wagens, für welche er Watts Interesse zu erregen suchte. Nicht lange danach wurde auch schon der erste Dampfwagen gebaut, aber nicht in England, sondern in Frankreich. Der Ingenieur Cugnot, damals Lehrer der Kriegswissenschaft zu Paris, wollte Geschütze statt mit Pferden mittels eines Dampffuhrwerkes im Felde bewegen und fertigte hierfür im Jahre 1763 ein Modell an. Die Idee fand solchen Beifall, dass er durch königliche Unterstützung in den Stand gesetzt wurde, eine Maschine im grossen zu bauen, mit welcher im Jahre 1769 Versuche vor dem Kriegsminister Herzog von Choiseul, General Gribeauval und anderen Offizieren angestellt wurden. Bei einem dieser Versuche rannte das Dampffuhrwerk eine Mauer um. Auch war der Dampfkessel zu klein, infolgedessen die Maschine nur etwa 1/4 Stunde in Bewegung blieb. Cugnot baute deshalb 1770 eine neue Maschine, die sich besser bewährte. Fig. 97 giebt eine Ab- bildung derselben, aus welcher die Konstruktion ohne weitere Be-
[Abbildung]
Fig. 97.
schreibung verständlich ist. Dieser erste Dampfwagen wurde in den Strassen von Paris laufen gelassen, als er aber in der Nähe des jetzigen Madeleineplatzes um die Ecke biegen sollte, fiel er mit grossem Krach um. Die Polizei verbot weitere Versuche und Cugnots Dampf- wagen wanderte in das Arsenal, von wo er in die Sammlung des Conservatoire des Arts et Metiers kam, woselbst er noch zu sehen ist.
James Watt hatte zwar in seinem Patent von 1769 die Be- nutzung seiner Dampfmaschine zum Betrieb von Fuhrwerken mit einbegriffen, war aber der Frage praktisch nie nahe getreten.
Dagegen erfand Oliver Evans in Amerika im Jahre 1772 einen Dampfwagen, um auf gewöhnlichen Strassen zu fahren. Er erhielt auch 1787 von dem Staate Maryland ein Monopol für die Aus- nutzung seiner Erfindung, doch kam dieselbe nicht zu praktischer Anwendung. In Schottland beschäftigte sich William Symington 1784 mit demselben Problem und brachte auch ein Modell zu stande, welches er 1786 im Edingburgh-College vorzeigte. Von der prak- tischen Ausführung hielt ihn jedoch der jammervolle Zustand der
Die Eisenbahnen bis 1830.
wagens, für welche er Watts Interesse zu erregen suchte. Nicht lange danach wurde auch schon der erste Dampfwagen gebaut, aber nicht in England, sondern in Frankreich. Der Ingenieur Cugnot, damals Lehrer der Kriegswissenschaft zu Paris, wollte Geschütze statt mit Pferden mittels eines Dampffuhrwerkes im Felde bewegen und fertigte hierfür im Jahre 1763 ein Modell an. Die Idee fand solchen Beifall, daſs er durch königliche Unterstützung in den Stand gesetzt wurde, eine Maschine im groſsen zu bauen, mit welcher im Jahre 1769 Versuche vor dem Kriegsminister Herzog von Choiseul, General Gribeauval und anderen Offizieren angestellt wurden. Bei einem dieser Versuche rannte das Dampffuhrwerk eine Mauer um. Auch war der Dampfkessel zu klein, infolgedessen die Maschine nur etwa ¼ Stunde in Bewegung blieb. Cugnot baute deshalb 1770 eine neue Maschine, die sich besser bewährte. Fig. 97 giebt eine Ab- bildung derselben, aus welcher die Konstruktion ohne weitere Be-
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Fig. 97.
schreibung verständlich ist. Dieser erste Dampfwagen wurde in den Straſsen von Paris laufen gelassen, als er aber in der Nähe des jetzigen Madeleineplatzes um die Ecke biegen sollte, fiel er mit groſsem Krach um. Die Polizei verbot weitere Versuche und Cugnots Dampf- wagen wanderte in das Arsenal, von wo er in die Sammlung des Conservatoire des Arts et Métiers kam, woselbst er noch zu sehen ist.
James Watt hatte zwar in seinem Patent von 1769 die Be- nutzung seiner Dampfmaschine zum Betrieb von Fuhrwerken mit einbegriffen, war aber der Frage praktisch nie nahe getreten.
Dagegen erfand Oliver Evans in Amerika im Jahre 1772 einen Dampfwagen, um auf gewöhnlichen Straſsen zu fahren. Er erhielt auch 1787 von dem Staate Maryland ein Monopol für die Aus- nutzung seiner Erfindung, doch kam dieselbe nicht zu praktischer Anwendung. In Schottland beschäftigte sich William Symington 1784 mit demselben Problem und brachte auch ein Modell zu stande, welches er 1786 im Edingburgh-College vorzeigte. Von der prak- tischen Ausführung hielt ihn jedoch der jammervolle Zustand der
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Die Eisenbahnen bis 1830.
wagens, für welche er Watts Interesse zu erregen suchte. Nicht
lange danach wurde auch schon der erste Dampfwagen gebaut, aber
nicht in England, sondern in Frankreich. Der Ingenieur Cugnot,
damals Lehrer der Kriegswissenschaft zu Paris, wollte Geschütze statt
mit Pferden mittels eines Dampffuhrwerkes im Felde bewegen und
fertigte hierfür im Jahre 1763 ein Modell an. Die Idee fand solchen
Beifall, daſs er durch königliche Unterstützung in den Stand gesetzt
wurde, eine Maschine im groſsen zu bauen, mit welcher im Jahre
1769 Versuche vor dem Kriegsminister Herzog von Choiseul, General
Gribeauval und anderen Offizieren angestellt wurden. Bei einem
dieser Versuche rannte das Dampffuhrwerk eine Mauer um. Auch
war der Dampfkessel zu klein, infolgedessen die Maschine nur etwa
¼ Stunde in Bewegung blieb. Cugnot baute deshalb 1770 eine
neue Maschine, die sich besser bewährte. Fig. 97 giebt eine Ab-
bildung derselben, aus welcher die Konstruktion ohne weitere Be-
[Abbildung Fig. 97.]
schreibung verständlich ist. Dieser erste Dampfwagen wurde in den
Straſsen von Paris laufen gelassen, als er aber in der Nähe des jetzigen
Madeleineplatzes um die Ecke biegen sollte, fiel er mit groſsem
Krach um. Die Polizei verbot weitere Versuche und Cugnots Dampf-
wagen wanderte in das Arsenal, von wo er in die Sammlung des
Conservatoire des Arts et Métiers kam, woselbst er noch zu sehen ist.
James Watt hatte zwar in seinem Patent von 1769 die Be-
nutzung seiner Dampfmaschine zum Betrieb von Fuhrwerken mit
einbegriffen, war aber der Frage praktisch nie nahe getreten.
Dagegen erfand Oliver Evans in Amerika im Jahre 1772 einen
Dampfwagen, um auf gewöhnlichen Straſsen zu fahren. Er erhielt
auch 1787 von dem Staate Maryland ein Monopol für die Aus-
nutzung seiner Erfindung, doch kam dieselbe nicht zu praktischer
Anwendung. In Schottland beschäftigte sich William Symington
1784 mit demselben Problem und brachte auch ein Modell zu stande,
welches er 1786 im Edingburgh-College vorzeigte. Von der prak-
tischen Ausführung hielt ihn jedoch der jammervolle Zustand der
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/302>, abgerufen am 24.11.2024.
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