fand, führte zu einer enormen Steigerung der Produktion, welche Massenbetriebe erzeugte, von denen man früher keine Ahnung gehabt hatte. So ist das beschriebene Ereignis und das Jahr 1830 zu- gleich ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte der Eisenindustrie.
Eiserne Brücken bis 1830.
Wir haben oben mitgeteilt, dass man die früheren gusseisernen Schienen durch gewalzte schmiedeeiserne Schienen ersetzte. Dies war durchaus nicht das einzige Gebiet, auf dem das Gusseisen durch das Schmiedeeisen verdrängt wurde. Dasselbe vollzog sich in dieser Periode bei dem Brückenbau. Auch bei diesem hatte man bis dahin fast ausschliesslich Gusseisen angewendet, teils seiner grösseren Billig- keit wegen, teils weil es sich leicht in jede Form bringen liess. Als Grundform hatte man den Bogen festgehalten, wie bei den steinernen Brücken. Durch die Puddel- und Walzwerke wurde aber das Schmiedeeisen billiger und in viel grösseren Mengen geliefert, und die Brückenbauer, an deren Spitze Rennie und Telford standen, fingen an, ernstlich die Frage zu prüfen, welche von den beiden Eisensorten für Bauzwecke, namentlich für den Brückenbau, den Vorzug verdiene. Wir haben von den gründlichen Versuchen über die Festigkeit des Eisens bereits berichtet. Diese trugen wesentlich dazu bei, die Überlegenheit des Schmiedeeisens für alle Zwecke, bei denen die absolute Festigkeit vorzugsweise in Betracht kam, zu be- weisen. Dennoch vollzog sich dieser Umschwung nicht so rasch. Man kannte das Schmiedeeisen kaum in anderer Gestalt als von vier- eckigem und rundem Querschnitt. Dieses eignete sich wenig zu Brückenkonstruktionen, wie sie seither angewendet worden waren. Unzweifelhaft liess sich auch mit Gusseisen leichter eine ästhetische Wirkung hervorbringen. Dies war ein wichtiger Grund der Vorliebe der Brückenbauer für dieses Material.
Thomas Telford hatte in den früheren Jahren ebenfalls alle seine Brücken in Gusseisen konstruiert. So hatte er 1795 die Build- washbrücke über den Severn zwischen Shrewsbury und Bridgenorth erbaut und zwar nach dem Muster der Coalbrookdalebrücke. Sie hatte einen einzigen Bogen von 130 Fuss Spannung. Um dieselbe Zeit wendete er Gusseisen bei seinen grossen Aquädukten an, und die zahl- reichen Strassenbrücken, welche Telford baute, machte er damals stets aus diesem Material.
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Eiserne Brücken bis 1830.
fand, führte zu einer enormen Steigerung der Produktion, welche Massenbetriebe erzeugte, von denen man früher keine Ahnung gehabt hatte. So ist das beschriebene Ereignis und das Jahr 1830 zu- gleich ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte der Eisenindustrie.
Eiserne Brücken bis 1830.
Wir haben oben mitgeteilt, daſs man die früheren guſseisernen Schienen durch gewalzte schmiedeeiserne Schienen ersetzte. Dies war durchaus nicht das einzige Gebiet, auf dem das Guſseisen durch das Schmiedeeisen verdrängt wurde. Dasselbe vollzog sich in dieser Periode bei dem Brückenbau. Auch bei diesem hatte man bis dahin fast ausschlieſslich Guſseisen angewendet, teils seiner gröſseren Billig- keit wegen, teils weil es sich leicht in jede Form bringen lieſs. Als Grundform hatte man den Bogen festgehalten, wie bei den steinernen Brücken. Durch die Puddel- und Walzwerke wurde aber das Schmiedeeisen billiger und in viel gröſseren Mengen geliefert, und die Brückenbauer, an deren Spitze Rennie und Telford standen, fingen an, ernstlich die Frage zu prüfen, welche von den beiden Eisensorten für Bauzwecke, namentlich für den Brückenbau, den Vorzug verdiene. Wir haben von den gründlichen Versuchen über die Festigkeit des Eisens bereits berichtet. Diese trugen wesentlich dazu bei, die Überlegenheit des Schmiedeeisens für alle Zwecke, bei denen die absolute Festigkeit vorzugsweise in Betracht kam, zu be- weisen. Dennoch vollzog sich dieser Umschwung nicht so rasch. Man kannte das Schmiedeeisen kaum in anderer Gestalt als von vier- eckigem und rundem Querschnitt. Dieses eignete sich wenig zu Brückenkonstruktionen, wie sie seither angewendet worden waren. Unzweifelhaft lieſs sich auch mit Guſseisen leichter eine ästhetische Wirkung hervorbringen. Dies war ein wichtiger Grund der Vorliebe der Brückenbauer für dieses Material.
Thomas Telford hatte in den früheren Jahren ebenfalls alle seine Brücken in Guſseisen konstruiert. So hatte er 1795 die Build- washbrücke über den Severn zwischen Shrewsbury und Bridgenorth erbaut und zwar nach dem Muster der Coalbrookdalebrücke. Sie hatte einen einzigen Bogen von 130 Fuſs Spannung. Um dieselbe Zeit wendete er Guſseisen bei seinen groſsen Aquädukten an, und die zahl- reichen Straſsenbrücken, welche Telford baute, machte er damals stets aus diesem Material.
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Eiserne Brücken bis 1830.
fand, führte zu einer enormen Steigerung der Produktion, welche
Massenbetriebe erzeugte, von denen man früher keine Ahnung gehabt
hatte. So ist das beschriebene Ereignis und das Jahr 1830 zu-
gleich ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte der
Eisenindustrie.
Eiserne Brücken bis 1830.
Wir haben oben mitgeteilt, daſs man die früheren guſseisernen
Schienen durch gewalzte schmiedeeiserne Schienen ersetzte. Dies war
durchaus nicht das einzige Gebiet, auf dem das Guſseisen durch das
Schmiedeeisen verdrängt wurde. Dasselbe vollzog sich in dieser
Periode bei dem Brückenbau. Auch bei diesem hatte man bis dahin
fast ausschlieſslich Guſseisen angewendet, teils seiner gröſseren Billig-
keit wegen, teils weil es sich leicht in jede Form bringen lieſs. Als
Grundform hatte man den Bogen festgehalten, wie bei den steinernen
Brücken. Durch die Puddel- und Walzwerke wurde aber das
Schmiedeeisen billiger und in viel gröſseren Mengen geliefert, und
die Brückenbauer, an deren Spitze Rennie und Telford standen,
fingen an, ernstlich die Frage zu prüfen, welche von den beiden
Eisensorten für Bauzwecke, namentlich für den Brückenbau, den
Vorzug verdiene. Wir haben von den gründlichen Versuchen über
die Festigkeit des Eisens bereits berichtet. Diese trugen wesentlich
dazu bei, die Überlegenheit des Schmiedeeisens für alle Zwecke, bei
denen die absolute Festigkeit vorzugsweise in Betracht kam, zu be-
weisen. Dennoch vollzog sich dieser Umschwung nicht so rasch. Man
kannte das Schmiedeeisen kaum in anderer Gestalt als von vier-
eckigem und rundem Querschnitt. Dieses eignete sich wenig zu
Brückenkonstruktionen, wie sie seither angewendet worden waren.
Unzweifelhaft lieſs sich auch mit Guſseisen leichter eine ästhetische
Wirkung hervorbringen. Dies war ein wichtiger Grund der Vorliebe
der Brückenbauer für dieses Material.
Thomas Telford hatte in den früheren Jahren ebenfalls alle
seine Brücken in Guſseisen konstruiert. So hatte er 1795 die Build-
washbrücke über den Severn zwischen Shrewsbury und Bridgenorth
erbaut und zwar nach dem Muster der Coalbrookdalebrücke. Sie
hatte einen einzigen Bogen von 130 Fuſs Spannung. Um dieselbe Zeit
wendete er Guſseisen bei seinen groſsen Aquädukten an, und die zahl-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/323>, abgerufen am 24.11.2024.
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