anwendung.
Tunner hatte in seinem "wohlunterrichteten Hammermeister" 1846 auf das Glühfrischen aufmerksam gemacht.
Bremme versuchte dasselbe 1849 in Westfalen und Ewald Riepe erhielt am 29. Januar 1850 ein englisches Patent auf dieses Verfahren. Es sollte so ausgeführt werden, dass man entweder Stäbe von Guss- eisen mit Thon umkleidet in einem Flammofen lose aufschichtete und ein bis drei Tage lang der Rotglut aussetzte, oder dass man Stäbe aus Gusseisen in einen Cylinder über einer Feuerung einsetzte. Durch diesen Cylinder leitete man während des Glühens einen Luftstrom durch.
Stahlbereitung 1851 bis 1860.
Orten hatte der Prozeſs keinen günstigen Erfolg, weil die Grundstoffe, aus denen das Produkt gebildet wurde, zu wechselnd waren. Ein Phosphorgehalt des Roheisens, sowie Schwefel und Silicium gingen gröſstenteils in den Stahl über. Nur das reinste Roheisen war des- halb verwendbar. Der Anwendung als Massenguſsstahl, besonders für Eisenbahnmaterial und Maschinenfabrikation, wofür er hauptsächlich angepriesen wurde, standen die Gestehungskosten im Wege, welche durch den Verbrauch von Schmelztiegeln und die groſsen Schmelz- kosten zu hoch wurden.
Die Fabrikation des Erzstahles nach dem Verfahren von Uchatius ist deshalb eine beschränkte geblieben.
Das Verfahren der Guſsstahlbereitung, welches Oberstleutnant Obuchow 1859 auf Slatoustowskischen Hütten einführte, weicht nur insofern von dem Verfahren von Uchatius ab, als er seiner Mischung noch arsenige Säure zur Beförderung der Oxydation beifügte. Nach Wysokys Mitteilung machte Obuchow auf zweierlei Arten Stahl: 1. durch Zusammenschmelzen von Roheisen mit Stahl- und Eisen- abfällen, Magneteisenstein, schwarzem Schlich, Arsenik, Salpeter und Thon; 2. durch Zusammenschmelzen von Roheisen mit Magneteisen- stein und Arsenik ohne andere Beimengungen.
Obuchows Stahl wurde für Gewehrläufe verwendet und Ver- suche damit in St. Petersburg fielen sehr günstig aus.
Man setzte die gröſsten Erwartungen auf dies Verfahren und verglich den Obuchowstahl mit Krupps Guſsstahl.
In einem Berichte von 1861 heiſst es, die Zeit werde kommen, wo Obuchows Stahl gröſseren Absatz im Auslande finden werde, als schwedisches und russisches Stabeisen.
Wie Reaumur schon auf die Erzstahlbereitung hingewiesen hatte, so hatte er auch das Glühfrischen, als ein beachtenswertes Verfahren der Stahlbereitung, geschildert. Diese Methode kam eben- falls in den 50er Jahren zur Anwendung.
Tunner hatte in seinem „wohlunterrichteten Hammermeister“ 1846 auf das Glühfrischen aufmerksam gemacht.
Bremme versuchte dasselbe 1849 in Westfalen und Ewald Riepe erhielt am 29. Januar 1850 ein englisches Patent auf dieses Verfahren. Es sollte so ausgeführt werden, daſs man entweder Stäbe von Guſs- eisen mit Thon umkleidet in einem Flammofen lose aufschichtete und ein bis drei Tage lang der Rotglut aussetzte, oder daſs man Stäbe aus Guſseisen in einen Cylinder über einer Feuerung einsetzte. Durch diesen Cylinder leitete man während des Glühens einen Luftstrom durch.
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Phosphorgehalt des Roheisens, sowie Schwefel und Silicium gingen
gröſstenteils in den Stahl über. Nur das reinste Roheisen war des-
halb verwendbar. Der Anwendung als Massenguſsstahl, besonders für
Eisenbahnmaterial und Maschinenfabrikation, wofür er hauptsächlich
angepriesen wurde, standen die Gestehungskosten im Wege, welche
durch den Verbrauch von Schmelztiegeln und die groſsen Schmelz-
kosten zu hoch wurden.
Die Fabrikation des Erzstahles nach dem Verfahren von
Uchatius ist deshalb eine beschränkte geblieben.
Das Verfahren der Guſsstahlbereitung, welches Oberstleutnant
Obuchow 1859 auf Slatoustowskischen Hütten einführte, weicht nur
insofern von dem Verfahren von Uchatius ab, als er seiner Mischung
noch arsenige Säure zur Beförderung der Oxydation beifügte. Nach
Wysokys Mitteilung machte Obuchow auf zweierlei Arten Stahl:
1. durch Zusammenschmelzen von Roheisen mit Stahl- und Eisen-
abfällen, Magneteisenstein, schwarzem Schlich, Arsenik, Salpeter und
Thon; 2. durch Zusammenschmelzen von Roheisen mit Magneteisen-
stein und Arsenik ohne andere Beimengungen.
Obuchows Stahl wurde für Gewehrläufe verwendet und Ver-
suche damit in St. Petersburg fielen sehr günstig aus.
Man setzte die gröſsten Erwartungen auf dies Verfahren und
verglich den Obuchowstahl mit Krupps Guſsstahl.
In einem Berichte von 1861 heiſst es, die Zeit werde kommen,
wo Obuchows Stahl gröſseren Absatz im Auslande finden werde, als
schwedisches und russisches Stabeisen.
Wie Reaumur schon auf die Erzstahlbereitung hingewiesen
hatte, so hatte er auch das Glühfrischen, als ein beachtenswertes
Verfahren der Stahlbereitung, geschildert. Diese Methode kam eben-
falls in den 50er Jahren zur Anwendung.
Tunner hatte in seinem „wohlunterrichteten Hammermeister“
1846 auf das Glühfrischen aufmerksam gemacht.
Bremme versuchte dasselbe 1849 in Westfalen und Ewald Riepe
erhielt am 29. Januar 1850 ein englisches Patent auf dieses Verfahren.
Es sollte so ausgeführt werden, daſs man entweder Stäbe von Guſs-
eisen mit Thon umkleidet in einem Flammofen lose aufschichtete und
ein bis drei Tage lang der Rotglut aussetzte, oder daſs man Stäbe aus
Guſseisen in einen Cylinder über einer Feuerung einsetzte. Durch
diesen Cylinder leitete man während des Glühens einen Luftstrom durch.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 893. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/909>, abgerufen am 23.11.2024.
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