Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Preussen 1831 bis 1850.
vom Jahre 1844 giebt einen Überblick über die Eisenerzeugnisse des
westfälischen Bezirkes:

Roheisen in Gängen und Masseln     1345 Tonnen
Gusswaren aus Erzen     7532 "
" " Roheisen     2710 "
Stabeisen     15411 "
Blech     3550 "
Draht     6200 "
Rohstahl     1925 "
Gussstahl     75 "

Die bedeutendste Gründung dieser Periode war die Anlage der
Hermannshütte bei Hörde im Kreise Dortmund, ein grossartiges
Puddel- und Walzwerk, hauptsächlich für Eisenbahnbedarf. Es wurde
von dem unternehmenden Industriellen Piepenstock aus Iserlohn
gleichzeitig mit dem Blechwalzwerk Neuöge bei Limburg im Jahre
1839/1840 angelegt. Den Bau der Hermannshütte leitete der im
Rheinlande bekannte englische Ingenieur Dobbs. 1839 wurde der
erste Puddelofen erbaut. 1849 hatte die Hermannshütte bereits
12 Dampfmaschinen von 500 Pfdekr., 2 Dampfhämmer, 42 Puddel-
öfen, 21 Schweissöfen, 6 Platten- und Glühöfen und 32 Schmiedefeuer.
Der Luppenhammer war 120 Ctr. schwer; ferner waren vorhanden
1 Luppenmühle, 3 Luppenquetschen, 3 Luppenwalzenpressen und
5 Paar Luppenwalzen, 4 Eisenbahnschienen- und Gärbeisenwalzen,
1 Schmiedeeisenwerk, 1 Feineisenwalzenpresse und 1 Drahteisen-
walzenpresse. Das Werk besass 343 Walzen für die Herstellung
verschiedener Eisengattungen und 7 grosse Maschinenscheren. Damit
verbunden war eine grosse Werkstätte zum Montieren der Eisenbahn-
räder und Achsen und eine ausgedehnte Maschinenwerkstätte. Täglich
konnten 500 Eisenbahnschienen und 12 Satz Eisenbahnräder mit
Achsen geliefert werden. Die ersten grossen Schienenlieferungen
waren für die Prinz Wilhelmsbahn 1848 und die Königl. Ostbahn 1849.
Die Zahl der Arbeiter betrug 800 und hatte die Hütte 158 Arbeiter-
wohnungen mit 225 Gartenparzellen für dieselben hergerichtet. Aus
dem Mitgeteilten ersieht man, dass bei diesem grossen Werke alle
neuen Erfindungen und Verbesserungen benutzt waren.

Ein anderes sehr ausgedehntes Eisenwerk war die früher schon
öfter genannte Gutehoffnungshütte bei Sterkrade und Oberhausen,
den Herren Jacobi, Haniel und Huyssen gehörig. Der ausgedehnte
Hochofenbetrieb wurde damals noch ausschliesslich mit Holzkohlen

Preuſsen 1831 bis 1850.
vom Jahre 1844 giebt einen Überblick über die Eisenerzeugnisse des
westfälischen Bezirkes:

Roheisen in Gängen und Masseln     1345 Tonnen
Guſswaren aus Erzen     7532 „
„ „ Roheisen     2710 „
Stabeisen     15411 „
Blech     3550 „
Draht     6200 „
Rohstahl     1925 „
Guſsstahl     75 „

Die bedeutendste Gründung dieser Periode war die Anlage der
Hermannshütte bei Hörde im Kreise Dortmund, ein groſsartiges
Puddel- und Walzwerk, hauptsächlich für Eisenbahnbedarf. Es wurde
von dem unternehmenden Industriellen Piepenstock aus Iserlohn
gleichzeitig mit dem Blechwalzwerk Neuöge bei Limburg im Jahre
1839/1840 angelegt. Den Bau der Hermannshütte leitete der im
Rheinlande bekannte englische Ingenieur Dobbs. 1839 wurde der
erste Puddelofen erbaut. 1849 hatte die Hermannshütte bereits
12 Dampfmaschinen von 500 Pfdekr., 2 Dampfhämmer, 42 Puddel-
öfen, 21 Schweiſsöfen, 6 Platten- und Glühöfen und 32 Schmiedefeuer.
Der Luppenhammer war 120 Ctr. schwer; ferner waren vorhanden
1 Luppenmühle, 3 Luppenquetschen, 3 Luppenwalzenpressen und
5 Paar Luppenwalzen, 4 Eisenbahnschienen- und Gärbeisenwalzen,
1 Schmiedeeisenwerk, 1 Feineisenwalzenpresse und 1 Drahteisen-
walzenpresse. Das Werk besaſs 343 Walzen für die Herstellung
verschiedener Eisengattungen und 7 groſse Maschinenscheren. Damit
verbunden war eine groſse Werkstätte zum Montieren der Eisenbahn-
räder und Achsen und eine ausgedehnte Maschinenwerkstätte. Täglich
konnten 500 Eisenbahnschienen und 12 Satz Eisenbahnräder mit
Achsen geliefert werden. Die ersten groſsen Schienenlieferungen
waren für die Prinz Wilhelmsbahn 1848 und die Königl. Ostbahn 1849.
Die Zahl der Arbeiter betrug 800 und hatte die Hütte 158 Arbeiter-
wohnungen mit 225 Gartenparzellen für dieselben hergerichtet. Aus
dem Mitgeteilten ersieht man, daſs bei diesem groſsen Werke alle
neuen Erfindungen und Verbesserungen benutzt waren.

Ein anderes sehr ausgedehntes Eisenwerk war die früher schon
öfter genannte Gutehoffnungshütte bei Sterkrade und Oberhausen,
den Herren Jacobi, Haniel und Huyssen gehörig. Der ausgedehnte
Hochofenbetrieb wurde damals noch ausschlieſslich mit Holzkohlen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0719" n="703"/><fw place="top" type="header">Preu&#x017F;sen 1831 bis 1850.</fw><lb/>
vom Jahre 1844 giebt einen Überblick über die Eisenerzeugnisse des<lb/>
westfälischen Bezirkes:</p><lb/>
              <list>
                <item>Roheisen in Gängen und Masseln <space dim="horizontal"/> 1345 Tonnen</item><lb/>
                <item>Gu&#x017F;swaren aus Erzen <space dim="horizontal"/> 7532 &#x201E;</item><lb/>
                <item>&#x201E; &#x201E; Roheisen <space dim="horizontal"/> 2710 &#x201E;</item><lb/>
                <item>Stabeisen <space dim="horizontal"/> 15411 &#x201E;</item><lb/>
                <item>Blech <space dim="horizontal"/> 3550 &#x201E;</item><lb/>
                <item>Draht <space dim="horizontal"/> 6200 &#x201E;</item><lb/>
                <item>Rohstahl <space dim="horizontal"/> 1925 &#x201E;</item><lb/>
                <item>Gu&#x017F;sstahl <space dim="horizontal"/> 75 &#x201E;</item>
              </list><lb/>
              <p>Die bedeutendste Gründung dieser Periode war die Anlage der<lb/><hi rendition="#g">Hermannshütte</hi> bei <hi rendition="#g">Hörde</hi> im Kreise Dortmund, ein gro&#x017F;sartiges<lb/>
Puddel- und Walzwerk, hauptsächlich für Eisenbahnbedarf. Es wurde<lb/>
von dem unternehmenden Industriellen <hi rendition="#g">Piepenstock</hi> aus Iserlohn<lb/>
gleichzeitig mit dem Blechwalzwerk Neuöge bei Limburg im Jahre<lb/>
1839/1840 angelegt. Den Bau der Hermannshütte leitete der im<lb/>
Rheinlande bekannte englische Ingenieur <hi rendition="#g">Dobbs</hi>. 1839 wurde der<lb/>
erste Puddelofen erbaut. 1849 hatte die Hermannshütte bereits<lb/>
12 Dampfmaschinen von 500 Pfdekr., 2 Dampfhämmer, 42 Puddel-<lb/>
öfen, 21 Schwei&#x017F;söfen, 6 Platten- und Glühöfen und 32 Schmiedefeuer.<lb/>
Der Luppenhammer war 120 Ctr. schwer; ferner waren vorhanden<lb/>
1 Luppenmühle, 3 Luppenquetschen, 3 Luppenwalzenpressen und<lb/>
5 Paar Luppenwalzen, 4 Eisenbahnschienen- und Gärbeisenwalzen,<lb/>
1 Schmiedeeisenwerk, 1 Feineisenwalzenpresse und 1 Drahteisen-<lb/>
walzenpresse. Das Werk besa&#x017F;s 343 Walzen für die Herstellung<lb/>
verschiedener Eisengattungen und 7 gro&#x017F;se Maschinenscheren. Damit<lb/>
verbunden war eine gro&#x017F;se Werkstätte zum Montieren der Eisenbahn-<lb/>
räder und Achsen und eine ausgedehnte Maschinenwerkstätte. Täglich<lb/>
konnten 500 Eisenbahnschienen und 12 Satz Eisenbahnräder mit<lb/>
Achsen geliefert werden. Die ersten gro&#x017F;sen Schienenlieferungen<lb/>
waren für die Prinz Wilhelmsbahn 1848 und die Königl. Ostbahn 1849.<lb/>
Die Zahl der Arbeiter betrug 800 und hatte die Hütte 158 Arbeiter-<lb/>
wohnungen mit 225 Gartenparzellen für dieselben hergerichtet. Aus<lb/>
dem Mitgeteilten ersieht man, da&#x017F;s bei diesem gro&#x017F;sen Werke alle<lb/>
neuen Erfindungen und Verbesserungen benutzt waren.</p><lb/>
              <p>Ein anderes sehr ausgedehntes Eisenwerk war die früher schon<lb/>
öfter genannte <hi rendition="#g">Gutehoffnungshütte</hi> bei Sterkrade und Oberhausen,<lb/>
den Herren <hi rendition="#g">Jacobi, Haniel</hi> und <hi rendition="#g">Huyssen</hi> gehörig. Der ausgedehnte<lb/>
Hochofenbetrieb wurde damals noch ausschlie&#x017F;slich mit Holzkohlen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[703/0719] Preuſsen 1831 bis 1850. vom Jahre 1844 giebt einen Überblick über die Eisenerzeugnisse des westfälischen Bezirkes: Roheisen in Gängen und Masseln 1345 Tonnen Guſswaren aus Erzen 7532 „ „ „ Roheisen 2710 „ Stabeisen 15411 „ Blech 3550 „ Draht 6200 „ Rohstahl 1925 „ Guſsstahl 75 „ Die bedeutendste Gründung dieser Periode war die Anlage der Hermannshütte bei Hörde im Kreise Dortmund, ein groſsartiges Puddel- und Walzwerk, hauptsächlich für Eisenbahnbedarf. Es wurde von dem unternehmenden Industriellen Piepenstock aus Iserlohn gleichzeitig mit dem Blechwalzwerk Neuöge bei Limburg im Jahre 1839/1840 angelegt. Den Bau der Hermannshütte leitete der im Rheinlande bekannte englische Ingenieur Dobbs. 1839 wurde der erste Puddelofen erbaut. 1849 hatte die Hermannshütte bereits 12 Dampfmaschinen von 500 Pfdekr., 2 Dampfhämmer, 42 Puddel- öfen, 21 Schweiſsöfen, 6 Platten- und Glühöfen und 32 Schmiedefeuer. Der Luppenhammer war 120 Ctr. schwer; ferner waren vorhanden 1 Luppenmühle, 3 Luppenquetschen, 3 Luppenwalzenpressen und 5 Paar Luppenwalzen, 4 Eisenbahnschienen- und Gärbeisenwalzen, 1 Schmiedeeisenwerk, 1 Feineisenwalzenpresse und 1 Drahteisen- walzenpresse. Das Werk besaſs 343 Walzen für die Herstellung verschiedener Eisengattungen und 7 groſse Maschinenscheren. Damit verbunden war eine groſse Werkstätte zum Montieren der Eisenbahn- räder und Achsen und eine ausgedehnte Maschinenwerkstätte. Täglich konnten 500 Eisenbahnschienen und 12 Satz Eisenbahnräder mit Achsen geliefert werden. Die ersten groſsen Schienenlieferungen waren für die Prinz Wilhelmsbahn 1848 und die Königl. Ostbahn 1849. Die Zahl der Arbeiter betrug 800 und hatte die Hütte 158 Arbeiter- wohnungen mit 225 Gartenparzellen für dieselben hergerichtet. Aus dem Mitgeteilten ersieht man, daſs bei diesem groſsen Werke alle neuen Erfindungen und Verbesserungen benutzt waren. Ein anderes sehr ausgedehntes Eisenwerk war die früher schon öfter genannte Gutehoffnungshütte bei Sterkrade und Oberhausen, den Herren Jacobi, Haniel und Huyssen gehörig. Der ausgedehnte Hochofenbetrieb wurde damals noch ausschlieſslich mit Holzkohlen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/719
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/719>, abgerufen am 22.11.2024.