Das an der Oberfläche der Erzstücke befindliche metallische Eisen zeigte sich vollkommen geschmeidig; beim Erze von Laissey schien es durchaus frei von Kohle zu sein, während es beim Erze von La Chapelle einen geringen Kohlengehalt (etwa wie Stabeisen) besass. Die beiden Erzstücke waren, obgleich derselben Ofenhöhe entnommen, in einem verschiedenen Stadium der Reduktion. Das Erz von Laissey, welches sich weniger weit vorgeschritten zeigte, war in grösseren Stücken aufgegeben worden. Es hatte seine Kohlensäure vollständig verloren, doch hatte die Entwickelung desselben nach Ebelmans Ermittelung nur wenige Fuss über dem Kohlensacke erst begonnen. Die im Kohlensack herrschende Temperatur betrug un- gefähr 1000 bis 1200° C.
Auf die Reduktionszone folgt die Kohlungszone, welche nach Scheerers Annahme sich vom Kohlensack bis in die Nähe des untersten Rastendes erstreckt. Er definiert diese Zone genauer als den Raum, in welchem kein oxydiertes Eisen mehr vorhanden ist, und die Kohlung ohne Schmelzung vor sich geht. In demselben soll nicht bloss Kohlenoxydgas, sondern auch Cyankalium und -- wenigstens in manchen Fällen -- auch freies Cyan als kohlendes Gas vorhanden sein. Diese Zone findet ihre Grenze bei der Schmelztemperatur des gekohlten Eisens bei etwa 1600° C. Das gekohlte, aber noch nicht geschmolzene Eisen ist von stahlartiger Beschaffenheit, ähnlich dem Cementstahl. Dem entsprechend fand Lossen in dem Hochofen der Michelbacher Hütte in Nassau, dass dichte Roteisensteinstücke, mit gänzlicher Beibehaltung ihrer äusseren Gestalt, zu einer stahlartigen Masse umgewandelt worden waren 1). Die reduzierte und teilweise
1)Wöhlers und Liebigs Annalen, Bd. 47, S. 150.
Der Hochofenbetrieb 1831 bis 1850.
Erz von Laissey Erz von La Chapelle
A. Eisenoxyd 36,2 59,6
Wasser 10,0 15,0
Thonerdesilikat 16,6 25,4
Kohlensaurer Kalk 36,8 —
99,8 100,0
B. Eisenoxydul 30,2 35,0
Metallisches Eisen 10,0 26,7
Thonerdesilikat 22,0 37,5
Kaustischer Kalk 37,4 —
99,6 99,2
Das an der Oberfläche der Erzstücke befindliche metallische Eisen zeigte sich vollkommen geschmeidig; beim Erze von Laissey schien es durchaus frei von Kohle zu sein, während es beim Erze von La Chapelle einen geringen Kohlengehalt (etwa wie Stabeisen) besaſs. Die beiden Erzstücke waren, obgleich derselben Ofenhöhe entnommen, in einem verschiedenen Stadium der Reduktion. Das Erz von Laissey, welches sich weniger weit vorgeschritten zeigte, war in gröſseren Stücken aufgegeben worden. Es hatte seine Kohlensäure vollständig verloren, doch hatte die Entwickelung desselben nach Ebelmans Ermittelung nur wenige Fuſs über dem Kohlensacke erst begonnen. Die im Kohlensack herrschende Temperatur betrug un- gefähr 1000 bis 1200° C.
Auf die Reduktionszone folgt die Kohlungszone, welche nach Scheerers Annahme sich vom Kohlensack bis in die Nähe des untersten Rastendes erstreckt. Er definiert diese Zone genauer als den Raum, in welchem kein oxydiertes Eisen mehr vorhanden ist, und die Kohlung ohne Schmelzung vor sich geht. In demselben soll nicht bloſs Kohlenoxydgas, sondern auch Cyankalium und — wenigstens in manchen Fällen — auch freies Cyan als kohlendes Gas vorhanden sein. Diese Zone findet ihre Grenze bei der Schmelztemperatur des gekohlten Eisens bei etwa 1600° C. Das gekohlte, aber noch nicht geschmolzene Eisen ist von stahlartiger Beschaffenheit, ähnlich dem Cementstahl. Dem entsprechend fand Lossen in dem Hochofen der Michelbacher Hütte in Nassau, daſs dichte Roteisensteinstücke, mit gänzlicher Beibehaltung ihrer äuſseren Gestalt, zu einer stahlartigen Masse umgewandelt worden waren 1). Die reduzierte und teilweise
1)Wöhlers und Liebigs Annalen, Bd. 47, S. 150.
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[509/0525]
Der Hochofenbetrieb 1831 bis 1850.
Erz von Laissey Erz von La Chapelle
A. Eisenoxyd 36,2 59,6
Wasser 10,0 15,0
Thonerdesilikat 16,6 25,4
Kohlensaurer Kalk 36,8 —
99,8 100,0
B. Eisenoxydul 30,2 35,0
Metallisches Eisen 10,0 26,7
Thonerdesilikat 22,0 37,5
Kaustischer Kalk 37,4 —
99,6 99,2
Das an der Oberfläche der Erzstücke befindliche metallische
Eisen zeigte sich vollkommen geschmeidig; beim Erze von Laissey
schien es durchaus frei von Kohle zu sein, während es beim Erze
von La Chapelle einen geringen Kohlengehalt (etwa wie Stabeisen)
besaſs. Die beiden Erzstücke waren, obgleich derselben Ofenhöhe
entnommen, in einem verschiedenen Stadium der Reduktion. Das Erz
von Laissey, welches sich weniger weit vorgeschritten zeigte, war in
gröſseren Stücken aufgegeben worden. Es hatte seine Kohlensäure
vollständig verloren, doch hatte die Entwickelung desselben nach
Ebelmans Ermittelung nur wenige Fuſs über dem Kohlensacke erst
begonnen. Die im Kohlensack herrschende Temperatur betrug un-
gefähr 1000 bis 1200° C.
Auf die Reduktionszone folgt die Kohlungszone, welche nach
Scheerers Annahme sich vom Kohlensack bis in die Nähe des
untersten Rastendes erstreckt. Er definiert diese Zone genauer als
den Raum, in welchem kein oxydiertes Eisen mehr vorhanden ist,
und die Kohlung ohne Schmelzung vor sich geht. In demselben soll
nicht bloſs Kohlenoxydgas, sondern auch Cyankalium und — wenigstens
in manchen Fällen — auch freies Cyan als kohlendes Gas vorhanden
sein. Diese Zone findet ihre Grenze bei der Schmelztemperatur des
gekohlten Eisens bei etwa 1600° C. Das gekohlte, aber noch nicht
geschmolzene Eisen ist von stahlartiger Beschaffenheit, ähnlich dem
Cementstahl. Dem entsprechend fand Lossen in dem Hochofen der
Michelbacher Hütte in Nassau, daſs dichte Roteisensteinstücke, mit
gänzlicher Beibehaltung ihrer äuſseren Gestalt, zu einer stahlartigen
Masse umgewandelt worden waren 1). Die reduzierte und teilweise
1) Wöhlers und Liebigs Annalen, Bd. 47, S. 150.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/525>, abgerufen am 22.11.2024.
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