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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Chemie 1801 bis 1815.
lange Zeit allein massgebend; man schrieb ihr eine grössere Genauigkeit
als der nassen zu. Sie wurde noch in derselben Weise ausgeführt,
wie früher, nur wählte man schwerer schmelzbaren Fluss. Derartige
Flüsse haben Guyton de Morveau, Kirwan und Chaptal angegeben;
Glas und Borax bildeten deren Hauptbestandteile 1). Über die Wir-
kung der Flüsse beim Probieren der Eisenerze durch Schmelzung
hatte der schwedische Professor Gadolin schon 1794 eine gründliche
Untersuchung veröffentlicht 2). Welche falsche Vorstellungen von dem
Eisengehalt der Erze man aber durch die trockene Probe bekam,
ersieht man aus Lampadius' Hüttenkunde von 1810. Kirwan hatte
den Eisengehalt des Magneteisensteins auf 80 Proz. bestimmt. Lam-
padius
bezweifelt die Richtigkeit dieser Angabe und hält sie für zu
niedrig, da seine Proben auf trockenem Wege 87 bis 89 Proz. Roh-
eisen ergeben hätten 3). Ebenso hält er Kirwans Angabe über den
Eisengehalt des Eisenglanzes von 70 bis 76 Proz. für zu niedrig, da
die trockene Probe 80 Proz. ergäbe. In Wahrheit waren aber auch
Kirwans Angaben noch zu hoch, indem reines Magneteisen nur
72,4 Proz. und Eisenglanz 70 Proz. Eisen enthalten.

Die chemische Zusammensetzung des Spateisensteins war zuerst
und fast gleichzeitig von Bayen in Frankreich 4) und von Berg-
man
in Schweden 5) untersucht worden. Bayen wies 1777 zuerst
mit Bestimmtheit nach, dass das Eisen darin mit Kohlensäure (fixer
Luft) verbunden sei; Bergman machte den hohen Gehalt an kohlen-
saurem Mangan bekannt. Klaproth untersuchte Spateisenstein von
Dankerode im Halberstädtischen (I) und aus dem Bayreuthischen (II).
Er fand darin:

I II
Eisenoxydul     57,50 58,00
Manganoxydul     3,50 4,25
Kalkerde     1,25 0,50
Talkerde     -- 0,75
Kohlensäure     36,00 35,00
98,25 98,50

und schloss daraus, dass Spateisenstein aus kohlensaurem Eisen und
kohlensaurem Mangan in oxydiertem Zustande bestehe. (Bei dieser

1) Deutsch in Crells Annalen 1796, Bd. II, S. 280.
2) Siehe Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde 1816, Bd. I, §. 327.
3) Siehe Lampadius, Handbuch der allgem. Hüttenkunde 1810, II. Teil,
Bd. IV, S. 10.
4) Journ. de Physique, Tome VII, p. 213.
5) Bergman, Opusc. phys. et chem., V. II, 228.

Chemie 1801 bis 1815.
lange Zeit allein maſsgebend; man schrieb ihr eine gröſsere Genauigkeit
als der nassen zu. Sie wurde noch in derselben Weise ausgeführt,
wie früher, nur wählte man schwerer schmelzbaren Fluſs. Derartige
Flüsse haben Guyton de Morveau, Kirwan und Chaptal angegeben;
Glas und Borax bildeten deren Hauptbestandteile 1). Über die Wir-
kung der Flüsse beim Probieren der Eisenerze durch Schmelzung
hatte der schwedische Professor Gadolin schon 1794 eine gründliche
Untersuchung veröffentlicht 2). Welche falsche Vorstellungen von dem
Eisengehalt der Erze man aber durch die trockene Probe bekam,
ersieht man aus Lampadius’ Hüttenkunde von 1810. Kirwan hatte
den Eisengehalt des Magneteisensteins auf 80 Proz. bestimmt. Lam-
padius
bezweifelt die Richtigkeit dieser Angabe und hält sie für zu
niedrig, da seine Proben auf trockenem Wege 87 bis 89 Proz. Roh-
eisen ergeben hätten 3). Ebenso hält er Kirwans Angabe über den
Eisengehalt des Eisenglanzes von 70 bis 76 Proz. für zu niedrig, da
die trockene Probe 80 Proz. ergäbe. In Wahrheit waren aber auch
Kirwans Angaben noch zu hoch, indem reines Magneteisen nur
72,4 Proz. und Eisenglanz 70 Proz. Eisen enthalten.

Die chemische Zusammensetzung des Spateisensteins war zuerst
und fast gleichzeitig von Bayen in Frankreich 4) und von Berg-
man
in Schweden 5) untersucht worden. Bayen wies 1777 zuerst
mit Bestimmtheit nach, daſs das Eisen darin mit Kohlensäure (fixer
Luft) verbunden sei; Bergman machte den hohen Gehalt an kohlen-
saurem Mangan bekannt. Klaproth untersuchte Spateisenstein von
Dankerode im Halberstädtischen (I) und aus dem Bayreuthischen (II).
Er fand darin:

I II
Eisenoxydul     57,50 58,00
Manganoxydul     3,50 4,25
Kalkerde     1,25 0,50
Talkerde     — 0,75
Kohlensäure     36,00 35,00
98,25 98,50

und schloſs daraus, daſs Spateisenstein aus kohlensaurem Eisen und
kohlensaurem Mangan in oxydiertem Zustande bestehe. (Bei dieser

1) Deutsch in Crells Annalen 1796, Bd. II, S. 280.
2) Siehe Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde 1816, Bd. I, §. 327.
3) Siehe Lampadius, Handbuch der allgem. Hüttenkunde 1810, II. Teil,
Bd. IV, S. 10.
4) Journ. de Physique, Tome VII, p. 213.
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[37/0053] Chemie 1801 bis 1815. lange Zeit allein maſsgebend; man schrieb ihr eine gröſsere Genauigkeit als der nassen zu. Sie wurde noch in derselben Weise ausgeführt, wie früher, nur wählte man schwerer schmelzbaren Fluſs. Derartige Flüsse haben Guyton de Morveau, Kirwan und Chaptal angegeben; Glas und Borax bildeten deren Hauptbestandteile 1). Über die Wir- kung der Flüsse beim Probieren der Eisenerze durch Schmelzung hatte der schwedische Professor Gadolin schon 1794 eine gründliche Untersuchung veröffentlicht 2). Welche falsche Vorstellungen von dem Eisengehalt der Erze man aber durch die trockene Probe bekam, ersieht man aus Lampadius’ Hüttenkunde von 1810. Kirwan hatte den Eisengehalt des Magneteisensteins auf 80 Proz. bestimmt. Lam- padius bezweifelt die Richtigkeit dieser Angabe und hält sie für zu niedrig, da seine Proben auf trockenem Wege 87 bis 89 Proz. Roh- eisen ergeben hätten 3). Ebenso hält er Kirwans Angabe über den Eisengehalt des Eisenglanzes von 70 bis 76 Proz. für zu niedrig, da die trockene Probe 80 Proz. ergäbe. In Wahrheit waren aber auch Kirwans Angaben noch zu hoch, indem reines Magneteisen nur 72,4 Proz. und Eisenglanz 70 Proz. Eisen enthalten. Die chemische Zusammensetzung des Spateisensteins war zuerst und fast gleichzeitig von Bayen in Frankreich 4) und von Berg- man in Schweden 5) untersucht worden. Bayen wies 1777 zuerst mit Bestimmtheit nach, daſs das Eisen darin mit Kohlensäure (fixer Luft) verbunden sei; Bergman machte den hohen Gehalt an kohlen- saurem Mangan bekannt. Klaproth untersuchte Spateisenstein von Dankerode im Halberstädtischen (I) und aus dem Bayreuthischen (II). Er fand darin: I II Eisenoxydul 57,50 58,00 Manganoxydul 3,50 4,25 Kalkerde 1,25 0,50 Talkerde — 0,75 Kohlensäure 36,00 35,00 98,25 98,50 und schloſs daraus, daſs Spateisenstein aus kohlensaurem Eisen und kohlensaurem Mangan in oxydiertem Zustande bestehe. (Bei dieser 1) Deutsch in Crells Annalen 1796, Bd. II, S. 280. 2) Siehe Karsten, Handbuch der Eisenhüttenkunde 1816, Bd. I, §. 327. 3) Siehe Lampadius, Handbuch der allgem. Hüttenkunde 1810, II. Teil, Bd. IV, S. 10. 4) Journ. de Physique, Tome VII, p. 213. 5) Bergman, Opusc. phys. et chem., V. II, 228.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/53>, abgerufen am 19.12.2024.