krystallinischen Damast nach dem Umschmelzen im Tiegel wie der indische. Die Klingen aus cementiertem Rohstahl zeigten schöne moirierte, gebänderte, gewundene und gewirbelte Muster, während die biegsamen und elastischen Klingen aus Gussstahl vom zweiten und dritten Umschmelzen, welche der hohen Cementation unterworfen worden waren, einen hübschen faserigen, punktierten und krystalli- nischen Damast zeigten. Durch das Verfahren von Sir Henry wurde dem Rohstahl eine ungleich grössere Härte und Gleichartigkeit, dem Gussstahl mehr Festigkeit und Elasticität mitgeteilt.
Breant hatte seine Untersuchungen gleichfalls fortgesetzt 1) und hatte gefunden, dass die Grundlage des orientalischen Damastes Guss- stahl ist, der mehr Kohle als unsere europäischen Stahlarten enthält, so dass sich bei Vermeidung einer zu schnellen Erstarrung durch eine Art von Krystallisation bestimmte Verbindungen von Eisen und Kohle ausbilden können. Die Trennung dieser Verbindungen ist eine wesentliche Bedingung der Damastbildung. Breant nahm minde- stens drei Kohlenstoffverbindungen des Eisens im Stahl an, von denen Stahl und Graphit die äussersten Glieder, Roheisen das Mittelglied bildeten. Sei weniger Kohlenstoff in dem Stahl vorhanden, als seiner normalen Mischung entspricht, so entstehe Stahl verbunden mit Eisen, sei mehr Kohlenstoff vorhanden, so entstehe Stahl gemischt mit Roh- eisen; bei langsamer Erstarrung müsse Trennung derselben und Damast zu stande kommen. Breant erklärt die hierbei auftretenden Erscheinungen allein durch den Kohlenstoff bedingt und verwirft die Ansicht Stodarts und Faradays von Metalllegierungen im indischen Stahl. Dagegen wollte er gefunden haben, dass sich Stahl sehr wohl nach Clouets Verfahren durch Zusammenschmelzen von Stabeisen und 2 Proz. Kienruss herstellen lasse und empfahl dieses Verfahren für die Fabrikation. Ebenso erhielt er guten Stahl durch Zusammen- schmelzen von 100 Tln. Feilspänen von grauem Roheisen mit 100 Tln. oxydierten Feilspänen von demselben Roheisen. Je dunkler und schwärzer das Roheisen, desto günstiger sei der Erfolg. Breant ist der Ansicht, dass sich auf diesem Wege Gussstahl in Flammöfen im grossen herstellen liesse. Das oxydierte Eisen liesse sich durch natür- liches Eisenoxyd ersetzen. Breant fand ferner, dass sich kohlenstoff- reiche Stahlsorten nur in Hitzegraden ausschmieden lassen, deren Grenzen sehr beschränkt sind.
Über die Darstellung des künstlichen Damaststahles durch Zu-
1) Siehe Annales de Chimie et de Physique, XXIV, 388.
Die Stahlbereitung 1816 bis 1830.
krystallinischen Damast nach dem Umschmelzen im Tiegel wie der indische. Die Klingen aus cementiertem Rohstahl zeigten schöne moirierte, gebänderte, gewundene und gewirbelte Muster, während die biegsamen und elastischen Klingen aus Guſsstahl vom zweiten und dritten Umschmelzen, welche der hohen Cementation unterworfen worden waren, einen hübschen faserigen, punktierten und krystalli- nischen Damast zeigten. Durch das Verfahren von Sir Henry wurde dem Rohstahl eine ungleich gröſsere Härte und Gleichartigkeit, dem Guſsstahl mehr Festigkeit und Elasticität mitgeteilt.
Bréant hatte seine Untersuchungen gleichfalls fortgesetzt 1) und hatte gefunden, daſs die Grundlage des orientalischen Damastes Guſs- stahl ist, der mehr Kohle als unsere europäischen Stahlarten enthält, so daſs sich bei Vermeidung einer zu schnellen Erstarrung durch eine Art von Krystallisation bestimmte Verbindungen von Eisen und Kohle ausbilden können. Die Trennung dieser Verbindungen ist eine wesentliche Bedingung der Damastbildung. Bréant nahm minde- stens drei Kohlenstoffverbindungen des Eisens im Stahl an, von denen Stahl und Graphit die äuſsersten Glieder, Roheisen das Mittelglied bildeten. Sei weniger Kohlenstoff in dem Stahl vorhanden, als seiner normalen Mischung entspricht, so entstehe Stahl verbunden mit Eisen, sei mehr Kohlenstoff vorhanden, so entstehe Stahl gemischt mit Roh- eisen; bei langsamer Erstarrung müsse Trennung derselben und Damast zu stande kommen. Bréant erklärt die hierbei auftretenden Erscheinungen allein durch den Kohlenstoff bedingt und verwirft die Ansicht Stodarts und Faradays von Metalllegierungen im indischen Stahl. Dagegen wollte er gefunden haben, daſs sich Stahl sehr wohl nach Clouets Verfahren durch Zusammenschmelzen von Stabeisen und 2 Proz. Kienruſs herstellen lasse und empfahl dieses Verfahren für die Fabrikation. Ebenso erhielt er guten Stahl durch Zusammen- schmelzen von 100 Tln. Feilspänen von grauem Roheisen mit 100 Tln. oxydierten Feilspänen von demselben Roheisen. Je dunkler und schwärzer das Roheisen, desto günstiger sei der Erfolg. Bréant ist der Ansicht, daſs sich auf diesem Wege Guſsstahl in Flammöfen im groſsen herstellen lieſse. Das oxydierte Eisen lieſse sich durch natür- liches Eisenoxyd ersetzen. Bréant fand ferner, daſs sich kohlenstoff- reiche Stahlsorten nur in Hitzegraden ausschmieden lassen, deren Grenzen sehr beschränkt sind.
Über die Darstellung des künstlichen Damaststahles durch Zu-
1) Siehe Annales de Chimie et de Physique, XXIV, 388.
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Die Stahlbereitung 1816 bis 1830.
krystallinischen Damast nach dem Umschmelzen im Tiegel wie der
indische. Die Klingen aus cementiertem Rohstahl zeigten schöne
moirierte, gebänderte, gewundene und gewirbelte Muster, während die
biegsamen und elastischen Klingen aus Guſsstahl vom zweiten und
dritten Umschmelzen, welche der hohen Cementation unterworfen
worden waren, einen hübschen faserigen, punktierten und krystalli-
nischen Damast zeigten. Durch das Verfahren von Sir Henry wurde
dem Rohstahl eine ungleich gröſsere Härte und Gleichartigkeit, dem
Guſsstahl mehr Festigkeit und Elasticität mitgeteilt.
Bréant hatte seine Untersuchungen gleichfalls fortgesetzt 1) und
hatte gefunden, daſs die Grundlage des orientalischen Damastes Guſs-
stahl ist, der mehr Kohle als unsere europäischen Stahlarten enthält,
so daſs sich bei Vermeidung einer zu schnellen Erstarrung durch
eine Art von Krystallisation bestimmte Verbindungen von Eisen und
Kohle ausbilden können. Die Trennung dieser Verbindungen ist
eine wesentliche Bedingung der Damastbildung. Bréant nahm minde-
stens drei Kohlenstoffverbindungen des Eisens im Stahl an, von denen
Stahl und Graphit die äuſsersten Glieder, Roheisen das Mittelglied
bildeten. Sei weniger Kohlenstoff in dem Stahl vorhanden, als seiner
normalen Mischung entspricht, so entstehe Stahl verbunden mit Eisen,
sei mehr Kohlenstoff vorhanden, so entstehe Stahl gemischt mit Roh-
eisen; bei langsamer Erstarrung müsse Trennung derselben und
Damast zu stande kommen. Bréant erklärt die hierbei auftretenden
Erscheinungen allein durch den Kohlenstoff bedingt und verwirft die
Ansicht Stodarts und Faradays von Metalllegierungen im indischen
Stahl. Dagegen wollte er gefunden haben, daſs sich Stahl sehr wohl
nach Clouets Verfahren durch Zusammenschmelzen von Stabeisen
und 2 Proz. Kienruſs herstellen lasse und empfahl dieses Verfahren
für die Fabrikation. Ebenso erhielt er guten Stahl durch Zusammen-
schmelzen von 100 Tln. Feilspänen von grauem Roheisen mit 100 Tln.
oxydierten Feilspänen von demselben Roheisen. Je dunkler und
schwärzer das Roheisen, desto günstiger sei der Erfolg. Bréant ist
der Ansicht, daſs sich auf diesem Wege Guſsstahl in Flammöfen im
groſsen herstellen lieſse. Das oxydierte Eisen lieſse sich durch natür-
liches Eisenoxyd ersetzen. Bréant fand ferner, daſs sich kohlenstoff-
reiche Stahlsorten nur in Hitzegraden ausschmieden lassen, deren
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Über die Darstellung des künstlichen Damaststahles durch Zu-
1) Siehe Annales de Chimie et de Physique, XXIV, 388.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/300>, abgerufen am 24.11.2024.
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