mal der Gegenwart der Kohle, indem in hessischen Tiegeln geschmol- zenes Stabeisen so viel Silicium aus den Wänden des Tiegels auf- genommen hatte, dass Boussingault über 1 Proz. Kieselsäure fand 1). Mushet hatte schon früher die Erfahrung gemacht, dass Stabeisen, mit reinem Quarzsand geschmolzen, härter und brüchiger wurde und eine stahlartige Beschaffenheit bekam 2). Silicium macht das Eisen härter, vermindert aber seine Festigkeit bedeutend. Dies fand Karsten schon bei einem Gehalt von 0,37 Proz.
Stodart und Faraday wiesen im echten Wootzstahl einen Gehalt an Aluminium nach. Sie legten demselben eine grosse Wich- tigkeit bei und wollten gefunden haben, dass ein von ihnen künstlich bereiteter aluminiumhaltiger Stahl dieselben guten Eigenschaften wie der ostindische zeige 3). Karsten gelang es nicht, eine Aluminium- Eisenverbindung zu erhalten, und er konnte nur in Eisensorten von geringer Qualität Aluminium auffinden. In echtem Wootz liess sich dagegen Aluminium nicht nachweisen.
Wichtig sind auch die Beobachtungen, die Berthier über die Re- duktion des Eisens durch Kohle mitteilte. Diese findet schon in schwacher Rotglühhitze statt. Das Eisenoxyd wird zuerst in ein magnetisches Oxyduloxyd, dann in metallisches Eisen umgewandelt. Die auf der Oberfläche eines Stückes Eisenoxyd eingeleitete Reduktion pflanzt sich bis zum Mittelpunkte desselben fort. Daher wird ein Stück Eisenerz im Schmelzofen viel früher, als die Schmelzung ein- tritt, in regulinisches Metall umgewandelt, ohne seine äussere Gestalt zu verändern. So lange der innere Kern noch Oxyd ist, bestehen die äusseren Schichten noch aus Oxyduloxyd. Pflanzt sich aber der Ein- fluss der Kohle bis zum Mittelpunkte fort, so haben die äusseren Schichten schon allen Sauerstoff verloren und stellen ein reines, kohlenfreies Eisen dar; ist auch der Kern zu Eisen reduziert, so haben die äusseren Schichten schon Kohle aufgenommen. Dabei kann die äussere Gestalt noch unverändert sein. Diese verändert sich erst mit der beginnenden Schmelzung 4). Berthier untersuchte 1821 die Eigenschaften, welche ein Zusatz von Chrom dem Stahl und Guss- eisen erteilt 5), nachdem Stodart und Faraday bereits 1820 ver- sucht hatten, Eisen mit Chrom zu legieren.
1) Annales de Chimie et de Physique 1821, I, 1; Karstens Archiv V, 163.
2) Ebendaselbst IX, 417.
3) Ebendaselbst IX, 322.
4) Siehe Berthier, Archiv IX, 513.
5) Siehe Annales de Chimie 1821.
Die Chemie des Eisens 1816 bis 1830.
mal der Gegenwart der Kohle, indem in hessischen Tiegeln geschmol- zenes Stabeisen so viel Silicium aus den Wänden des Tiegels auf- genommen hatte, daſs Boussingault über 1 Proz. Kieselsäure fand 1). Mushet hatte schon früher die Erfahrung gemacht, daſs Stabeisen, mit reinem Quarzsand geschmolzen, härter und brüchiger wurde und eine stahlartige Beschaffenheit bekam 2). Silicium macht das Eisen härter, vermindert aber seine Festigkeit bedeutend. Dies fand Karsten schon bei einem Gehalt von 0,37 Proz.
Stodart und Faraday wiesen im echten Wootzstahl einen Gehalt an Aluminium nach. Sie legten demselben eine groſse Wich- tigkeit bei und wollten gefunden haben, daſs ein von ihnen künstlich bereiteter aluminiumhaltiger Stahl dieselben guten Eigenschaften wie der ostindische zeige 3). Karsten gelang es nicht, eine Aluminium- Eisenverbindung zu erhalten, und er konnte nur in Eisensorten von geringer Qualität Aluminium auffinden. In echtem Wootz lieſs sich dagegen Aluminium nicht nachweisen.
Wichtig sind auch die Beobachtungen, die Berthier über die Re- duktion des Eisens durch Kohle mitteilte. Diese findet schon in schwacher Rotglühhitze statt. Das Eisenoxyd wird zuerst in ein magnetisches Oxyduloxyd, dann in metallisches Eisen umgewandelt. Die auf der Oberfläche eines Stückes Eisenoxyd eingeleitete Reduktion pflanzt sich bis zum Mittelpunkte desselben fort. Daher wird ein Stück Eisenerz im Schmelzofen viel früher, als die Schmelzung ein- tritt, in regulinisches Metall umgewandelt, ohne seine äuſsere Gestalt zu verändern. So lange der innere Kern noch Oxyd ist, bestehen die äuſseren Schichten noch aus Oxyduloxyd. Pflanzt sich aber der Ein- fluſs der Kohle bis zum Mittelpunkte fort, so haben die äuſseren Schichten schon allen Sauerstoff verloren und stellen ein reines, kohlenfreies Eisen dar; ist auch der Kern zu Eisen reduziert, so haben die äuſseren Schichten schon Kohle aufgenommen. Dabei kann die äuſsere Gestalt noch unverändert sein. Diese verändert sich erst mit der beginnenden Schmelzung 4). Berthier untersuchte 1821 die Eigenschaften, welche ein Zusatz von Chrom dem Stahl und Guſs- eisen erteilt 5), nachdem Stodart und Faraday bereits 1820 ver- sucht hatten, Eisen mit Chrom zu legieren.
1) Annales de Chimie et de Physique 1821, I, 1; Karstens Archiv V, 163.
2) Ebendaselbst IX, 417.
3) Ebendaselbst IX, 322.
4) Siehe Berthier, Archiv IX, 513.
5) Siehe Annales de Chimie 1821.
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Die Chemie des Eisens 1816 bis 1830.
mal der Gegenwart der Kohle, indem in hessischen Tiegeln geschmol-
zenes Stabeisen so viel Silicium aus den Wänden des Tiegels auf-
genommen hatte, daſs Boussingault über 1 Proz. Kieselsäure fand 1).
Mushet hatte schon früher die Erfahrung gemacht, daſs Stabeisen,
mit reinem Quarzsand geschmolzen, härter und brüchiger wurde und
eine stahlartige Beschaffenheit bekam 2). Silicium macht das Eisen
härter, vermindert aber seine Festigkeit bedeutend. Dies fand Karsten
schon bei einem Gehalt von 0,37 Proz.
Stodart und Faraday wiesen im echten Wootzstahl einen
Gehalt an Aluminium nach. Sie legten demselben eine groſse Wich-
tigkeit bei und wollten gefunden haben, daſs ein von ihnen künstlich
bereiteter aluminiumhaltiger Stahl dieselben guten Eigenschaften wie
der ostindische zeige 3). Karsten gelang es nicht, eine Aluminium-
Eisenverbindung zu erhalten, und er konnte nur in Eisensorten von
geringer Qualität Aluminium auffinden. In echtem Wootz lieſs sich
dagegen Aluminium nicht nachweisen.
Wichtig sind auch die Beobachtungen, die Berthier über die Re-
duktion des Eisens durch Kohle mitteilte. Diese findet schon
in schwacher Rotglühhitze statt. Das Eisenoxyd wird zuerst in ein
magnetisches Oxyduloxyd, dann in metallisches Eisen umgewandelt.
Die auf der Oberfläche eines Stückes Eisenoxyd eingeleitete Reduktion
pflanzt sich bis zum Mittelpunkte desselben fort. Daher wird ein
Stück Eisenerz im Schmelzofen viel früher, als die Schmelzung ein-
tritt, in regulinisches Metall umgewandelt, ohne seine äuſsere Gestalt
zu verändern. So lange der innere Kern noch Oxyd ist, bestehen die
äuſseren Schichten noch aus Oxyduloxyd. Pflanzt sich aber der Ein-
fluſs der Kohle bis zum Mittelpunkte fort, so haben die äuſseren
Schichten schon allen Sauerstoff verloren und stellen ein reines,
kohlenfreies Eisen dar; ist auch der Kern zu Eisen reduziert, so
haben die äuſseren Schichten schon Kohle aufgenommen. Dabei kann
die äuſsere Gestalt noch unverändert sein. Diese verändert sich erst
mit der beginnenden Schmelzung 4). Berthier untersuchte 1821 die
Eigenschaften, welche ein Zusatz von Chrom dem Stahl und Guſs-
eisen erteilt 5), nachdem Stodart und Faraday bereits 1820 ver-
sucht hatten, Eisen mit Chrom zu legieren.
1) Annales de Chimie et de Physique 1821, I, 1; Karstens Archiv V, 163.
2) Ebendaselbst IX, 417.
3) Ebendaselbst IX, 322.
4) Siehe Berthier, Archiv IX, 513.
5) Siehe Annales de Chimie 1821.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/238>, abgerufen am 24.11.2024.
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