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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Eisenbahnen bis 1830.
aussprachen. Die Uneinigkeit der Direktoren war grösser wie je und
ein Ende des Streites nicht abzusehen. Da kam einer derselben,
namens Harrison, auf den Gedanken, ein Preisausschreiben für
500 £ zu erlassen für die beste Lokomotive, welche gewisse fest-
gesetzte Bedingungen erfüllte. Dieser Vorschlag wurde angenommen,
und nun kam die Sache in Fluss. An diesem Wettbewerb, der so
recht nach dem Geschmack der Engländer war, nahm auch sofort
das Publikum das lebhafteste Interesse. George Stephenson hatte
die Leitung der Lokomotivbauanstalt in Newcastle seinem Sohn
Robert übertragen. Jetzt galt es, eine Maschine zu bauen, die nicht
nur den hochgestellten Anforderungen genügte, sondern das Bestmög-
liche leistete. Vater und Sohn arbeiteten mit gleichem Eifer an dieser
Aufgabe, der Vater mit seinem erfahrenen Rat, der Sohn mit der
grössten Sorgfalt, beide mit erfinderischem Blick. Die wichtigste Ver-
besserung, welche sie an der weltbekannten Maschine, welche "the
Rocket" getauft wurde, vornahmen, war die Anwendung eines Röhren-
kessels. Ein System dünner Kupferröhren, welche mit der Feuer-
büchse verbunden und in die beiden Kesselböden eingeschraubt waren,
wurde in Anwendung gebracht und damit der eigentliche Lokomotiv-
kessel erfunden. Die Feuergase strichen durch die Röhren, welche
eine ausserordentlich grosse Heizfläche darboten. Den Plan für einen
solchen Kessel hatten Seguin, ein Ingenieur der Gesellschaft, und
Henry Booth, der Sekretär derselben, gleichzeitig gefasst; die Aus-
führung mit allen den zahlreichen schwierigen Einzelheiten, worunter
wir nur die Verdichtung der 25 Kupferröhren in den Kesselböden
nennen wollen, war das Verdienst Robert Stephensons. Zur Er-
zeugung des nötigen starken Luftzuges wurde Stephensons Dampf-
zug in Anwendung gebracht in der Weise, dass die Ausströmungs-
öffnungen der Dampfröhren in den Schornstein verengt wurden, wodurch
eine stärkere Ausströmungsgeschwindigkeit und ein stärkerer Zug
entstand, der vollständig ausreichte, eine genügende Menge Dampf im
Kessel zu erzeugen. Die beiden Dampfcylinder waren in schiefer
Stellung an den Seiten des Dampfkessels, wie es die Abbildung der
Lokomotive "Rocket", Fig. 101, zeigt. Die Maschine mit ihrer Wasser-
füllung wog nur 41/2 Tonnen und lief auf vier nicht gekuppelten Rädern.

Der Tag der öffentlichen Prüfung nahte heran, es war der 6. Ok-
tober 1829. Vier Lokomotiven erschienen auf dem Plan bei Rainhill:
1. Braithwaites und Ericsons "Novelty", 2. Timothy Hackworths
"Sanspareil", 3. R. Stephenson & Co.s "Rocket", und 4. Burstalls
"Perseverance". Tausende von Neugierigen hatten sich versammelt,

Die Eisenbahnen bis 1830.
aussprachen. Die Uneinigkeit der Direktoren war gröſser wie je und
ein Ende des Streites nicht abzusehen. Da kam einer derselben,
namens Harrison, auf den Gedanken, ein Preisausschreiben für
500 £ zu erlassen für die beste Lokomotive, welche gewisse fest-
gesetzte Bedingungen erfüllte. Dieser Vorschlag wurde angenommen,
und nun kam die Sache in Fluſs. An diesem Wettbewerb, der so
recht nach dem Geschmack der Engländer war, nahm auch sofort
das Publikum das lebhafteste Interesse. George Stephenson hatte
die Leitung der Lokomotivbauanstalt in Newcastle seinem Sohn
Robert übertragen. Jetzt galt es, eine Maschine zu bauen, die nicht
nur den hochgestellten Anforderungen genügte, sondern das Bestmög-
liche leistete. Vater und Sohn arbeiteten mit gleichem Eifer an dieser
Aufgabe, der Vater mit seinem erfahrenen Rat, der Sohn mit der
gröſsten Sorgfalt, beide mit erfinderischem Blick. Die wichtigste Ver-
besserung, welche sie an der weltbekannten Maschine, welche „the
Rocket“ getauft wurde, vornahmen, war die Anwendung eines Röhren-
kessels. Ein System dünner Kupferröhren, welche mit der Feuer-
büchse verbunden und in die beiden Kesselböden eingeschraubt waren,
wurde in Anwendung gebracht und damit der eigentliche Lokomotiv-
kessel erfunden. Die Feuergase strichen durch die Röhren, welche
eine auſserordentlich groſse Heizfläche darboten. Den Plan für einen
solchen Kessel hatten Seguin, ein Ingenieur der Gesellschaft, und
Henry Booth, der Sekretär derselben, gleichzeitig gefaſst; die Aus-
führung mit allen den zahlreichen schwierigen Einzelheiten, worunter
wir nur die Verdichtung der 25 Kupferröhren in den Kesselböden
nennen wollen, war das Verdienst Robert Stephensons. Zur Er-
zeugung des nötigen starken Luftzuges wurde Stephensons Dampf-
zug in Anwendung gebracht in der Weise, daſs die Ausströmungs-
öffnungen der Dampfröhren in den Schornstein verengt wurden, wodurch
eine stärkere Ausströmungsgeschwindigkeit und ein stärkerer Zug
entstand, der vollständig ausreichte, eine genügende Menge Dampf im
Kessel zu erzeugen. Die beiden Dampfcylinder waren in schiefer
Stellung an den Seiten des Dampfkessels, wie es die Abbildung der
Lokomotive „Rocket“, Fig. 101, zeigt. Die Maschine mit ihrer Wasser-
füllung wog nur 4½ Tonnen und lief auf vier nicht gekuppelten Rädern.

Der Tag der öffentlichen Prüfung nahte heran, es war der 6. Ok-
tober 1829. Vier Lokomotiven erschienen auf dem Plan bei Rainhill:
1. Braithwaites und Ericsons „Novelty“, 2. Timothy Hackworths
„Sanspareil“, 3. R. Stephenson & Co.s „Rocket“, und 4. Burstalls
„Perseverance“. Tausende von Neugierigen hatten sich versammelt,

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[304/0320] Die Eisenbahnen bis 1830. aussprachen. Die Uneinigkeit der Direktoren war gröſser wie je und ein Ende des Streites nicht abzusehen. Da kam einer derselben, namens Harrison, auf den Gedanken, ein Preisausschreiben für 500 £ zu erlassen für die beste Lokomotive, welche gewisse fest- gesetzte Bedingungen erfüllte. Dieser Vorschlag wurde angenommen, und nun kam die Sache in Fluſs. An diesem Wettbewerb, der so recht nach dem Geschmack der Engländer war, nahm auch sofort das Publikum das lebhafteste Interesse. George Stephenson hatte die Leitung der Lokomotivbauanstalt in Newcastle seinem Sohn Robert übertragen. Jetzt galt es, eine Maschine zu bauen, die nicht nur den hochgestellten Anforderungen genügte, sondern das Bestmög- liche leistete. Vater und Sohn arbeiteten mit gleichem Eifer an dieser Aufgabe, der Vater mit seinem erfahrenen Rat, der Sohn mit der gröſsten Sorgfalt, beide mit erfinderischem Blick. Die wichtigste Ver- besserung, welche sie an der weltbekannten Maschine, welche „the Rocket“ getauft wurde, vornahmen, war die Anwendung eines Röhren- kessels. Ein System dünner Kupferröhren, welche mit der Feuer- büchse verbunden und in die beiden Kesselböden eingeschraubt waren, wurde in Anwendung gebracht und damit der eigentliche Lokomotiv- kessel erfunden. Die Feuergase strichen durch die Röhren, welche eine auſserordentlich groſse Heizfläche darboten. Den Plan für einen solchen Kessel hatten Seguin, ein Ingenieur der Gesellschaft, und Henry Booth, der Sekretär derselben, gleichzeitig gefaſst; die Aus- führung mit allen den zahlreichen schwierigen Einzelheiten, worunter wir nur die Verdichtung der 25 Kupferröhren in den Kesselböden nennen wollen, war das Verdienst Robert Stephensons. Zur Er- zeugung des nötigen starken Luftzuges wurde Stephensons Dampf- zug in Anwendung gebracht in der Weise, daſs die Ausströmungs- öffnungen der Dampfröhren in den Schornstein verengt wurden, wodurch eine stärkere Ausströmungsgeschwindigkeit und ein stärkerer Zug entstand, der vollständig ausreichte, eine genügende Menge Dampf im Kessel zu erzeugen. Die beiden Dampfcylinder waren in schiefer Stellung an den Seiten des Dampfkessels, wie es die Abbildung der Lokomotive „Rocket“, Fig. 101, zeigt. Die Maschine mit ihrer Wasser- füllung wog nur 4½ Tonnen und lief auf vier nicht gekuppelten Rädern. Der Tag der öffentlichen Prüfung nahte heran, es war der 6. Ok- tober 1829. Vier Lokomotiven erschienen auf dem Plan bei Rainhill: 1. Braithwaites und Ericsons „Novelty“, 2. Timothy Hackworths „Sanspareil“, 3. R. Stephenson & Co.s „Rocket“, und 4. Burstalls „Perseverance“. Tausende von Neugierigen hatten sich versammelt,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/320>, abgerufen am 24.11.2024.