wurde auf eine Trommel aufgewunden, der Drahtkranz schnell ab- genommen und in einen Kühlcylinder zum langsamen Abkühlen gebracht. Das Auswalzen eines Drahtes von 130 bis 150 Fuss Länge dauerte höchstens 51/4 Minuten.
Aus Auguste Gillons Bericht über die Drahtfabrikation in Belgien 1) 1855 teilen wir folgendes mit.
Man verarbeitete ein gutes graues Roheisen in einem Puddelofen, dessen Herdwände mit oolithischem Eisenglanz ausgekleidet waren. Man walzte den Draht in dem Schnellwalzwerke in der Regel bis 0,0045 m Dicke. Telegraphendraht walzte man bis 4 mm und zog ihn dann nur einmal durch ein Zieheisen. Viele Walzwerke konnten aber nur bis 51/2 mm Stärke walzen. Der ausgeglühte und abgekühlte Walzdraht wurde in mit Blei ausgeschlagenen Bottichen in verdünnte Schwefelsäure (3 kg Säure auf 250 kg Wasser) gelegt und 20 bis 30 Minuten mit Dampf erhitzt. Die anhaftende Säure entfernte man alsdann durch Eintauchen in Kalkwasser. Das Ziehen geschah mit der Rolle. In England stand hierbei das Zieheisen in einem Ölbade. Um dem Draht Glanz und helle Farbe zu geben, zog man ihn nass, d. h. man legte den Drahtring auf einen Haspel, der in einen Trog eintauchte, welcher Wasser, Bierhefe, etwas Schwefelsäure oder Kupfer- vitriol enthielt. Nach mehrmaligem Durchziehen musste der Draht geglüht werden. Dies geschah in Blechcylindern, die 1500 bis 1800 Ringe fassten und mit Deckeln, die man mit Lehm verschmierte, geschlossen wurden. Hierin wurden sie 4 Stunden geglüht, wobei 200 bis 250 kg Steinkohlen verbrannt wurden. Das Abkühlen dauerte 18 Stunden. Dieser unterbrochene Betrieb war unvorteilhaft. Cocker in Liverpool baute deshalb einen Glühofen, der aus einem starken, gusseisernen Cylinder bestand und in horizontaler Lage eingemauert war. Beide Enden wurden durch senkrechte Schiebethüren verschlossen. Die Drahtringe hingen an einer beweglichen Kette ohne Ende, welche durch den Cylinder ging.
Bemerkenswert ist, dass damals in Amerika bereits excentrische Kegelwalzwerke in Vorschlag gebracht wurden 2).
In Deutschland legte H. Thomee zu Ütterlingsen 1852/53 ein Drahtwalzwerk mit getrennten Vor- und Fertigwalzen an. Die Vor- walzen hatten 235 mm Durchmesser und machten 200 bis 250 Um- gänge, die Walzen der vier Paar Fertigwalzen hatten 210 mm Durch-
1) Siehe Revue universelle, vol. 2, p. 51. Dinglers polyt. Journ., Bd. 147, S. 26.
2) Siehe Berg- u. hüttenm. Ztg. 1851, S. 694.
Beck, Geschichte des Eisens. 56
Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.
wurde auf eine Trommel aufgewunden, der Drahtkranz schnell ab- genommen und in einen Kühlcylinder zum langsamen Abkühlen gebracht. Das Auswalzen eines Drahtes von 130 bis 150 Fuſs Länge dauerte höchstens 5¼ Minuten.
Aus Auguste Gillons Bericht über die Drahtfabrikation in Belgien 1) 1855 teilen wir folgendes mit.
Man verarbeitete ein gutes graues Roheisen in einem Puddelofen, dessen Herdwände mit oolithischem Eisenglanz ausgekleidet waren. Man walzte den Draht in dem Schnellwalzwerke in der Regel bis 0,0045 m Dicke. Telegraphendraht walzte man bis 4 mm und zog ihn dann nur einmal durch ein Zieheisen. Viele Walzwerke konnten aber nur bis 5½ mm Stärke walzen. Der ausgeglühte und abgekühlte Walzdraht wurde in mit Blei ausgeschlagenen Bottichen in verdünnte Schwefelsäure (3 kg Säure auf 250 kg Wasser) gelegt und 20 bis 30 Minuten mit Dampf erhitzt. Die anhaftende Säure entfernte man alsdann durch Eintauchen in Kalkwasser. Das Ziehen geschah mit der Rolle. In England stand hierbei das Zieheisen in einem Ölbade. Um dem Draht Glanz und helle Farbe zu geben, zog man ihn naſs, d. h. man legte den Drahtring auf einen Haspel, der in einen Trog eintauchte, welcher Wasser, Bierhefe, etwas Schwefelsäure oder Kupfer- vitriol enthielt. Nach mehrmaligem Durchziehen muſste der Draht geglüht werden. Dies geschah in Blechcylindern, die 1500 bis 1800 Ringe faſsten und mit Deckeln, die man mit Lehm verschmierte, geschlossen wurden. Hierin wurden sie 4 Stunden geglüht, wobei 200 bis 250 kg Steinkohlen verbrannt wurden. Das Abkühlen dauerte 18 Stunden. Dieser unterbrochene Betrieb war unvorteilhaft. Cocker in Liverpool baute deshalb einen Glühofen, der aus einem starken, guſseisernen Cylinder bestand und in horizontaler Lage eingemauert war. Beide Enden wurden durch senkrechte Schiebethüren verschlossen. Die Drahtringe hingen an einer beweglichen Kette ohne Ende, welche durch den Cylinder ging.
Bemerkenswert ist, daſs damals in Amerika bereits excentrische Kegelwalzwerke in Vorschlag gebracht wurden 2).
In Deutschland legte H. Thomée zu Ütterlingsen 1852/53 ein Drahtwalzwerk mit getrennten Vor- und Fertigwalzen an. Die Vor- walzen hatten 235 mm Durchmesser und machten 200 bis 250 Um- gänge, die Walzen der vier Paar Fertigwalzen hatten 210 mm Durch-
1) Siehe Revue universelle, vol. 2, p. 51. Dinglers polyt. Journ., Bd. 147, S. 26.
2) Siehe Berg- u. hüttenm. Ztg. 1851, S. 694.
Beck, Geschichte des Eisens. 56
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Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.
wurde auf eine Trommel aufgewunden, der Drahtkranz schnell ab-
genommen und in einen Kühlcylinder zum langsamen Abkühlen
gebracht. Das Auswalzen eines Drahtes von 130 bis 150 Fuſs Länge
dauerte höchstens 5¼ Minuten.
Aus Auguste Gillons Bericht über die Drahtfabrikation in
Belgien 1) 1855 teilen wir folgendes mit.
Man verarbeitete ein gutes graues Roheisen in einem Puddelofen,
dessen Herdwände mit oolithischem Eisenglanz ausgekleidet waren.
Man walzte den Draht in dem Schnellwalzwerke in der Regel bis
0,0045 m Dicke. Telegraphendraht walzte man bis 4 mm und zog
ihn dann nur einmal durch ein Zieheisen. Viele Walzwerke konnten
aber nur bis 5½ mm Stärke walzen. Der ausgeglühte und abgekühlte
Walzdraht wurde in mit Blei ausgeschlagenen Bottichen in verdünnte
Schwefelsäure (3 kg Säure auf 250 kg Wasser) gelegt und 20 bis
30 Minuten mit Dampf erhitzt. Die anhaftende Säure entfernte man
alsdann durch Eintauchen in Kalkwasser. Das Ziehen geschah mit
der Rolle. In England stand hierbei das Zieheisen in einem Ölbade.
Um dem Draht Glanz und helle Farbe zu geben, zog man ihn naſs,
d. h. man legte den Drahtring auf einen Haspel, der in einen Trog
eintauchte, welcher Wasser, Bierhefe, etwas Schwefelsäure oder Kupfer-
vitriol enthielt. Nach mehrmaligem Durchziehen muſste der Draht
geglüht werden. Dies geschah in Blechcylindern, die 1500 bis
1800 Ringe faſsten und mit Deckeln, die man mit Lehm verschmierte,
geschlossen wurden. Hierin wurden sie 4 Stunden geglüht, wobei
200 bis 250 kg Steinkohlen verbrannt wurden. Das Abkühlen dauerte
18 Stunden. Dieser unterbrochene Betrieb war unvorteilhaft. Cocker
in Liverpool baute deshalb einen Glühofen, der aus einem starken,
guſseisernen Cylinder bestand und in horizontaler Lage eingemauert
war. Beide Enden wurden durch senkrechte Schiebethüren verschlossen.
Die Drahtringe hingen an einer beweglichen Kette ohne Ende, welche
durch den Cylinder ging.
Bemerkenswert ist, daſs damals in Amerika bereits excentrische
Kegelwalzwerke in Vorschlag gebracht wurden 2).
In Deutschland legte H. Thomée zu Ütterlingsen 1852/53 ein
Drahtwalzwerk mit getrennten Vor- und Fertigwalzen an. Die Vor-
walzen hatten 235 mm Durchmesser und machten 200 bis 250 Um-
gänge, die Walzen der vier Paar Fertigwalzen hatten 210 mm Durch-
1) Siehe Revue universelle, vol. 2, p. 51. Dinglers polyt. Journ., Bd. 147, S. 26.
2) Siehe Berg- u. hüttenm. Ztg. 1851, S. 694.
Beck, Geschichte des Eisens. 56
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 881. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/897>, abgerufen am 22.11.2024.
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