Der geniale Mann hörte nicht auf, die Technik durch neue Er- findungen zu bereichern. Unter denen, welche die Eisenindustrie unmittelbar betreffen, nennen wir seinen V-Amboss zum Schmieden runder Wellen, 1845 (Fig. 218), seine hydraulischen Pressstanzen zum Ausstanzen grosser Löcher in Träger und Bleche (1848) und seine Erfindung des Dampfpuddelns 1854, welches ein Vorläufer des Bessemerprozesses war.
Aber nicht allein in der Mechanik leistete Nasmyth neues und grosses. Sein vielseitiger, dem Schönen und Erhabenen zugewendeter Geist bekundete sich auch auf anderen Gebieten, wie auf dem der Malerei und Astronomie. Er führte namentlich die siderische Photo- graphie ein und brachte hierin Hervorragendes zuwege. So genoss er, nachdem er sich 1856 vom Geschäft zurückgezogen hatte, noch
[Abbildung]
Fig. 218.
eine lange Reihe glücklicher und segens- reicher Jahre, bis er am 7. Mai 1890 in seinem 90. Lebensjahre starb.
Nachdem die Idee des Dampfhammers ein- mal angeregt war, beschäftigten sich viele Mechaniker damit; am frühesten nach Nas- myth selbst W. Dorning auf der Marien- hütte bei Zwickau. Er hatte schon in einem Lieferungsvertrage, den er am 10. Dezember 1841 mit der sächsischen Eisenkompanie abgeschlossen hatte, die Zeichnungen zu einem Dampfhammer eingereicht. Am 13. Januar 1843 kam dieser erste Dampfhammer in Deutschland in Betrieb, dem dann bald der zweite folgte; der eine diente als Puddlingshammer, also zum Zängen der Luppen, der andere als Schweisshammer, zum Schmieden der Schweisspakete. Die Hämmer arbeiteten gut. Dorning kannte ver- mutlich Nasmyths Entwurf, die Ausführung war aber sein alleiniges Verdienst.
Als eine wesentlich neue Konstruktion ist John Condies Dampfhammer von 1846 anzusehen (Patent Nr. 11411 vom 15. Ok- tober). Bei dem Condie-Hammer, Fig. 219, steht der Dampfkolben fest und der Cylinder ist beweglich. Derselbe ist mit dem Hammer direkt verbunden und wirkt mit seinem Metallgewicht als Hammer- klotz. Der Dampf tritt hierbei über dem Kolben ein und hebt den Cylinder und Hammer in die Höhe. Der Dampf tritt durch die hohle Kolbenstange in den Cylinder. Die Kolbenstange besteht nämlich aus zwei konzentrischen Röhren, deren äussere die Dampfleitung
Die Formgebung 1831 bis 1850.
Der geniale Mann hörte nicht auf, die Technik durch neue Er- findungen zu bereichern. Unter denen, welche die Eisenindustrie unmittelbar betreffen, nennen wir seinen V-Amboſs zum Schmieden runder Wellen, 1845 (Fig. 218), seine hydraulischen Preſsstanzen zum Ausstanzen groſser Löcher in Träger und Bleche (1848) und seine Erfindung des Dampfpuddelns 1854, welches ein Vorläufer des Bessemerprozesses war.
Aber nicht allein in der Mechanik leistete Nasmyth neues und groſses. Sein vielseitiger, dem Schönen und Erhabenen zugewendeter Geist bekundete sich auch auf anderen Gebieten, wie auf dem der Malerei und Astronomie. Er führte namentlich die siderische Photo- graphie ein und brachte hierin Hervorragendes zuwege. So genoſs er, nachdem er sich 1856 vom Geschäft zurückgezogen hatte, noch
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Fig. 218.
eine lange Reihe glücklicher und segens- reicher Jahre, bis er am 7. Mai 1890 in seinem 90. Lebensjahre starb.
Nachdem die Idee des Dampfhammers ein- mal angeregt war, beschäftigten sich viele Mechaniker damit; am frühesten nach Nas- myth selbst W. Dorning auf der Marien- hütte bei Zwickau. Er hatte schon in einem Lieferungsvertrage, den er am 10. Dezember 1841 mit der sächsischen Eisenkompanie abgeschlossen hatte, die Zeichnungen zu einem Dampfhammer eingereicht. Am 13. Januar 1843 kam dieser erste Dampfhammer in Deutschland in Betrieb, dem dann bald der zweite folgte; der eine diente als Puddlingshammer, also zum Zängen der Luppen, der andere als Schweiſshammer, zum Schmieden der Schweiſspakete. Die Hämmer arbeiteten gut. Dorning kannte ver- mutlich Nasmyths Entwurf, die Ausführung war aber sein alleiniges Verdienst.
Als eine wesentlich neue Konstruktion ist John Condies Dampfhammer von 1846 anzusehen (Patent Nr. 11411 vom 15. Ok- tober). Bei dem Condie-Hammer, Fig. 219, steht der Dampfkolben fest und der Cylinder ist beweglich. Derselbe ist mit dem Hammer direkt verbunden und wirkt mit seinem Metallgewicht als Hammer- klotz. Der Dampf tritt hierbei über dem Kolben ein und hebt den Cylinder und Hammer in die Höhe. Der Dampf tritt durch die hohle Kolbenstange in den Cylinder. Die Kolbenstange besteht nämlich aus zwei konzentrischen Röhren, deren äuſsere die Dampfleitung
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Die Formgebung 1831 bis 1850.
Der geniale Mann hörte nicht auf, die Technik durch neue Er-
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unmittelbar betreffen, nennen wir seinen V-Amboſs zum Schmieden
runder Wellen, 1845 (Fig. 218), seine hydraulischen Preſsstanzen
zum Ausstanzen groſser Löcher in Träger und Bleche (1848) und
seine Erfindung des Dampfpuddelns 1854, welches ein Vorläufer des
Bessemerprozesses war.
Aber nicht allein in der Mechanik leistete Nasmyth neues und
groſses. Sein vielseitiger, dem Schönen und Erhabenen zugewendeter
Geist bekundete sich auch auf anderen Gebieten, wie auf dem der
Malerei und Astronomie. Er führte namentlich die siderische Photo-
graphie ein und brachte hierin Hervorragendes zuwege. So genoſs
er, nachdem er sich 1856 vom Geschäft zurückgezogen hatte, noch
[Abbildung Fig. 218.]
eine lange Reihe glücklicher und segens-
reicher Jahre, bis er am 7. Mai 1890 in
seinem 90. Lebensjahre starb.
Nachdem die Idee des Dampfhammers ein-
mal angeregt war, beschäftigten sich viele
Mechaniker damit; am frühesten nach Nas-
myth selbst W. Dorning auf der Marien-
hütte bei Zwickau. Er hatte schon in einem
Lieferungsvertrage, den er am 10. Dezember
1841 mit der sächsischen Eisenkompanie
abgeschlossen hatte, die Zeichnungen zu
einem Dampfhammer eingereicht. Am 13. Januar 1843 kam dieser
erste Dampfhammer in Deutschland in Betrieb, dem dann bald der
zweite folgte; der eine diente als Puddlingshammer, also zum Zängen
der Luppen, der andere als Schweiſshammer, zum Schmieden der
Schweiſspakete. Die Hämmer arbeiteten gut. Dorning kannte ver-
mutlich Nasmyths Entwurf, die Ausführung war aber sein alleiniges
Verdienst.
Als eine wesentlich neue Konstruktion ist John Condies
Dampfhammer von 1846 anzusehen (Patent Nr. 11411 vom 15. Ok-
tober). Bei dem Condie-Hammer, Fig. 219, steht der Dampfkolben
fest und der Cylinder ist beweglich. Derselbe ist mit dem Hammer
direkt verbunden und wirkt mit seinem Metallgewicht als Hammer-
klotz. Der Dampf tritt hierbei über dem Kolben ein und hebt den
Cylinder und Hammer in die Höhe. Der Dampf tritt durch die hohle
Kolbenstange in den Cylinder. Die Kolbenstange besteht nämlich
aus zwei konzentrischen Röhren, deren äuſsere die Dampfleitung
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/616>, abgerufen am 22.11.2024.
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