Telford behandelte dabei das Gusseisen gerade wie unsere Ingenieure das Schmiedeeisen und scheute vor den kühnsten Kon- struktionen nicht zurück. Als es sich 1801 als Notwendigkeit heraus- stellte, die alte London-bridge abzureissen und eine neue Brücke an ihrer Stelle zu errichten, arbeitete Telford den Entwurf einer guss- eisernen Brücke aus, welche in einem Bogen von 600 Fuss Spannweite die ganze Breite der Themse überspannen sollte: ein Entwurf, der an Schönheit alle anderen Brücken Londons übertroffen haben würde. Seiner Berechnung nach würde die Brücke 6500 Tonnen Eisen und einen Kostenaufwand von 262289 £ erfordert haben. Das Projekt wurde abgelehnt, nicht der Konstruktion wegen, sondern wegen der
[Abbildung]
Fig. 102.
hohen Lage des Fahrdammes, der sehr kostspielige Zufuhrstrassen nötig gemacht hätte. 1809 baute Telford die schöne, elegante Brücke, Fig. 102, über den Spey bei Craig-Ellachie in den schottischen Hochlanden von Gusseisen. Der berühmte Ingenieur hatte in Schottland innerhalb 18 Jahren 926 englische Meilen Strassen und 1200 Brücken ausgeführt. Auch für den wichtigen Übergang über den Menai, den Meeresarm, der die Insel Anglesea von Wales scheidet, schlug Rennie 1810 zuerst eine gusseiserne Brücke von drei Bogen von je 260 Fuss Spannung, oder an der engsten Stelle bei Yns-y-moch eine Brücke mit einem einzigen gusseisernen Bogen von 500 Fuss Spannweite vor.
Immer grössere Ansprüche wurden an die Brückenbauer gestellt. Als Telford den Auftrag erhielt, eine Brücke über den Mersey, ober-
Eiserne Brücken bis 1830.
Telford behandelte dabei das Guſseisen gerade wie unsere Ingenieure das Schmiedeeisen und scheute vor den kühnsten Kon- struktionen nicht zurück. Als es sich 1801 als Notwendigkeit heraus- stellte, die alte London-bridge abzureiſsen und eine neue Brücke an ihrer Stelle zu errichten, arbeitete Telford den Entwurf einer guſs- eisernen Brücke aus, welche in einem Bogen von 600 Fuſs Spannweite die ganze Breite der Themse überspannen sollte: ein Entwurf, der an Schönheit alle anderen Brücken Londons übertroffen haben würde. Seiner Berechnung nach würde die Brücke 6500 Tonnen Eisen und einen Kostenaufwand von 262289 £ erfordert haben. Das Projekt wurde abgelehnt, nicht der Konstruktion wegen, sondern wegen der
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Fig. 102.
hohen Lage des Fahrdammes, der sehr kostspielige Zufuhrstraſsen nötig gemacht hätte. 1809 baute Telford die schöne, elegante Brücke, Fig. 102, über den Spey bei Craig-Ellachie in den schottischen Hochlanden von Guſseisen. Der berühmte Ingenieur hatte in Schottland innerhalb 18 Jahren 926 englische Meilen Straſsen und 1200 Brücken ausgeführt. Auch für den wichtigen Übergang über den Menai, den Meeresarm, der die Insel Anglesea von Wales scheidet, schlug Rennie 1810 zuerst eine guſseiserne Brücke von drei Bogen von je 260 Fuſs Spannung, oder an der engsten Stelle bei Yns-y-moch eine Brücke mit einem einzigen guſseisernen Bogen von 500 Fuſs Spannweite vor.
Immer gröſsere Ansprüche wurden an die Brückenbauer gestellt. Als Telford den Auftrag erhielt, eine Brücke über den Mersey, ober-
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Eiserne Brücken bis 1830.
Telford behandelte dabei das Guſseisen gerade wie unsere
Ingenieure das Schmiedeeisen und scheute vor den kühnsten Kon-
struktionen nicht zurück. Als es sich 1801 als Notwendigkeit heraus-
stellte, die alte London-bridge abzureiſsen und eine neue Brücke an
ihrer Stelle zu errichten, arbeitete Telford den Entwurf einer guſs-
eisernen Brücke aus, welche in einem Bogen von 600 Fuſs Spannweite
die ganze Breite der Themse überspannen sollte: ein Entwurf, der an
Schönheit alle anderen Brücken Londons übertroffen haben würde.
Seiner Berechnung nach würde die Brücke 6500 Tonnen Eisen und
einen Kostenaufwand von 262289 £ erfordert haben. Das Projekt
wurde abgelehnt, nicht der Konstruktion wegen, sondern wegen der
[Abbildung Fig. 102.]
hohen Lage des Fahrdammes, der sehr kostspielige Zufuhrstraſsen
nötig gemacht hätte. 1809 baute Telford die schöne, elegante
Brücke, Fig. 102, über den Spey bei Craig-Ellachie in den schottischen
Hochlanden von Guſseisen. Der berühmte Ingenieur hatte in Schottland
innerhalb 18 Jahren 926 englische Meilen Straſsen und 1200 Brücken
ausgeführt. Auch für den wichtigen Übergang über den Menai, den
Meeresarm, der die Insel Anglesea von Wales scheidet, schlug Rennie
1810 zuerst eine guſseiserne Brücke von drei Bogen von je 260 Fuſs
Spannung, oder an der engsten Stelle bei Yns-y-moch eine Brücke mit
einem einzigen guſseisernen Bogen von 500 Fuſs Spannweite vor.
Immer gröſsere Ansprüche wurden an die Brückenbauer gestellt.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/324>, abgerufen am 24.11.2024.
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