Eisenbahnschienen. Die Pressstücke wurden in Schweissherden mit Holzkohlen erhitzt und ausgeschmiedet.
Die Reduktion mit Gas bewährte sich indessen nicht. Die Öfen für die Reduktion mit Holzkohlen waren ähnlich, nur einfacher. Der zu Clichy war 13 m hoch, die äusseren Feuerungen lagen 7 m unter der Gicht.
Die Öfen zu Hautmont bestanden aus rechteckigen, vertikalen Kammern, 2 m lang, 0,50 m breit und 8,50 m hoch, die sich nach unten etwas erweiterten und Ähnlichkeit mit den Appoltschen Koks- öfen hatten 1). Man verarbeitete spanische Erze von Sommorostro, die durchschnittlich 55 Proz. Eisen enthielten.
Nach Chenots Angaben sollten die Unreinigkeiten durch den Schweissprozess gänzlich abgeschieden werden. Dies gelang aber so unvollkommen, dass man die oben beschriebene Eisenbereitung mit der Zeit aufgab und nur noch Gussstahl zu machen suchte. Hierfür war die richtige Kohlung des Schwammes von besonderer Wichtig- keit. Chenot suchte diese dadurch zu bewirken, dass er den in den Retorten reduzierten abgekühlten Schwamm in Öl, Teer oder ähn- liche Substanzen eintauchte, ihn nach Bedürfnis damit tränkte und den Überschuss durch Destillation entfernte (Patent vom 20. März 1854). Auch dies Verfahren bewährte sich in der Praxis nicht, man mischte deshalb den gemahlenen Eisenschwamm mit Holzkohlen sowie mit Braunstein und Flussmittel, presste das Gemisch in Formen und zerschlug die gepresste Masse in Stücke, die man im Schmelztiegel zu Gussstahl verschmolz. Hierbei sollten die Unreinigkeiten in eine dünnflüssige Schlacke übergehen, die auf dem Stahl schwamm und leicht abgezogen werden konnte.
Chenots Prozess, in der Theorie sehr einleuchtend, hatte in der Praxis wenig Erfolg. Er erforderte so reine Erze, wie sie kaum irgendwo dauernd zu beschaffen waren; das erhaltene Produkt war ungleich, unrein und unzuverlässig und die Kosten waren zu gross. Tunner hatte dies alles von Anfang an richtig erkannt und voraus- gesagt. Aber die scheinbare Einfachheit des Verfahrens, das Bedürfnis nach einem billigen Gussstahl und die grossartige Reklame verblendete viele, so dass Chenots Prozess der Stahlbereitung das grösste Auf- sehen und die grössten Erwartungen während der 50er Jahre erregte.
Chenots Stahlprozess regte aber mancherlei Verbesserungen und ähnliche Erfindungen an. A. E. L. Bellford nahm im April 1854 in
1) Vergl. Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. 1, S. 584.
Stahlbereitung 1851 bis 1860.
Eisenbahnschienen. Die Preſsstücke wurden in Schweiſsherden mit Holzkohlen erhitzt und ausgeschmiedet.
Die Reduktion mit Gas bewährte sich indessen nicht. Die Öfen für die Reduktion mit Holzkohlen waren ähnlich, nur einfacher. Der zu Clichy war 13 m hoch, die äuſseren Feuerungen lagen 7 m unter der Gicht.
Die Öfen zu Hautmont bestanden aus rechteckigen, vertikalen Kammern, 2 m lang, 0,50 m breit und 8,50 m hoch, die sich nach unten etwas erweiterten und Ähnlichkeit mit den Appoltschen Koks- öfen hatten 1). Man verarbeitete spanische Erze von Sommorostro, die durchschnittlich 55 Proz. Eisen enthielten.
Nach Chenots Angaben sollten die Unreinigkeiten durch den Schweiſsprozeſs gänzlich abgeschieden werden. Dies gelang aber so unvollkommen, daſs man die oben beschriebene Eisenbereitung mit der Zeit aufgab und nur noch Guſsstahl zu machen suchte. Hierfür war die richtige Kohlung des Schwammes von besonderer Wichtig- keit. Chenot suchte diese dadurch zu bewirken, daſs er den in den Retorten reduzierten abgekühlten Schwamm in Öl, Teer oder ähn- liche Substanzen eintauchte, ihn nach Bedürfnis damit tränkte und den Überschuſs durch Destillation entfernte (Patent vom 20. März 1854). Auch dies Verfahren bewährte sich in der Praxis nicht, man mischte deshalb den gemahlenen Eisenschwamm mit Holzkohlen sowie mit Braunstein und Fluſsmittel, preſste das Gemisch in Formen und zerschlug die gepreſste Masse in Stücke, die man im Schmelztiegel zu Guſsstahl verschmolz. Hierbei sollten die Unreinigkeiten in eine dünnflüssige Schlacke übergehen, die auf dem Stahl schwamm und leicht abgezogen werden konnte.
Chenots Prozeſs, in der Theorie sehr einleuchtend, hatte in der Praxis wenig Erfolg. Er erforderte so reine Erze, wie sie kaum irgendwo dauernd zu beschaffen waren; das erhaltene Produkt war ungleich, unrein und unzuverlässig und die Kosten waren zu groſs. Tunner hatte dies alles von Anfang an richtig erkannt und voraus- gesagt. Aber die scheinbare Einfachheit des Verfahrens, das Bedürfnis nach einem billigen Guſsstahl und die groſsartige Reklame verblendete viele, so daſs Chenots Prozeſs der Stahlbereitung das gröſste Auf- sehen und die gröſsten Erwartungen während der 50er Jahre erregte.
Chenots Stahlprozeſs regte aber mancherlei Verbesserungen und ähnliche Erfindungen an. A. E. L. Bellford nahm im April 1854 in
1) Vergl. Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. 1, S. 584.
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Stahlbereitung 1851 bis 1860.
Eisenbahnschienen. Die Preſsstücke wurden in Schweiſsherden mit
Holzkohlen erhitzt und ausgeschmiedet.
Die Reduktion mit Gas bewährte sich indessen nicht. Die Öfen für
die Reduktion mit Holzkohlen waren ähnlich, nur einfacher. Der zu
Clichy war 13 m hoch, die äuſseren Feuerungen lagen 7 m unter der
Gicht.
Die Öfen zu Hautmont bestanden aus rechteckigen, vertikalen
Kammern, 2 m lang, 0,50 m breit und 8,50 m hoch, die sich nach
unten etwas erweiterten und Ähnlichkeit mit den Appoltschen Koks-
öfen hatten 1). Man verarbeitete spanische Erze von Sommorostro, die
durchschnittlich 55 Proz. Eisen enthielten.
Nach Chenots Angaben sollten die Unreinigkeiten durch den
Schweiſsprozeſs gänzlich abgeschieden werden. Dies gelang aber so
unvollkommen, daſs man die oben beschriebene Eisenbereitung mit
der Zeit aufgab und nur noch Guſsstahl zu machen suchte. Hierfür
war die richtige Kohlung des Schwammes von besonderer Wichtig-
keit. Chenot suchte diese dadurch zu bewirken, daſs er den in den
Retorten reduzierten abgekühlten Schwamm in Öl, Teer oder ähn-
liche Substanzen eintauchte, ihn nach Bedürfnis damit tränkte und
den Überschuſs durch Destillation entfernte (Patent vom 20. März
1854). Auch dies Verfahren bewährte sich in der Praxis nicht, man
mischte deshalb den gemahlenen Eisenschwamm mit Holzkohlen sowie
mit Braunstein und Fluſsmittel, preſste das Gemisch in Formen und
zerschlug die gepreſste Masse in Stücke, die man im Schmelztiegel
zu Guſsstahl verschmolz. Hierbei sollten die Unreinigkeiten in eine
dünnflüssige Schlacke übergehen, die auf dem Stahl schwamm und
leicht abgezogen werden konnte.
Chenots Prozeſs, in der Theorie sehr einleuchtend, hatte in
der Praxis wenig Erfolg. Er erforderte so reine Erze, wie sie kaum
irgendwo dauernd zu beschaffen waren; das erhaltene Produkt war
ungleich, unrein und unzuverlässig und die Kosten waren zu groſs.
Tunner hatte dies alles von Anfang an richtig erkannt und voraus-
gesagt. Aber die scheinbare Einfachheit des Verfahrens, das Bedürfnis
nach einem billigen Guſsstahl und die groſsartige Reklame verblendete
viele, so daſs Chenots Prozeſs der Stahlbereitung das gröſste Auf-
sehen und die gröſsten Erwartungen während der 50er Jahre erregte.
Chenots Stahlprozeſs regte aber mancherlei Verbesserungen und
ähnliche Erfindungen an. A. E. L. Bellford nahm im April 1854 in
1) Vergl. Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. 1, S. 584.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 887. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/903>, abgerufen am 22.11.2024.
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