als das Roheisen enthält; Roheisen endlich ist ein noch nicht völlig reduziertes Eisen, das zugleich mit Kohlenstoff verbunden ist. Das harte, weisse Roheisen enthält weniger Kohlenstoff und mehr Sauer- stoff als das weiche, graue.
Karsten erklärte es dagegen für gewiss, dass das reine Roheisen keinen Sauerstoff enthalte. Durch die chemische Analyse lasse sich kein Sauerstoff nachweisen und ebenso sprächen die hüttenmännischen Prozesse für die Abwesenheit desselben. Der Unterschied zwischen dem grauen und weissen Roheisen ist einzig und allein bedingt durch die Art der Verbindung desselben mit dem Kohlenstoff. Es giebt zwei chemische Verbindungen von Kohlenstoff und Eisen, eine, welche viel Kohlenstoff und wenig Eisen enthält, der Graphit, welcher sich in dem weichen kohlenstoffarmen Eisen ausscheidet und das graue Roheisen bildet, und ein Kohlenstoffeisen, in dem wenig Kohlenstoff mit viel Eisen verbunden ist und das sich in dem Eisen auflöst und dadurch weisses, hartes Roheisen bildet. Der Graphit bildet sich nur bei hoher Temperatur und kann sich nur ausscheiden bei langsamem Erstarren. Deshalb bildet sich bei niederer Schmelztemperatur im Hochofen weisses Eisen und ebenso wird geschmolzenes graues Eisen durch plötzliches Erstarren weiss. Letztere längst bekannte That- sache spricht laut gegen die Annahme eines höheren Sauerstoffgehalts im weissen Eisen und für Karstens Theorie.
Zur Bestätigung derselben hat Karsten graues Roheisen und das durch rasches Erkalten desselben weiss gewordene Roheisen auf den Kohlenstoffgehalt untersucht und denselben gleich gefunden (Eisen- hüttenkunde von 1816, §. 144).
Genaue Methoden der Kohlenstoffbestimmung gab es damals aller- dings noch nicht. Karsten verglich die Gesamtmengen des aus den Lösungen gefällten Eisenoxydes und die Mengen des durch Zusammen- schmelzen mit Bleiglätte reduzierten Bleies. Beide gaben annähernd gleiche Resultate bei grauem und weissem Eisen.
Der höchste Kohlenstoffgehalt, den Karsten bei weissem Roh- eisen ermittelte, betrug gegen 5 Proz. Sank der Kohlenstoffgehalt des weissen Eisens unter 2 Proz., so verschwand das blätterige Gefüge des Roheisens und das körnige Gefüge des Stahls begann. Den Graphitgehalt des Roheisens ermittelte er zu 2,75 bis 4,75 Proz., so dass also das graue Roheisen keinen höheren Kohlenstoffgehalt als das weisse zeigte. Nimmt man den Kohlengehalt des Graphits zu 90 Proz. an, so berechnet sich die Kohlenstoffmenge des grauen Eisens zu 2,475 bis 4,275 Proz.
Chemie 1801 bis 1815.
als das Roheisen enthält; Roheisen endlich ist ein noch nicht völlig reduziertes Eisen, das zugleich mit Kohlenstoff verbunden ist. Das harte, weiſse Roheisen enthält weniger Kohlenstoff und mehr Sauer- stoff als das weiche, graue.
Karsten erklärte es dagegen für gewiſs, daſs das reine Roheisen keinen Sauerstoff enthalte. Durch die chemische Analyse lasse sich kein Sauerstoff nachweisen und ebenso sprächen die hüttenmännischen Prozesse für die Abwesenheit desselben. Der Unterschied zwischen dem grauen und weiſsen Roheisen ist einzig und allein bedingt durch die Art der Verbindung desselben mit dem Kohlenstoff. Es giebt zwei chemische Verbindungen von Kohlenstoff und Eisen, eine, welche viel Kohlenstoff und wenig Eisen enthält, der Graphit, welcher sich in dem weichen kohlenstoffarmen Eisen ausscheidet und das graue Roheisen bildet, und ein Kohlenstoffeisen, in dem wenig Kohlenstoff mit viel Eisen verbunden ist und das sich in dem Eisen auflöst und dadurch weiſses, hartes Roheisen bildet. Der Graphit bildet sich nur bei hoher Temperatur und kann sich nur ausscheiden bei langsamem Erstarren. Deshalb bildet sich bei niederer Schmelztemperatur im Hochofen weiſses Eisen und ebenso wird geschmolzenes graues Eisen durch plötzliches Erstarren weiſs. Letztere längst bekannte That- sache spricht laut gegen die Annahme eines höheren Sauerstoffgehalts im weiſsen Eisen und für Karstens Theorie.
Zur Bestätigung derselben hat Karsten graues Roheisen und das durch rasches Erkalten desselben weiſs gewordene Roheisen auf den Kohlenstoffgehalt untersucht und denselben gleich gefunden (Eisen- hüttenkunde von 1816, §. 144).
Genaue Methoden der Kohlenstoffbestimmung gab es damals aller- dings noch nicht. Karsten verglich die Gesamtmengen des aus den Lösungen gefällten Eisenoxydes und die Mengen des durch Zusammen- schmelzen mit Bleiglätte reduzierten Bleies. Beide gaben annähernd gleiche Resultate bei grauem und weiſsem Eisen.
Der höchste Kohlenstoffgehalt, den Karsten bei weiſsem Roh- eisen ermittelte, betrug gegen 5 Proz. Sank der Kohlenstoffgehalt des weiſsen Eisens unter 2 Proz., so verschwand das blätterige Gefüge des Roheisens und das körnige Gefüge des Stahls begann. Den Graphitgehalt des Roheisens ermittelte er zu 2,75 bis 4,75 Proz., so daſs also das graue Roheisen keinen höheren Kohlenstoffgehalt als das weiſse zeigte. Nimmt man den Kohlengehalt des Graphits zu 90 Proz. an, so berechnet sich die Kohlenstoffmenge des grauen Eisens zu 2,475 bis 4,275 Proz.
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Chemie 1801 bis 1815.
als das Roheisen enthält; Roheisen endlich ist ein noch nicht völlig
reduziertes Eisen, das zugleich mit Kohlenstoff verbunden ist. Das
harte, weiſse Roheisen enthält weniger Kohlenstoff und mehr Sauer-
stoff als das weiche, graue.
Karsten erklärte es dagegen für gewiſs, daſs das reine Roheisen
keinen Sauerstoff enthalte. Durch die chemische Analyse lasse sich
kein Sauerstoff nachweisen und ebenso sprächen die hüttenmännischen
Prozesse für die Abwesenheit desselben. Der Unterschied zwischen
dem grauen und weiſsen Roheisen ist einzig und allein bedingt durch
die Art der Verbindung desselben mit dem Kohlenstoff. Es giebt
zwei chemische Verbindungen von Kohlenstoff und Eisen, eine, welche
viel Kohlenstoff und wenig Eisen enthält, der Graphit, welcher sich
in dem weichen kohlenstoffarmen Eisen ausscheidet und das graue
Roheisen bildet, und ein Kohlenstoffeisen, in dem wenig Kohlenstoff
mit viel Eisen verbunden ist und das sich in dem Eisen auflöst und
dadurch weiſses, hartes Roheisen bildet. Der Graphit bildet sich nur
bei hoher Temperatur und kann sich nur ausscheiden bei langsamem
Erstarren. Deshalb bildet sich bei niederer Schmelztemperatur im
Hochofen weiſses Eisen und ebenso wird geschmolzenes graues Eisen
durch plötzliches Erstarren weiſs. Letztere längst bekannte That-
sache spricht laut gegen die Annahme eines höheren Sauerstoffgehalts
im weiſsen Eisen und für Karstens Theorie.
Zur Bestätigung derselben hat Karsten graues Roheisen und das
durch rasches Erkalten desselben weiſs gewordene Roheisen auf den
Kohlenstoffgehalt untersucht und denselben gleich gefunden (Eisen-
hüttenkunde von 1816, §. 144).
Genaue Methoden der Kohlenstoffbestimmung gab es damals aller-
dings noch nicht. Karsten verglich die Gesamtmengen des aus den
Lösungen gefällten Eisenoxydes und die Mengen des durch Zusammen-
schmelzen mit Bleiglätte reduzierten Bleies. Beide gaben annähernd
gleiche Resultate bei grauem und weiſsem Eisen.
Der höchste Kohlenstoffgehalt, den Karsten bei weiſsem Roh-
eisen ermittelte, betrug gegen 5 Proz. Sank der Kohlenstoffgehalt
des weiſsen Eisens unter 2 Proz., so verschwand das blätterige Gefüge
des Roheisens und das körnige Gefüge des Stahls begann. Den
Graphitgehalt des Roheisens ermittelte er zu 2,75 bis 4,75 Proz., so
daſs also das graue Roheisen keinen höheren Kohlenstoffgehalt als
das weiſse zeigte. Nimmt man den Kohlengehalt des Graphits zu
90 Proz. an, so berechnet sich die Kohlenstoffmenge des grauen Eisens
zu 2,475 bis 4,275 Proz.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/58>, abgerufen am 18.12.2024.
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