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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.
Deutschland (F. Krupp). Zum Walzen dieser nahtlosen Ringe (helical
coils, weldless hoops) erfanden Jackson, Petin, Gaudet & Komp.
ein sehr sinnreiches Walzwerk 1). Es war dies ein sogenanntes Kopf-
walzwerk
. Der Ring lag dabei auf einem horizontalen Gestelle. Zwei
vertikale Triebrollen und zwei horizontale Schlepprollen bildeten
zusammen den Querschnitt der Bandage. Diese wurde zwischen die
vier Rollen eingelegt, von diesen beim Anlassen der Maschine gepackt
und unter beständiger Rotation durch successives Andrehen der oberen
Schlepprolle und besonders der verschiebbaren Triebrolle allmählich
ausgewalzt. Der Ring bewegte sich dabei auf einer horizontalen Eisen-
platte zwischen Leitrollen.

Dieses Verfahren wurde am 27. August 1855 von William
Johnson
für Jackson Brothers, Petin, Gaudet & Komp. in
England patentiert (Nr. 1940).

Eine sehr wichtige Verbesserung, wodurch jede Schweissnaht ver-
mieden wurde, führte Fr. Krupp 1853 bei der Herstellung seiner
Stahltyres ein. Er bohrte in den vorgeschmiedeten Stahlblock zwei
Löcher, verband diese durch einen Sägeschnitt und erweiterte dann
den so gebildeten Schlitz bis zur Kreisform, worauf er den Ring aus-
walzte.

Wir verweisen noch auf ein von Kudernatsch in Österreich
angegebenes Verfahren zur Anfertigung der Tyres 2).

Thornycroft in Wolverhampton machte den äusseren Teil der
Bandagen aus Holzkohlenfrischeisen, wofür dann Tunner zu Neuberg
in Steiermark mit Erfolg Puddelstahl nahm.

Die Fabrikation der Eisenbahnschienen gewann immer grössere
Verbreitung und Umfang. Es war ganz allgemein üblich und zu
einer Lieferungsbedingung aller Eisenbahnen geworden, dass der Kopf
der Schiene aus hartem, krystallinischem Eisen, Steg und Fuss aus
sehnigem Eisen hergestellt wurden 3).

Der grösste Missstand bei den Eisenbahnschienen war immer,
dass die Schweissung der Längsstäbe schwierig war und die Schienen
infolgedessen oft der Länge nach splitterten. Um dies zu ver-
meiden, erfand C. Harrat eine Maschine, welche ein um einige Längs-

1) Siehe Armengaud, Publ. industr., Bd. 7, S. 494. Practical Mechanics
Journ., April 1856. Dinglers polyt. Journ., Bd. 141, S. 417.
2) Berg- u. hüttenm. Ztg. 1853, S. 142.
3) Über die Schienenfabrikation in England siehe Röhrig, Berg- u. hüttenm.
Ztg. 1854, Nr. 18; 1855, Nr. 5 u. 6; in Frankreich siehe Curtel, Revue univer-
selle, vol. 2, p. 302; in Österreich siehe G. Lindauer, Österr. Zeitschr. f. Berg-
u. Hüttenw. 1857, Nr. 16 u. 17.

Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860.
Deutschland (F. Krupp). Zum Walzen dieser nahtlosen Ringe (helical
coils, weldless hoops) erfanden Jackson, Petin, Gaudet & Komp.
ein sehr sinnreiches Walzwerk 1). Es war dies ein sogenanntes Kopf-
walzwerk
. Der Ring lag dabei auf einem horizontalen Gestelle. Zwei
vertikale Triebrollen und zwei horizontale Schlepprollen bildeten
zusammen den Querschnitt der Bandage. Diese wurde zwischen die
vier Rollen eingelegt, von diesen beim Anlassen der Maschine gepackt
und unter beständiger Rotation durch successives Andrehen der oberen
Schlepprolle und besonders der verschiebbaren Triebrolle allmählich
ausgewalzt. Der Ring bewegte sich dabei auf einer horizontalen Eisen-
platte zwischen Leitrollen.

Dieses Verfahren wurde am 27. August 1855 von William
Johnson
für Jackson Brothers, Petin, Gaudet & Komp. in
England patentiert (Nr. 1940).

Eine sehr wichtige Verbesserung, wodurch jede Schweiſsnaht ver-
mieden wurde, führte Fr. Krupp 1853 bei der Herstellung seiner
Stahltyres ein. Er bohrte in den vorgeschmiedeten Stahlblock zwei
Löcher, verband diese durch einen Sägeschnitt und erweiterte dann
den so gebildeten Schlitz bis zur Kreisform, worauf er den Ring aus-
walzte.

Wir verweisen noch auf ein von Kudernatsch in Österreich
angegebenes Verfahren zur Anfertigung der Tyres 2).

Thornycroft in Wolverhampton machte den äuſseren Teil der
Bandagen aus Holzkohlenfrischeisen, wofür dann Tunner zu Neuberg
in Steiermark mit Erfolg Puddelstahl nahm.

Die Fabrikation der Eisenbahnschienen gewann immer gröſsere
Verbreitung und Umfang. Es war ganz allgemein üblich und zu
einer Lieferungsbedingung aller Eisenbahnen geworden, daſs der Kopf
der Schiene aus hartem, krystallinischem Eisen, Steg und Fuſs aus
sehnigem Eisen hergestellt wurden 3).

Der gröſste Miſsstand bei den Eisenbahnschienen war immer,
daſs die Schweiſsung der Längsstäbe schwierig war und die Schienen
infolgedessen oft der Länge nach splitterten. Um dies zu ver-
meiden, erfand C. Harrat eine Maschine, welche ein um einige Längs-

1) Siehe Armengaud, Publ. industr., Bd. 7, S. 494. Practical Mechanics
Journ., April 1856. Dinglers polyt. Journ., Bd. 141, S. 417.
2) Berg- u. hüttenm. Ztg. 1853, S. 142.
3) Über die Schienenfabrikation in England siehe Röhrig, Berg- u. hüttenm.
Ztg. 1854, Nr. 18; 1855, Nr. 5 u. 6; in Frankreich siehe Curtel, Revue univer-
selle, vol. 2, p. 302; in Österreich siehe G. Lindauer, Österr. Zeitschr. f. Berg-
u. Hüttenw. 1857, Nr. 16 u. 17.
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[875/0891] Mechanische Bearbeitung 1851 bis 1860. Deutschland (F. Krupp). Zum Walzen dieser nahtlosen Ringe (helical coils, weldless hoops) erfanden Jackson, Petin, Gaudet & Komp. ein sehr sinnreiches Walzwerk 1). Es war dies ein sogenanntes Kopf- walzwerk. Der Ring lag dabei auf einem horizontalen Gestelle. Zwei vertikale Triebrollen und zwei horizontale Schlepprollen bildeten zusammen den Querschnitt der Bandage. Diese wurde zwischen die vier Rollen eingelegt, von diesen beim Anlassen der Maschine gepackt und unter beständiger Rotation durch successives Andrehen der oberen Schlepprolle und besonders der verschiebbaren Triebrolle allmählich ausgewalzt. Der Ring bewegte sich dabei auf einer horizontalen Eisen- platte zwischen Leitrollen. Dieses Verfahren wurde am 27. August 1855 von William Johnson für Jackson Brothers, Petin, Gaudet & Komp. in England patentiert (Nr. 1940). Eine sehr wichtige Verbesserung, wodurch jede Schweiſsnaht ver- mieden wurde, führte Fr. Krupp 1853 bei der Herstellung seiner Stahltyres ein. Er bohrte in den vorgeschmiedeten Stahlblock zwei Löcher, verband diese durch einen Sägeschnitt und erweiterte dann den so gebildeten Schlitz bis zur Kreisform, worauf er den Ring aus- walzte. Wir verweisen noch auf ein von Kudernatsch in Österreich angegebenes Verfahren zur Anfertigung der Tyres 2). Thornycroft in Wolverhampton machte den äuſseren Teil der Bandagen aus Holzkohlenfrischeisen, wofür dann Tunner zu Neuberg in Steiermark mit Erfolg Puddelstahl nahm. Die Fabrikation der Eisenbahnschienen gewann immer gröſsere Verbreitung und Umfang. Es war ganz allgemein üblich und zu einer Lieferungsbedingung aller Eisenbahnen geworden, daſs der Kopf der Schiene aus hartem, krystallinischem Eisen, Steg und Fuſs aus sehnigem Eisen hergestellt wurden 3). Der gröſste Miſsstand bei den Eisenbahnschienen war immer, daſs die Schweiſsung der Längsstäbe schwierig war und die Schienen infolgedessen oft der Länge nach splitterten. Um dies zu ver- meiden, erfand C. Harrat eine Maschine, welche ein um einige Längs- 1) Siehe Armengaud, Publ. industr., Bd. 7, S. 494. Practical Mechanics Journ., April 1856. Dinglers polyt. Journ., Bd. 141, S. 417. 2) Berg- u. hüttenm. Ztg. 1853, S. 142. 3) Über die Schienenfabrikation in England siehe Röhrig, Berg- u. hüttenm. Ztg. 1854, Nr. 18; 1855, Nr. 5 u. 6; in Frankreich siehe Curtel, Revue univer- selle, vol. 2, p. 302; in Österreich siehe G. Lindauer, Österr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenw. 1857, Nr. 16 u. 17.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 875. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/891>, abgerufen am 22.11.2024.