Thenard, Darso und Buchholz hatten bereits 1806 versucht, die verschiedenen Oxydationsstufen des Eisens chemisch festzustellen 1).
Buchholz war der Wahrheit am nächsten gekommen; da er aber gewöhnliches Stabeisen zu seinen Versuchen wählte, welches noch Kohlenstoff und sonstige fremde Substanzen enthielt, so fielen seine Resultate fehlerhaft aus. Berzelius nahm dieselbe Unter- suchung mit grösserer Vorsicht vor.
Damals herrschte die Ansicht, welche Proust vertrat, dass, so- weit man überhaupt bestimmte Sauerstoffverbindungen des Eisens annahm, es zwei Oxyde des Eisens gäbe, das schwarze und das rote. Allerdings hatte bereits Thenard den weissen Niederschlag, welchen Ammoniak aus der Lösung einer frisch bereiteten Auflösung von Eisen in Salzsäure oder Schwefelsäure fällte, für Eisenoxydul, die niedrigste Sauerstoffverbindung des Eisens, erklärt; er nahm aber dabei nicht weniger als sechs verschiedene Eisensalze mit Schwefelsäure an. Buch- holz hatte das Oxydul mit grosser Mühe und Sorgfalt untersucht und seinen Sauerstoffgehalt nahezu richtig bestimmt, nämlich zu 23. Berzelius bestimmte das Eisenoxydul auf 77,22 Tle. Eisen und 22,78 Tle. Sauerstoff und das Eisenoxyd auf 60,34 und 30,66 Tle. in 100 Tln., das letztere also Sesquioxyd. Das schwarze magnetische Oxyd erwies sich, ebenso wie der Hammerschlag, als Gemenge von Oxyd und Oxydul, wobei allerdings reines Magneteisenerz sich als kon- stante Verbindung von 1 Äquivalent Eisenoxydul mit 1 Äquivalent Eisenoxyd darstellte, welche auch als proportionale Verbindung von 3 Äquivalenten Eisen auf 4 Äquivalente Sauerstoff aufgefasst werden konnte. Berzelius fand, dass schon eine ganz geringe Beimengung von Oxydul zu dem Oxyd hinreiche, dasselbe magnetisch zu machen 2). Die französischen Chemiker Thenard und Gay-Lussac nahmen hierauf drei Oxydationsstufen des Eisens an, die sie als weisses (FeO), schwarzes (Fe3O4) und rotes Oxyd (Fe2O3) bezeichneten. Berzelius aber widersprach der Behauptung der französischen Chemiker, dass das schwarze Oxyd selbständige Salze bilde. Dieselben seien viel- mehr Gemenge von Oxyd- und Oxydulsalzen. Da sich auch in der Natur, namentlich in den magnetischen Eisenerzen Schwedens, der Sauerstoffgehalt, welchen die Franzosen zu 37,8 Proz. angegeben hatten, nicht finde, sondern sehr verschiedene Gemische von Oxyd
1) Siehe Gehlens Journal für Chemie, Physik und Mineralogie, Bd. III, S. 643, 661 und 696.
2) Siehe Gilberts Annalen, Bd. 28, S. 231.
Chemie 1801 bis 1815.
Thenard, Darso und Buchholz hatten bereits 1806 versucht, die verschiedenen Oxydationsstufen des Eisens chemisch festzustellen 1).
Buchholz war der Wahrheit am nächsten gekommen; da er aber gewöhnliches Stabeisen zu seinen Versuchen wählte, welches noch Kohlenstoff und sonstige fremde Substanzen enthielt, so fielen seine Resultate fehlerhaft aus. Berzelius nahm dieselbe Unter- suchung mit gröſserer Vorsicht vor.
Damals herrschte die Ansicht, welche Proust vertrat, daſs, so- weit man überhaupt bestimmte Sauerstoffverbindungen des Eisens annahm, es zwei Oxyde des Eisens gäbe, das schwarze und das rote. Allerdings hatte bereits Thenard den weiſsen Niederschlag, welchen Ammoniak aus der Lösung einer frisch bereiteten Auflösung von Eisen in Salzsäure oder Schwefelsäure fällte, für Eisenoxydul, die niedrigste Sauerstoffverbindung des Eisens, erklärt; er nahm aber dabei nicht weniger als sechs verschiedene Eisensalze mit Schwefelsäure an. Buch- holz hatte das Oxydul mit groſser Mühe und Sorgfalt untersucht und seinen Sauerstoffgehalt nahezu richtig bestimmt, nämlich zu 23. Berzelius bestimmte das Eisenoxydul auf 77,22 Tle. Eisen und 22,78 Tle. Sauerstoff und das Eisenoxyd auf 60,34 und 30,66 Tle. in 100 Tln., das letztere also Sesquioxyd. Das schwarze magnetische Oxyd erwies sich, ebenso wie der Hammerschlag, als Gemenge von Oxyd und Oxydul, wobei allerdings reines Magneteisenerz sich als kon- stante Verbindung von 1 Äquivalent Eisenoxydul mit 1 Äquivalent Eisenoxyd darstellte, welche auch als proportionale Verbindung von 3 Äquivalenten Eisen auf 4 Äquivalente Sauerstoff aufgefaſst werden konnte. Berzelius fand, daſs schon eine ganz geringe Beimengung von Oxydul zu dem Oxyd hinreiche, dasselbe magnetisch zu machen 2). Die französischen Chemiker Thenard und Gay-Lussac nahmen hierauf drei Oxydationsstufen des Eisens an, die sie als weiſses (FeO), schwarzes (Fe3O4) und rotes Oxyd (Fe2O3) bezeichneten. Berzelius aber widersprach der Behauptung der französischen Chemiker, daſs das schwarze Oxyd selbständige Salze bilde. Dieselben seien viel- mehr Gemenge von Oxyd- und Oxydulsalzen. Da sich auch in der Natur, namentlich in den magnetischen Eisenerzen Schwedens, der Sauerstoffgehalt, welchen die Franzosen zu 37,8 Proz. angegeben hatten, nicht finde, sondern sehr verschiedene Gemische von Oxyd
1) Siehe Gehlens Journal für Chemie, Physik und Mineralogie, Bd. III, S. 643, 661 und 696.
2) Siehe Gilberts Annalen, Bd. 28, S. 231.
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Chemie 1801 bis 1815.
Thenard, Darso und Buchholz hatten bereits 1806 versucht, die
verschiedenen Oxydationsstufen des Eisens chemisch festzustellen 1).
Buchholz war der Wahrheit am nächsten gekommen; da er
aber gewöhnliches Stabeisen zu seinen Versuchen wählte, welches
noch Kohlenstoff und sonstige fremde Substanzen enthielt, so fielen
seine Resultate fehlerhaft aus. Berzelius nahm dieselbe Unter-
suchung mit gröſserer Vorsicht vor.
Damals herrschte die Ansicht, welche Proust vertrat, daſs, so-
weit man überhaupt bestimmte Sauerstoffverbindungen des Eisens
annahm, es zwei Oxyde des Eisens gäbe, das schwarze und das rote.
Allerdings hatte bereits Thenard den weiſsen Niederschlag, welchen
Ammoniak aus der Lösung einer frisch bereiteten Auflösung von Eisen
in Salzsäure oder Schwefelsäure fällte, für Eisenoxydul, die niedrigste
Sauerstoffverbindung des Eisens, erklärt; er nahm aber dabei nicht
weniger als sechs verschiedene Eisensalze mit Schwefelsäure an. Buch-
holz hatte das Oxydul mit groſser Mühe und Sorgfalt untersucht
und seinen Sauerstoffgehalt nahezu richtig bestimmt, nämlich zu 23.
Berzelius bestimmte das Eisenoxydul auf 77,22 Tle. Eisen und 22,78 Tle.
Sauerstoff und das Eisenoxyd auf 60,34 und 30,66 Tle. in 100 Tln.,
das letztere also Sesquioxyd. Das schwarze magnetische Oxyd
erwies sich, ebenso wie der Hammerschlag, als Gemenge von Oxyd
und Oxydul, wobei allerdings reines Magneteisenerz sich als kon-
stante Verbindung von 1 Äquivalent Eisenoxydul mit 1 Äquivalent
Eisenoxyd darstellte, welche auch als proportionale Verbindung von
3 Äquivalenten Eisen auf 4 Äquivalente Sauerstoff aufgefaſst werden
konnte. Berzelius fand, daſs schon eine ganz geringe Beimengung
von Oxydul zu dem Oxyd hinreiche, dasselbe magnetisch zu machen 2).
Die französischen Chemiker Thenard und Gay-Lussac nahmen
hierauf drei Oxydationsstufen des Eisens an, die sie als weiſses (FeO),
schwarzes (Fe3O4) und rotes Oxyd (Fe2O3) bezeichneten. Berzelius
aber widersprach der Behauptung der französischen Chemiker, daſs
das schwarze Oxyd selbständige Salze bilde. Dieselben seien viel-
mehr Gemenge von Oxyd- und Oxydulsalzen. Da sich auch in der
Natur, namentlich in den magnetischen Eisenerzen Schwedens, der
Sauerstoffgehalt, welchen die Franzosen zu 37,8 Proz. angegeben
hatten, nicht finde, sondern sehr verschiedene Gemische von Oxyd
1) Siehe Gehlens Journal für Chemie, Physik und Mineralogie, Bd. III,
S. 643, 661 und 696.
2) Siehe Gilberts Annalen, Bd. 28, S. 231.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/43>, abgerufen am 25.11.2024.
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