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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Frankreich 1816 bis 1830.
derjenige, welchen der königliche Bergingenieur Clerc und Tour-
nelle
, Ingenieur der Steinkohlenbergwerke von Anzin im Nord-
Departement, machten, um den dortigen Kohleneisenstein mit Koks
zu verschmelzen 1). Noch wichtiger waren die Versuche, welche de
Gallois
, der zuvor England bereist hatte, zu St. Etienne anstellte 2).
Ferner gründeten die Herren Frere-Jean im Departement Isere ein
grosses Eisenwerk für Steinkohlenbetrieb. Aubertot, Eigentümer
der Hütte zu Vierzon (Departement Cher), gebührt das Verdienst, die
Gichtgase der Hochöfen zuerst in grösserem Massstabe als Brenn-
material verwendet zu haben. Er stellte nicht nur Kalkbrennöfen
auf der Hochofengicht auf, sondern benutzte die Gichtflamme der
Hochöfen auch für Frischfeuer und Glühflammöfen. Die Herren
Blumenstein und Frere-Jean führten zuerst zu Vienne im De-
partement Isere das englische Flammofenfrischen ein. Das erste Stab-
eisenwalzwerk wurde auf dem altberühmten Hüttenwerke zu Grossouvre

1) Ebendaselbst 1819, 3. Livraison.
2) Louis Georg Gabriel de Gallois-Lachapelle, der sich grosse Ver-
dienste um die französische Eisenindustrie erworben hat, wurde 1775 zu St. Leo-
nard im Departement Niederrhein geboren. Er studierte Bergwissenschaft, wurde
1799 Ingenieur und 1810 Chef-Ingenieur im Bergamt. Er veröffentlichte eine An-
zahl vortrefflicher Aufsätze im Journal des Mines. 1811 wurde er zum Direktor
der Quecksilberbergwerke zu Idria in Krain ernannt und führte daselbst grosse
Verbesserungen ein. 1814 wurde ihm die 12. Berginspektion, zu der St. Etienne
gehörte, auf seinen Wunsch übertragen. Hier entdeckte er sofort den Kohlen-
eisenstein (fer carbonate lithoide), den er früher in Saarbrücken kennen gelernt
hatte. Er erkannte die ausserordentlich günstigen Bedingungen zur Gründung
eines grossen Eisenwerkes nach englischer Weise. Die ihm von der Regierung an-
gebotene Stelle eines Professors der Probierkunst an der Königlichen Bergschule zu
Paris schlug er aus, trat aus dem Staatsdienste und wurde Direktor einer durch
ihn ins Leben gerufenen Gesellschaft zu St. Etienne. Er begab sich nun 1815 zuerst
nach England, wo er 16 Monate die dortigen Eisenwerke studierte und nach seiner
Rückkehr zum erstenmal die englische Eisenbereitung genau und ausführlich be-
schrieb. Ebenso veröffentlichte er die erste Arbeit über die englischen Eisenbahnen
(im 3. Bande der Annales des mines). Erst 1818 kehrte er nach St. Etienne zurück,
wo er zum Professor an der neu gegründeten Bergschule daselbst ernannt wurde.
Im folgenden Jahre gelang ihm die endliche Gründung der Compagnie des mines de
fer de Saint-Etienne, deren Gründung er sich zu einer Lebensaufgabe gemacht hatte
und deren Generaldirektor (directeur-administrateur) er wurde. Zu Terre-noire
wurden alsbald drei Hochöfen für Koksbetrieb erbaut und die Erbauung eines
Puddel- und Walzwerkes begonnen. Die Maschinen bezog Gallois aus England.
Da aber die Erfolge den Erwartungen nicht entsprachen, und er von Seiten der
Gesellschaft und seiner Beamten nicht die genügende Unterstützung fand, trat er
1823 von der Leitung des Unternehmens zurück. Hierzu hatte ihn auch zum Teil
seine von Jugend an schwache Gesundheit bestimmt. Er war lungenleidend und
gezwungen, ein südlicheres Klima aufzusuchen. Am 25. August 1825 erlöste ihn
der Tod.
Gallois war der Begründer des modernen Eisenhüttenwesens zu St. Etienne.
Ein ehrenvoller Nekrolog findet sich Annales des mines 1826, Tome VIII, p. 523.

Frankreich 1816 bis 1830.
derjenige, welchen der königliche Bergingenieur Clerc und Tour-
nelle
, Ingenieur der Steinkohlenbergwerke von Anzin im Nord-
Departement, machten, um den dortigen Kohleneisenstein mit Koks
zu verschmelzen 1). Noch wichtiger waren die Versuche, welche de
Gallois
, der zuvor England bereist hatte, zu St. Etienne anstellte 2).
Ferner gründeten die Herren Frère-Jean im Departement Isère ein
groſses Eisenwerk für Steinkohlenbetrieb. Aubertot, Eigentümer
der Hütte zu Vierzon (Departement Cher), gebührt das Verdienst, die
Gichtgase der Hochöfen zuerst in gröſserem Maſsstabe als Brenn-
material verwendet zu haben. Er stellte nicht nur Kalkbrennöfen
auf der Hochofengicht auf, sondern benutzte die Gichtflamme der
Hochöfen auch für Frischfeuer und Glühflammöfen. Die Herren
Blumenstein und Frère-Jean führten zuerst zu Vienne im De-
partement Isère das englische Flammofenfrischen ein. Das erste Stab-
eisenwalzwerk wurde auf dem altberühmten Hüttenwerke zu Grossouvre

1) Ebendaselbst 1819, 3. Livraison.
2) Louis Georg Gabriel de Gallois-Lachapelle, der sich groſse Ver-
dienste um die französische Eisenindustrie erworben hat, wurde 1775 zu St. Léo-
nard im Departement Niederrhein geboren. Er studierte Bergwissenschaft, wurde
1799 Ingenieur und 1810 Chef-Ingenieur im Bergamt. Er veröffentlichte eine An-
zahl vortrefflicher Aufsätze im Journal des Mines. 1811 wurde er zum Direktor
der Quecksilberbergwerke zu Idria in Krain ernannt und führte daselbst groſse
Verbesserungen ein. 1814 wurde ihm die 12. Berginspektion, zu der St. Etienne
gehörte, auf seinen Wunsch übertragen. Hier entdeckte er sofort den Kohlen-
eisenstein (fer carbonaté lithoide), den er früher in Saarbrücken kennen gelernt
hatte. Er erkannte die auſserordentlich günstigen Bedingungen zur Gründung
eines groſsen Eisenwerkes nach englischer Weise. Die ihm von der Regierung an-
gebotene Stelle eines Professors der Probierkunst an der Königlichen Bergschule zu
Paris schlug er aus, trat aus dem Staatsdienste und wurde Direktor einer durch
ihn ins Leben gerufenen Gesellschaft zu St. Etienne. Er begab sich nun 1815 zuerst
nach England, wo er 16 Monate die dortigen Eisenwerke studierte und nach seiner
Rückkehr zum erstenmal die englische Eisenbereitung genau und ausführlich be-
schrieb. Ebenso veröffentlichte er die erste Arbeit über die englischen Eisenbahnen
(im 3. Bande der Annales des mines). Erst 1818 kehrte er nach St. Etienne zurück,
wo er zum Professor an der neu gegründeten Bergschule daselbst ernannt wurde.
Im folgenden Jahre gelang ihm die endliche Gründung der Compagnie des mines de
fer de Saint-Etienne, deren Gründung er sich zu einer Lebensaufgabe gemacht hatte
und deren Generaldirektor (directeur-administrateur) er wurde. Zu Terre-noire
wurden alsbald drei Hochöfen für Koksbetrieb erbaut und die Erbauung eines
Puddel- und Walzwerkes begonnen. Die Maschinen bezog Gallois aus England.
Da aber die Erfolge den Erwartungen nicht entsprachen, und er von Seiten der
Gesellschaft und seiner Beamten nicht die genügende Unterstützung fand, trat er
1823 von der Leitung des Unternehmens zurück. Hierzu hatte ihn auch zum Teil
seine von Jugend an schwache Gesundheit bestimmt. Er war lungenleidend und
gezwungen, ein südlicheres Klima aufzusuchen. Am 25. August 1825 erlöste ihn
der Tod.
Gallois war der Begründer des modernen Eisenhüttenwesens zu St. Etienne.
Ein ehrenvoller Nekrolog findet sich Annales des mines 1826, Tome VIII, p. 523.
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[330/0346] Frankreich 1816 bis 1830. derjenige, welchen der königliche Bergingenieur Clerc und Tour- nelle, Ingenieur der Steinkohlenbergwerke von Anzin im Nord- Departement, machten, um den dortigen Kohleneisenstein mit Koks zu verschmelzen 1). Noch wichtiger waren die Versuche, welche de Gallois, der zuvor England bereist hatte, zu St. Etienne anstellte 2). Ferner gründeten die Herren Frère-Jean im Departement Isère ein groſses Eisenwerk für Steinkohlenbetrieb. Aubertot, Eigentümer der Hütte zu Vierzon (Departement Cher), gebührt das Verdienst, die Gichtgase der Hochöfen zuerst in gröſserem Maſsstabe als Brenn- material verwendet zu haben. Er stellte nicht nur Kalkbrennöfen auf der Hochofengicht auf, sondern benutzte die Gichtflamme der Hochöfen auch für Frischfeuer und Glühflammöfen. Die Herren Blumenstein und Frère-Jean führten zuerst zu Vienne im De- partement Isère das englische Flammofenfrischen ein. Das erste Stab- eisenwalzwerk wurde auf dem altberühmten Hüttenwerke zu Grossouvre 1) Ebendaselbst 1819, 3. Livraison. 2) Louis Georg Gabriel de Gallois-Lachapelle, der sich groſse Ver- dienste um die französische Eisenindustrie erworben hat, wurde 1775 zu St. Léo- nard im Departement Niederrhein geboren. Er studierte Bergwissenschaft, wurde 1799 Ingenieur und 1810 Chef-Ingenieur im Bergamt. Er veröffentlichte eine An- zahl vortrefflicher Aufsätze im Journal des Mines. 1811 wurde er zum Direktor der Quecksilberbergwerke zu Idria in Krain ernannt und führte daselbst groſse Verbesserungen ein. 1814 wurde ihm die 12. Berginspektion, zu der St. Etienne gehörte, auf seinen Wunsch übertragen. Hier entdeckte er sofort den Kohlen- eisenstein (fer carbonaté lithoide), den er früher in Saarbrücken kennen gelernt hatte. Er erkannte die auſserordentlich günstigen Bedingungen zur Gründung eines groſsen Eisenwerkes nach englischer Weise. Die ihm von der Regierung an- gebotene Stelle eines Professors der Probierkunst an der Königlichen Bergschule zu Paris schlug er aus, trat aus dem Staatsdienste und wurde Direktor einer durch ihn ins Leben gerufenen Gesellschaft zu St. Etienne. Er begab sich nun 1815 zuerst nach England, wo er 16 Monate die dortigen Eisenwerke studierte und nach seiner Rückkehr zum erstenmal die englische Eisenbereitung genau und ausführlich be- schrieb. Ebenso veröffentlichte er die erste Arbeit über die englischen Eisenbahnen (im 3. Bande der Annales des mines). Erst 1818 kehrte er nach St. Etienne zurück, wo er zum Professor an der neu gegründeten Bergschule daselbst ernannt wurde. Im folgenden Jahre gelang ihm die endliche Gründung der Compagnie des mines de fer de Saint-Etienne, deren Gründung er sich zu einer Lebensaufgabe gemacht hatte und deren Generaldirektor (directeur-administrateur) er wurde. Zu Terre-noire wurden alsbald drei Hochöfen für Koksbetrieb erbaut und die Erbauung eines Puddel- und Walzwerkes begonnen. Die Maschinen bezog Gallois aus England. Da aber die Erfolge den Erwartungen nicht entsprachen, und er von Seiten der Gesellschaft und seiner Beamten nicht die genügende Unterstützung fand, trat er 1823 von der Leitung des Unternehmens zurück. Hierzu hatte ihn auch zum Teil seine von Jugend an schwache Gesundheit bestimmt. Er war lungenleidend und gezwungen, ein südlicheres Klima aufzusuchen. Am 25. August 1825 erlöste ihn der Tod. Gallois war der Begründer des modernen Eisenhüttenwesens zu St. Etienne. Ein ehrenvoller Nekrolog findet sich Annales des mines 1826, Tome VIII, p. 523.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/346>, abgerufen am 23.11.2024.