Unna und nahmen Gustav Lehrkind, damals Geschäftsführer und Teilhaber des Puddlingswerkes Lehrkind, Falkenroth & Co. zu Haspe, als Teilhaber auf, um auf dem genannten Walzwerke ihr neues Verfahren der Stahlbereitung zur Ausführung zu bringen. Ihre noch im Jahre 1849 angestellten Versuche waren von gutem Erfolge be- gleitet. Dasselbe war auf den Werken von Röhr, Böing & Comp. zu Limburg a. d. Lenne und zu Hörde der Fall. Dagegen gelang es Lohage und Bremme nicht, in Preussen für ihr Verfahren Patent- schutz zu erlangen. Bremme erwarb im folgenden Jahre für sich ein Patent für Österreich. Ferner erwarben die Erfinder Patente in Hannover, Belgien und anderen Staaten, und Ingenieur Fehland, welcher im Frühjahr 1850 in Haspe die Leitung des Stahlpuddel- betriebes übernommen hatte, führte das Verfahren im Interesse der Erfinder auf den Werken von Jul. Meyer in Bockenrode (später Georg-Marienhütte bei Osnabrück), von J. Dupont zu Fay in Bel- gien und von J. Sesslers Erben zu Krieglach in Steiermark ein.
Lohage und Bremme führten anfangs den Stahlpuddelprozess bei möglichst niedriger Temperatur und empfahlen einen Zusatz von Spiegeleisen nach einiger Zeit, um dann die wieder flüssig gewordene Masse zu Ende zu puddeln.
Im Herbst 1849 besuchte Ewald Riepe, Chemiker zu London, Herrn Lohage, der denselben mit Bremme und mit den Stahl- puddelversuchen, die damals auf dem Werke der Herren Lehrkind, Falkenroth & Comp. zu Haspe bei Hagen von den Herren Bremme und Lohage vorgenommen wurden, bekannt machte. E. Riepe wurde von der Gesellschaft Lohage, Bremme & Comp. beauftragt, ein Patent in England auf seinen Namen zu nehmen. Dies that er am 29. Januar 1850. Man hat deshalb irrtümlich, namentlich in England, Riepe oft für den eigentlichen Erfinder des Stahlpuddelns gehalten. In seiner Patentbeschreibung ist das Puddeln unter der Schlacke bei Kirschrotglut und der nachherige Zusatz von Roheisen am Schlusse des Prozesses besonders erwähnt.
Bremme wies aber im weiteren Verfolg seiner Versuche nach, dass es nicht nötig sei, an Rotglühhitze festzuhalten, sondern dass sich der Stahlpuddelprozess am besten bei recht hoher Temperatur führen liesse.
In der Folge adoptierte man denn auch allgemein in Westfalen ein rasches Einschmelzen bei hoher Temperatur. Auf dieses folgte das Garen unter der Schlacke und dann das Luppenmachen oder Aussaigern der Luppe bei rauchender, d. h. reduzierender Flamme.
Die Stahlfabrikation 1831 bis 1850.
Unna und nahmen Gustav Lehrkind, damals Geschäftsführer und Teilhaber des Puddlingswerkes Lehrkind, Falkenroth & Co. zu Haspe, als Teilhaber auf, um auf dem genannten Walzwerke ihr neues Verfahren der Stahlbereitung zur Ausführung zu bringen. Ihre noch im Jahre 1849 angestellten Versuche waren von gutem Erfolge be- gleitet. Dasſelbe war auf den Werken von Röhr, Böing & Comp. zu Limburg a. d. Lenne und zu Hörde der Fall. Dagegen gelang es Lohage und Bremme nicht, in Preuſsen für ihr Verfahren Patent- schutz zu erlangen. Bremme erwarb im folgenden Jahre für sich ein Patent für Österreich. Ferner erwarben die Erfinder Patente in Hannover, Belgien und anderen Staaten, und Ingenieur Fehland, welcher im Frühjahr 1850 in Haspe die Leitung des Stahlpuddel- betriebes übernommen hatte, führte das Verfahren im Interesse der Erfinder auf den Werken von Jul. Meyer in Bockenrode (später Georg-Marienhütte bei Osnabrück), von J. Dupont zu Fay in Bel- gien und von J. Sesslers Erben zu Krieglach in Steiermark ein.
Lohage und Bremme führten anfangs den Stahlpuddelprozeſs bei möglichst niedriger Temperatur und empfahlen einen Zusatz von Spiegeleisen nach einiger Zeit, um dann die wieder flüssig gewordene Masse zu Ende zu puddeln.
Im Herbst 1849 besuchte Ewald Riepe, Chemiker zu London, Herrn Lohage, der denselben mit Bremme und mit den Stahl- puddelversuchen, die damals auf dem Werke der Herren Lehrkind, Falkenroth & Comp. zu Haspe bei Hagen von den Herren Bremme und Lohage vorgenommen wurden, bekannt machte. E. Riepe wurde von der Gesellschaft Lohage, Bremme & Comp. beauftragt, ein Patent in England auf seinen Namen zu nehmen. Dies that er am 29. Januar 1850. Man hat deshalb irrtümlich, namentlich in England, Riepe oft für den eigentlichen Erfinder des Stahlpuddelns gehalten. In seiner Patentbeschreibung ist das Puddeln unter der Schlacke bei Kirschrotglut und der nachherige Zusatz von Roheisen am Schlusse des Prozesses besonders erwähnt.
Bremme wies aber im weiteren Verfolg seiner Versuche nach, daſs es nicht nötig sei, an Rotglühhitze festzuhalten, sondern daſs sich der Stahlpuddelprozeſs am besten bei recht hoher Temperatur führen lieſse.
In der Folge adoptierte man denn auch allgemein in Westfalen ein rasches Einschmelzen bei hoher Temperatur. Auf dieses folgte das Garen unter der Schlacke und dann das Luppenmachen oder Aussaigern der Luppe bei rauchender, d. h. reduzierender Flamme.
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Die Stahlfabrikation 1831 bis 1850.
Unna und nahmen Gustav Lehrkind, damals Geschäftsführer und
Teilhaber des Puddlingswerkes Lehrkind, Falkenroth & Co. zu
Haspe, als Teilhaber auf, um auf dem genannten Walzwerke ihr neues
Verfahren der Stahlbereitung zur Ausführung zu bringen. Ihre noch
im Jahre 1849 angestellten Versuche waren von gutem Erfolge be-
gleitet. Dasſelbe war auf den Werken von Röhr, Böing & Comp.
zu Limburg a. d. Lenne und zu Hörde der Fall. Dagegen gelang es
Lohage und Bremme nicht, in Preuſsen für ihr Verfahren Patent-
schutz zu erlangen. Bremme erwarb im folgenden Jahre für sich
ein Patent für Österreich. Ferner erwarben die Erfinder Patente in
Hannover, Belgien und anderen Staaten, und Ingenieur Fehland,
welcher im Frühjahr 1850 in Haspe die Leitung des Stahlpuddel-
betriebes übernommen hatte, führte das Verfahren im Interesse der
Erfinder auf den Werken von Jul. Meyer in Bockenrode (später
Georg-Marienhütte bei Osnabrück), von J. Dupont zu Fay in Bel-
gien und von J. Sesslers Erben zu Krieglach in Steiermark ein.
Lohage und Bremme führten anfangs den Stahlpuddelprozeſs
bei möglichst niedriger Temperatur und empfahlen einen Zusatz von
Spiegeleisen nach einiger Zeit, um dann die wieder flüssig gewordene
Masse zu Ende zu puddeln.
Im Herbst 1849 besuchte Ewald Riepe, Chemiker zu London,
Herrn Lohage, der denselben mit Bremme und mit den Stahl-
puddelversuchen, die damals auf dem Werke der Herren Lehrkind,
Falkenroth & Comp. zu Haspe bei Hagen von den Herren Bremme
und Lohage vorgenommen wurden, bekannt machte. E. Riepe
wurde von der Gesellschaft Lohage, Bremme & Comp. beauftragt,
ein Patent in England auf seinen Namen zu nehmen. Dies that er
am 29. Januar 1850. Man hat deshalb irrtümlich, namentlich in
England, Riepe oft für den eigentlichen Erfinder des Stahlpuddelns
gehalten. In seiner Patentbeschreibung ist das Puddeln unter der
Schlacke bei Kirschrotglut und der nachherige Zusatz von Roheisen
am Schlusse des Prozesses besonders erwähnt.
Bremme wies aber im weiteren Verfolg seiner Versuche nach,
daſs es nicht nötig sei, an Rotglühhitze festzuhalten, sondern daſs
sich der Stahlpuddelprozeſs am besten bei recht hoher Temperatur
führen lieſse.
In der Folge adoptierte man denn auch allgemein in Westfalen
ein rasches Einschmelzen bei hoher Temperatur. Auf dieses folgte
das Garen unter der Schlacke und dann das Luppenmachen oder
Aussaigern der Luppe bei rauchender, d. h. reduzierender Flamme.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/666>, abgerufen am 22.11.2024.
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