Westfalen. Seit der Zeit entstanden 1849 und später Kokshochöfen zu Borgeborbeck, Ruhrort, Hörde u. s. w.
Die Drahtwerke von Altena bezogen viel Drahteisen von der Osemundeisen- und Raffinierstahlfabrik zu Brüninghausen.
Die Solinger Klingen- und Messerschmiede hatten ihren alten Ruhm bewahrt und die Remscheider Eisen- und Stahlwarenindustrie nahm von Jahr zu Jahr zu. S. Jackson von Sheffield sagte vor einem Komitee des Parlaments aus: "Seit 25 Jahren haben sich die Eisen- und Stahlwaren von Frankreich und Preussen fortwährend gebessert. Im Herzogtume Berg befinden sich 800 Sägefabrikanten, 1000 Feilen- und 3000 Messerschmiede, 1000 Säbel- und 1500 Scherenfabrikanten. Diese Fabriken machen uns in Amerika Konkurrenz."
In dieser Periode kam als ein neu eingeführter Industriezweig die Fabrikation von schmiedbarem Guss auf, namentlich die billiger gegossenen und adoucierten Scheren, Messer, Gabeln u. s. w., die besonders von Knecht & Söhne in Solingen und von Forster & Hartmann in Eilpe fabriziert wurden.
In aller Stille entwickelte sich neben der lärmenden Stabeisen- fabrikation unter der klugen, zielbewussten Leitung von Alfred Krupp die Gussstahlfabrikation in Westfalen zu immer grösserer Voll- kommenheit. Mit Jahren schwerer Sorge und Entbehrung begann diese Periode. 1832 besass Krupp zu Essen nur 10 Arbeiter, die sich in den folgenden Jahren auf 9 verminderten. Aber unbeugsam ver- folgte er seinen Weg, immer nach Verbesserungen suchend. Ende der 30er Jahre erfand er eine Löffelwalze zum Gebrauche der Löffel- fabrikanten. Er nahm darauf Patente in Deutschland, England, Frank- reich und Österreich. Es gelang ihm, sein englisches Patent vorteil- haft zu verkaufen. Mit dem Erlöse konnte er einen grossen Teil der auf seinem Werke haftenden Schulden abtragen. Es war Krupps erster grosser Erfolg und er nutzte ihn nach Kräften aus. Er gründete mit Alexander Schöller in Wien zu Berndorf bei Leobersdorf in Österreich 1844 die Metallwarenfabrik Krupp & Schöller und über- trug seinem jüngeren Bruder Hermann die technische Leitung des rasch emporblühenden Werkes. Aber auch der Essener Gussstahl- fabrikation half der Erfolg der Löffelwalze zu gedeihlichem Auf- schwung. 1843 beschäftigte Krupp bereits 99, 1845 122 Arbeiter. Damals zählte die Stadt Essen 7840 Einwohner. Im Jahre 1844 er- hielt Krupp auf der Berliner Gewerbeausstellung die goldene Medaille, seine erste grosse öffentliche Auszeichnung. Am 24. Februar 1848 über- nahm Alfred Krupp die Gussstahlfabrikation allein. Durch die
Preuſsen 1831 bis 1850.
Westfalen. Seit der Zeit entstanden 1849 und später Kokshochöfen zu Borgeborbeck, Ruhrort, Hörde u. s. w.
Die Drahtwerke von Altena bezogen viel Drahteisen von der Osemundeisen- und Raffinierstahlfabrik zu Brüninghausen.
Die Solinger Klingen- und Messerschmiede hatten ihren alten Ruhm bewahrt und die Remscheider Eisen- und Stahlwarenindustrie nahm von Jahr zu Jahr zu. S. Jackson von Sheffield sagte vor einem Komitee des Parlaments aus: „Seit 25 Jahren haben sich die Eisen- und Stahlwaren von Frankreich und Preuſsen fortwährend gebessert. Im Herzogtume Berg befinden sich 800 Sägefabrikanten, 1000 Feilen- und 3000 Messerschmiede, 1000 Säbel- und 1500 Scherenfabrikanten. Diese Fabriken machen uns in Amerika Konkurrenz.“
In dieser Periode kam als ein neu eingeführter Industriezweig die Fabrikation von schmiedbarem Guſs auf, namentlich die billiger gegossenen und adoucierten Scheren, Messer, Gabeln u. s. w., die besonders von Knecht & Söhne in Solingen und von Forster & Hartmann in Eilpe fabriziert wurden.
In aller Stille entwickelte sich neben der lärmenden Stabeisen- fabrikation unter der klugen, zielbewuſsten Leitung von Alfred Krupp die Guſsstahlfabrikation in Westfalen zu immer gröſserer Voll- kommenheit. Mit Jahren schwerer Sorge und Entbehrung begann diese Periode. 1832 besaſs Krupp zu Essen nur 10 Arbeiter, die sich in den folgenden Jahren auf 9 verminderten. Aber unbeugsam ver- folgte er seinen Weg, immer nach Verbesserungen suchend. Ende der 30er Jahre erfand er eine Löffelwalze zum Gebrauche der Löffel- fabrikanten. Er nahm darauf Patente in Deutschland, England, Frank- reich und Österreich. Es gelang ihm, sein englisches Patent vorteil- haft zu verkaufen. Mit dem Erlöse konnte er einen groſsen Teil der auf seinem Werke haftenden Schulden abtragen. Es war Krupps erster groſser Erfolg und er nutzte ihn nach Kräften aus. Er gründete mit Alexander Schöller in Wien zu Berndorf bei Leobersdorf in Österreich 1844 die Metallwarenfabrik Krupp & Schöller und über- trug seinem jüngeren Bruder Hermann die technische Leitung des rasch emporblühenden Werkes. Aber auch der Essener Guſsstahl- fabrikation half der Erfolg der Löffelwalze zu gedeihlichem Auf- schwung. 1843 beschäftigte Krupp bereits 99, 1845 122 Arbeiter. Damals zählte die Stadt Essen 7840 Einwohner. Im Jahre 1844 er- hielt Krupp auf der Berliner Gewerbeausstellung die goldene Medaille, seine erste groſse öffentliche Auszeichnung. Am 24. Februar 1848 über- nahm Alfred Krupp die Guſsstahlfabrikation allein. Durch die
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Preuſsen 1831 bis 1850.
Westfalen. Seit der Zeit entstanden 1849 und später Kokshochöfen
zu Borgeborbeck, Ruhrort, Hörde u. s. w.
Die Drahtwerke von Altena bezogen viel Drahteisen von der
Osemundeisen- und Raffinierstahlfabrik zu Brüninghausen.
Die Solinger Klingen- und Messerschmiede hatten ihren alten
Ruhm bewahrt und die Remscheider Eisen- und Stahlwarenindustrie
nahm von Jahr zu Jahr zu. S. Jackson von Sheffield sagte vor einem
Komitee des Parlaments aus: „Seit 25 Jahren haben sich die Eisen-
und Stahlwaren von Frankreich und Preuſsen fortwährend gebessert.
Im Herzogtume Berg befinden sich 800 Sägefabrikanten, 1000 Feilen-
und 3000 Messerschmiede, 1000 Säbel- und 1500 Scherenfabrikanten.
Diese Fabriken machen uns in Amerika Konkurrenz.“
In dieser Periode kam als ein neu eingeführter Industriezweig die
Fabrikation von schmiedbarem Guſs auf, namentlich die billiger
gegossenen und adoucierten Scheren, Messer, Gabeln u. s. w., die
besonders von Knecht & Söhne in Solingen und von Forster
& Hartmann in Eilpe fabriziert wurden.
In aller Stille entwickelte sich neben der lärmenden Stabeisen-
fabrikation unter der klugen, zielbewuſsten Leitung von Alfred Krupp
die Guſsstahlfabrikation in Westfalen zu immer gröſserer Voll-
kommenheit. Mit Jahren schwerer Sorge und Entbehrung begann
diese Periode. 1832 besaſs Krupp zu Essen nur 10 Arbeiter, die sich
in den folgenden Jahren auf 9 verminderten. Aber unbeugsam ver-
folgte er seinen Weg, immer nach Verbesserungen suchend. Ende der
30er Jahre erfand er eine Löffelwalze zum Gebrauche der Löffel-
fabrikanten. Er nahm darauf Patente in Deutschland, England, Frank-
reich und Österreich. Es gelang ihm, sein englisches Patent vorteil-
haft zu verkaufen. Mit dem Erlöse konnte er einen groſsen Teil der
auf seinem Werke haftenden Schulden abtragen. Es war Krupps
erster groſser Erfolg und er nutzte ihn nach Kräften aus. Er gründete
mit Alexander Schöller in Wien zu Berndorf bei Leobersdorf in
Österreich 1844 die Metallwarenfabrik Krupp & Schöller und über-
trug seinem jüngeren Bruder Hermann die technische Leitung des
rasch emporblühenden Werkes. Aber auch der Essener Guſsstahl-
fabrikation half der Erfolg der Löffelwalze zu gedeihlichem Auf-
schwung. 1843 beschäftigte Krupp bereits 99, 1845 122 Arbeiter.
Damals zählte die Stadt Essen 7840 Einwohner. Im Jahre 1844 er-
hielt Krupp auf der Berliner Gewerbeausstellung die goldene Medaille,
seine erste groſse öffentliche Auszeichnung. Am 24. Februar 1848 über-
nahm Alfred Krupp die Guſsstahlfabrikation allein. Durch die
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/722>, abgerufen am 22.11.2024.
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