Nach dem Kriege von 1866 fiel der hannoversche Anteil der Gittelder Hütte mit den übrigen Harzhütten an Preussen. 1868 wurde die Gittelder Eisenhütte verkauft und zu anderweitigen Fabrikzwecken verwendet. Bei dieser Gelegenheit verzichtete die preussisch-braun- schweigische Kommunionharz-Verwaltung sowohl auf das Vorrecht der Verhüttung der Iberger Eisenerze, wie auch auf das von ihr aus- geübte Regalrecht.
Dies war das Ende der berühmten Eisenhütte bei Gittelde, welche fast drei Jahrhunderte lang mit Auszeichnung ihren Betrieb geführt hatte. Sie verschwand infolge der veränderten Betriebsbedingungen und ihr Untergang bietet ein Beispiel für viele hundert ähnliche Fälle.
Das Königreich Sachsen besass zwar die reichen, altbekannten Steinkohlenlager bei Zwickau, aber man hatte bis Ende der 40er Jahre nicht daran gedacht, dieselben für den Hochofenbetrieb nutzbar zu machen. Erst um 1840 wurde die Anlage eines Hüttenwerkes für Steinkohlenbetrieb den Fortschritten der Technik entsprechend ins Auge gefasst, und so entstand die Königin Marienhütte zu Kainsdorf bei Zwickau, deren erster Hochofen am 2. Juni 1843 angeblasen wurde. Damit war der Koksbetrieb in Sachsen eröffnet. Aber die Gesellschaft machte schlechte Geschäfte und hätte wohl Ende 1843 fallieren müssen, wenn die Herren Gebrüder von Arnim auf Planitz und Crossen das Werk nicht gegen eine jährliche Pacht von 16000 Thaler bis zum 1. Januar 1847 übernommen hätten.
1839 zählte man dagegen noch 19 bis 20 Holzkohlenhochöfen im Königreich, von denen die meisten zwischen Schneeberg und Johann- Georgenstadt im Erzgebirge gelegen waren. Auf einigen, wie nament- lich auf der Hütte Morgenröte, hatte man erhitzten Wind beim Hoch- ofenbetrieb eingeführt. Das Roheisen der sächsischen Hochöfen wurde grossenteils zu Gusswaren verwendet. Von den 4750 Tonnen, welche die Hochöfen lieferten, waren 1250 Tonnen Gusswaren. Die Stabeisen- produktion betrug etwa 2250 Tonnen. 1837 bis 1839 war die Eisenbahn von Leipzig nach Dresden, die erste grössere Bahnlinie Deutschlands, erbaut worden, dieser folgte 1841 bis 1845 die sächsische Staatsbahn von Leipzig über Altenburg und Crimmitschau nach Zwickau. Diese Bahn trug viel zum Aufblühen der sächsischen Eisenindustrie bei.
Im Jahre 1848 produzierte das Königreich 5734 Tonnen Roh- und Gusseisen mit Holzkohlen, 1325 Tonnen mit Koks und 1825 Ton- nen Gusswaren erster Schmelzung, davon 55 Tonnen mit Koks; ferner 2660 Tonnen gröberes, 700 Tonnen feineres Stab- und Zeugeisen, davon 1320 Tonnen mit Steinkohlen; 400 Tonnen Blech und 91/4 Tonnen
Beck, Geschichte des Eisens. 46
Auſserpreuſsische deutsche Staaten 1831 bis 1850.
Nach dem Kriege von 1866 fiel der hannoversche Anteil der Gittelder Hütte mit den übrigen Harzhütten an Preuſsen. 1868 wurde die Gittelder Eisenhütte verkauft und zu anderweitigen Fabrikzwecken verwendet. Bei dieser Gelegenheit verzichtete die preuſsisch-braun- schweigische Kommunionharz-Verwaltung sowohl auf das Vorrecht der Verhüttung der Iberger Eisenerze, wie auch auf das von ihr aus- geübte Regalrecht.
Dies war das Ende der berühmten Eisenhütte bei Gittelde, welche fast drei Jahrhunderte lang mit Auszeichnung ihren Betrieb geführt hatte. Sie verschwand infolge der veränderten Betriebsbedingungen und ihr Untergang bietet ein Beispiel für viele hundert ähnliche Fälle.
Das Königreich Sachsen besaſs zwar die reichen, altbekannten Steinkohlenlager bei Zwickau, aber man hatte bis Ende der 40er Jahre nicht daran gedacht, dieselben für den Hochofenbetrieb nutzbar zu machen. Erst um 1840 wurde die Anlage eines Hüttenwerkes für Steinkohlenbetrieb den Fortschritten der Technik entsprechend ins Auge gefaſst, und so entstand die Königin Marienhütte zu Kainsdorf bei Zwickau, deren erster Hochofen am 2. Juni 1843 angeblasen wurde. Damit war der Koksbetrieb in Sachsen eröffnet. Aber die Gesellschaft machte schlechte Geschäfte und hätte wohl Ende 1843 fallieren müssen, wenn die Herren Gebrüder von Arnim auf Planitz und Crossen das Werk nicht gegen eine jährliche Pacht von 16000 Thaler bis zum 1. Januar 1847 übernommen hätten.
1839 zählte man dagegen noch 19 bis 20 Holzkohlenhochöfen im Königreich, von denen die meisten zwischen Schneeberg und Johann- Georgenstadt im Erzgebirge gelegen waren. Auf einigen, wie nament- lich auf der Hütte Morgenröte, hatte man erhitzten Wind beim Hoch- ofenbetrieb eingeführt. Das Roheisen der sächsischen Hochöfen wurde groſsenteils zu Guſswaren verwendet. Von den 4750 Tonnen, welche die Hochöfen lieferten, waren 1250 Tonnen Guſswaren. Die Stabeisen- produktion betrug etwa 2250 Tonnen. 1837 bis 1839 war die Eisenbahn von Leipzig nach Dresden, die erste gröſsere Bahnlinie Deutschlands, erbaut worden, dieser folgte 1841 bis 1845 die sächsische Staatsbahn von Leipzig über Altenburg und Crimmitschau nach Zwickau. Diese Bahn trug viel zum Aufblühen der sächsischen Eisenindustrie bei.
Im Jahre 1848 produzierte das Königreich 5734 Tonnen Roh- und Guſseisen mit Holzkohlen, 1325 Tonnen mit Koks und 1825 Ton- nen Guſswaren erster Schmelzung, davon 55 Tonnen mit Koks; ferner 2660 Tonnen gröberes, 700 Tonnen feineres Stab- und Zeugeisen, davon 1320 Tonnen mit Steinkohlen; 400 Tonnen Blech und 9¼ Tonnen
Beck, Geschichte des Eisens. 46
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Auſserpreuſsische deutsche Staaten 1831 bis 1850.
Nach dem Kriege von 1866 fiel der hannoversche Anteil der
Gittelder Hütte mit den übrigen Harzhütten an Preuſsen. 1868 wurde
die Gittelder Eisenhütte verkauft und zu anderweitigen Fabrikzwecken
verwendet. Bei dieser Gelegenheit verzichtete die preuſsisch-braun-
schweigische Kommunionharz-Verwaltung sowohl auf das Vorrecht
der Verhüttung der Iberger Eisenerze, wie auch auf das von ihr aus-
geübte Regalrecht.
Dies war das Ende der berühmten Eisenhütte bei Gittelde, welche
fast drei Jahrhunderte lang mit Auszeichnung ihren Betrieb geführt
hatte. Sie verschwand infolge der veränderten Betriebsbedingungen
und ihr Untergang bietet ein Beispiel für viele hundert ähnliche Fälle.
Das Königreich Sachsen besaſs zwar die reichen, altbekannten
Steinkohlenlager bei Zwickau, aber man hatte bis Ende der 40er Jahre
nicht daran gedacht, dieselben für den Hochofenbetrieb nutzbar zu
machen. Erst um 1840 wurde die Anlage eines Hüttenwerkes für
Steinkohlenbetrieb den Fortschritten der Technik entsprechend ins
Auge gefaſst, und so entstand die Königin Marienhütte zu Kainsdorf
bei Zwickau, deren erster Hochofen am 2. Juni 1843 angeblasen
wurde. Damit war der Koksbetrieb in Sachsen eröffnet. Aber die
Gesellschaft machte schlechte Geschäfte und hätte wohl Ende 1843
fallieren müssen, wenn die Herren Gebrüder von Arnim auf Planitz
und Crossen das Werk nicht gegen eine jährliche Pacht von 16000 Thaler
bis zum 1. Januar 1847 übernommen hätten.
1839 zählte man dagegen noch 19 bis 20 Holzkohlenhochöfen im
Königreich, von denen die meisten zwischen Schneeberg und Johann-
Georgenstadt im Erzgebirge gelegen waren. Auf einigen, wie nament-
lich auf der Hütte Morgenröte, hatte man erhitzten Wind beim Hoch-
ofenbetrieb eingeführt. Das Roheisen der sächsischen Hochöfen wurde
groſsenteils zu Guſswaren verwendet. Von den 4750 Tonnen, welche
die Hochöfen lieferten, waren 1250 Tonnen Guſswaren. Die Stabeisen-
produktion betrug etwa 2250 Tonnen. 1837 bis 1839 war die Eisenbahn
von Leipzig nach Dresden, die erste gröſsere Bahnlinie Deutschlands,
erbaut worden, dieser folgte 1841 bis 1845 die sächsische Staatsbahn
von Leipzig über Altenburg und Crimmitschau nach Zwickau. Diese
Bahn trug viel zum Aufblühen der sächsischen Eisenindustrie bei.
Im Jahre 1848 produzierte das Königreich 5734 Tonnen Roh-
und Guſseisen mit Holzkohlen, 1325 Tonnen mit Koks und 1825 Ton-
nen Guſswaren erster Schmelzung, davon 55 Tonnen mit Koks; ferner
2660 Tonnen gröberes, 700 Tonnen feineres Stab- und Zeugeisen, davon
1320 Tonnen mit Steinkohlen; 400 Tonnen Blech und 9¼ Tonnen
Beck, Geschichte des Eisens. 46
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 721. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/737>, abgerufen am 22.11.2024.
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