Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Physik des Eisens 1816 bis 1830.

Rennie fand die absolute Festigkeit an englischem Stabeisen zu
3492 engl. Pfund bei 1/4 zölligem Quadrateisen, entsprechend 57232 Pfd.
bei 1 Quadratzoll rheinisch, von schwedischem Eisen 4504 Pfd. oder
73441 Pfd. auf den Quadratzoll. Telfords Zerreissproben wurden
mit einer von Fuller konstruierten hydrostatischen oder Bramah-
presse angestellt. Barlow, der dieselben mitteilte, sprach die Ver-
mutung aus, dass die Zahlen etwas zu hoch sein dürften, weil die
Kolbenreibung nicht berücksichtigt worden sei. Die mittlere Belastung
bis zum Zerreissen aus sechs Versuchen stellt sich auf 66557 Pfd.
für den rheinischen Quadratzoll, wobei der Druck auf die ursprüng-
liche Querschnittsfläche der Stäbe bezogen ist. Telford hat aber
auch die vor der Zerreissung eingetretene Verlängerung und Quer-
schnittsverminderung gemessen. Diese war so gross, dass, wenn man
den Druck hierauf reduziert, eine Belastung von 101866 Pfd. auf den
rheinischen Quadratzoll sich ergiebt.

Ähnliche Versuche, angestellt von C. Brown in der Drahtseilfabrik
(Patent Iron Cable Manufactury) zu Mill Wall, Poplar, mit einer
Maschine, die nach dem Princip der Brückenwagen konstruiert war,
ergaben im Mittel von acht Versuchen 57128 Pfd. auf die ursprüng-
lichen Querschnitte und 88260 Pfd. auf die Querschnitte vor dem
Zerreissen reduziert.

Der berühmte Marc Isambert Brunel machte eine Reihe Zer-
reissungsproben mit verschiedenen Eisenstäben von Yorkshireeisen,
welche er erst unter einem Hammer genau auf das gleiche Mass von
3/8 Zoll auf 4/8 Zoll ausschmieden liess. Die 25 Proben zeigten viel
geringere Abweichungen, als die der vorerwähnten Versuche und gaben
ein mittleres Zerreissungsgewicht von 71760 Pfd. auf den Quadratzoll
des ursprünglichen Querschnittes.

Seguins Resultate schwankten dagegen in weiten Grenzen, zeigten
aber deutlich, wie sehr die Bearbeitung die Festigkeit des Eisens ver-
mehrt. Stellt man die Zahlen sämtlicher Versuche zusammen, so
ergiebt sich, dass man bestimmte Zahlen für die absolute Festigkeit
des Stabeisens nicht angeben kann, indem dieselben je nach der Natur
des Eisens, seiner Behandlung im Feuer und seiner Bearbeitung weit
auseinandergehen.

Karsten ermittelte 1826 aus den vorliegenden Versuchen fol-
gende Annäherungswerte 1): "Gutes Stabeisen muss in Quadratstäben
und auf die ursprüngliche Querschnittsfläche bezogen:


1) Siehe Karstens Archiv X, S. 41.
14*
Die Physik des Eisens 1816 bis 1830.

Rennie fand die absolute Festigkeit an englischem Stabeisen zu
3492 engl. Pfund bei ¼ zölligem Quadrateisen, entsprechend 57232 Pfd.
bei 1 Quadratzoll rheinisch, von schwedischem Eisen 4504 Pfd. oder
73441 Pfd. auf den Quadratzoll. Telfords Zerreiſsproben wurden
mit einer von Fuller konstruierten hydrostatischen oder Bramah-
presse angestellt. Barlow, der dieselben mitteilte, sprach die Ver-
mutung aus, daſs die Zahlen etwas zu hoch sein dürften, weil die
Kolbenreibung nicht berücksichtigt worden sei. Die mittlere Belastung
bis zum Zerreiſsen aus sechs Versuchen stellt sich auf 66557 Pfd.
für den rheinischen Quadratzoll, wobei der Druck auf die ursprüng-
liche Querschnittsfläche der Stäbe bezogen ist. Telford hat aber
auch die vor der Zerreiſsung eingetretene Verlängerung und Quer-
schnittsverminderung gemessen. Diese war so groſs, daſs, wenn man
den Druck hierauf reduziert, eine Belastung von 101866 Pfd. auf den
rheinischen Quadratzoll sich ergiebt.

Ähnliche Versuche, angestellt von C. Brown in der Drahtseilfabrik
(Patent Iron Cable Manufactury) zu Mill Wall, Poplar, mit einer
Maschine, die nach dem Princip der Brückenwagen konstruiert war,
ergaben im Mittel von acht Versuchen 57128 Pfd. auf die ursprüng-
lichen Querschnitte und 88260 Pfd. auf die Querschnitte vor dem
Zerreiſsen reduziert.

Der berühmte Marc Isambert Brunel machte eine Reihe Zer-
reiſsungsproben mit verschiedenen Eisenstäben von Yorkshireeisen,
welche er erst unter einem Hammer genau auf das gleiche Maſs von
⅜ Zoll auf 4/8 Zoll ausschmieden lieſs. Die 25 Proben zeigten viel
geringere Abweichungen, als die der vorerwähnten Versuche und gaben
ein mittleres Zerreiſsungsgewicht von 71760 Pfd. auf den Quadratzoll
des ursprünglichen Querschnittes.

Seguins Resultate schwankten dagegen in weiten Grenzen, zeigten
aber deutlich, wie sehr die Bearbeitung die Festigkeit des Eisens ver-
mehrt. Stellt man die Zahlen sämtlicher Versuche zusammen, so
ergiebt sich, daſs man bestimmte Zahlen für die absolute Festigkeit
des Stabeisens nicht angeben kann, indem dieselben je nach der Natur
des Eisens, seiner Behandlung im Feuer und seiner Bearbeitung weit
auseinandergehen.

Karsten ermittelte 1826 aus den vorliegenden Versuchen fol-
gende Annäherungswerte 1): „Gutes Stabeisen muſs in Quadratstäben
und auf die ursprüngliche Querschnittsfläche bezogen:


1) Siehe Karstens Archiv X, S. 41.
14*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0227" n="211"/>
            <fw place="top" type="header">Die Physik des Eisens 1816 bis 1830.</fw><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Rennie</hi> fand die absolute Festigkeit an englischem Stabeisen zu<lb/>
3492 engl. Pfund bei ¼ zölligem Quadrateisen, entsprechend 57232 Pfd.<lb/>
bei 1 Quadratzoll rheinisch, von schwedischem Eisen 4504 Pfd. oder<lb/>
73441 Pfd. auf den Quadratzoll. <hi rendition="#g">Telfords</hi> Zerrei&#x017F;sproben wurden<lb/>
mit einer von <hi rendition="#g">Fuller</hi> konstruierten hydrostatischen oder Bramah-<lb/>
presse angestellt. <hi rendition="#g">Barlow</hi>, der dieselben mitteilte, sprach die Ver-<lb/>
mutung aus, da&#x017F;s die Zahlen etwas zu hoch sein dürften, weil die<lb/>
Kolbenreibung nicht berücksichtigt worden sei. Die mittlere Belastung<lb/>
bis zum Zerrei&#x017F;sen aus sechs Versuchen stellt sich auf 66557 Pfd.<lb/>
für den rheinischen Quadratzoll, wobei der Druck auf die ursprüng-<lb/>
liche Querschnittsfläche der Stäbe bezogen ist. <hi rendition="#g">Telford</hi> hat aber<lb/>
auch die vor der Zerrei&#x017F;sung eingetretene Verlängerung und Quer-<lb/>
schnittsverminderung gemessen. Diese war so gro&#x017F;s, da&#x017F;s, wenn man<lb/>
den Druck hierauf reduziert, eine Belastung von 101866 Pfd. auf den<lb/>
rheinischen Quadratzoll sich ergiebt.</p><lb/>
            <p>Ähnliche Versuche, angestellt von C. <hi rendition="#g">Brown</hi> in der Drahtseilfabrik<lb/>
(Patent Iron Cable Manufactury) zu Mill Wall, Poplar, mit einer<lb/>
Maschine, die nach dem Princip der Brückenwagen konstruiert war,<lb/>
ergaben im Mittel von acht Versuchen 57128 Pfd. auf die ursprüng-<lb/>
lichen Querschnitte und 88260 Pfd. auf die Querschnitte vor dem<lb/>
Zerrei&#x017F;sen reduziert.</p><lb/>
            <p>Der berühmte <hi rendition="#g">Marc Isambert Brunel</hi> machte eine Reihe Zer-<lb/>
rei&#x017F;sungsproben mit verschiedenen Eisenstäben von Yorkshireeisen,<lb/>
welche er erst unter einem Hammer genau auf das gleiche Ma&#x017F;s von<lb/>
&#x215C; Zoll auf 4/8 Zoll ausschmieden lie&#x017F;s. Die 25 Proben zeigten viel<lb/>
geringere Abweichungen, als die der vorerwähnten Versuche und gaben<lb/>
ein mittleres Zerrei&#x017F;sungsgewicht von 71760 Pfd. auf den Quadratzoll<lb/>
des ursprünglichen Querschnittes.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Seguins</hi> Resultate schwankten dagegen in weiten Grenzen, zeigten<lb/>
aber deutlich, wie sehr die Bearbeitung die Festigkeit des Eisens ver-<lb/>
mehrt. Stellt man die Zahlen sämtlicher Versuche zusammen, so<lb/>
ergiebt sich, da&#x017F;s man bestimmte Zahlen für die absolute Festigkeit<lb/>
des Stabeisens nicht angeben kann, indem dieselben je nach der Natur<lb/>
des Eisens, seiner Behandlung im Feuer und seiner Bearbeitung weit<lb/>
auseinandergehen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Karsten</hi> ermittelte 1826 aus den vorliegenden Versuchen fol-<lb/>
gende Annäherungswerte <note place="foot" n="1)">Siehe <hi rendition="#g">Karstens</hi> Archiv X, S. 41.</note>: &#x201E;Gutes Stabeisen mu&#x017F;s in Quadratstäben<lb/>
und auf die ursprüngliche Querschnittsfläche bezogen:</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">14*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0227] Die Physik des Eisens 1816 bis 1830. Rennie fand die absolute Festigkeit an englischem Stabeisen zu 3492 engl. Pfund bei ¼ zölligem Quadrateisen, entsprechend 57232 Pfd. bei 1 Quadratzoll rheinisch, von schwedischem Eisen 4504 Pfd. oder 73441 Pfd. auf den Quadratzoll. Telfords Zerreiſsproben wurden mit einer von Fuller konstruierten hydrostatischen oder Bramah- presse angestellt. Barlow, der dieselben mitteilte, sprach die Ver- mutung aus, daſs die Zahlen etwas zu hoch sein dürften, weil die Kolbenreibung nicht berücksichtigt worden sei. Die mittlere Belastung bis zum Zerreiſsen aus sechs Versuchen stellt sich auf 66557 Pfd. für den rheinischen Quadratzoll, wobei der Druck auf die ursprüng- liche Querschnittsfläche der Stäbe bezogen ist. Telford hat aber auch die vor der Zerreiſsung eingetretene Verlängerung und Quer- schnittsverminderung gemessen. Diese war so groſs, daſs, wenn man den Druck hierauf reduziert, eine Belastung von 101866 Pfd. auf den rheinischen Quadratzoll sich ergiebt. Ähnliche Versuche, angestellt von C. Brown in der Drahtseilfabrik (Patent Iron Cable Manufactury) zu Mill Wall, Poplar, mit einer Maschine, die nach dem Princip der Brückenwagen konstruiert war, ergaben im Mittel von acht Versuchen 57128 Pfd. auf die ursprüng- lichen Querschnitte und 88260 Pfd. auf die Querschnitte vor dem Zerreiſsen reduziert. Der berühmte Marc Isambert Brunel machte eine Reihe Zer- reiſsungsproben mit verschiedenen Eisenstäben von Yorkshireeisen, welche er erst unter einem Hammer genau auf das gleiche Maſs von ⅜ Zoll auf 4/8 Zoll ausschmieden lieſs. Die 25 Proben zeigten viel geringere Abweichungen, als die der vorerwähnten Versuche und gaben ein mittleres Zerreiſsungsgewicht von 71760 Pfd. auf den Quadratzoll des ursprünglichen Querschnittes. Seguins Resultate schwankten dagegen in weiten Grenzen, zeigten aber deutlich, wie sehr die Bearbeitung die Festigkeit des Eisens ver- mehrt. Stellt man die Zahlen sämtlicher Versuche zusammen, so ergiebt sich, daſs man bestimmte Zahlen für die absolute Festigkeit des Stabeisens nicht angeben kann, indem dieselben je nach der Natur des Eisens, seiner Behandlung im Feuer und seiner Bearbeitung weit auseinandergehen. Karsten ermittelte 1826 aus den vorliegenden Versuchen fol- gende Annäherungswerte 1): „Gutes Stabeisen muſs in Quadratstäben und auf die ursprüngliche Querschnittsfläche bezogen: 1) Siehe Karstens Archiv X, S. 41. 14*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/227
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/227>, abgerufen am 24.11.2024.