Die südwalessche Frischschmiede1) hatte ihre ursprüngliche, seit 1721 bekannte Form wenig verändert. Das graue Koksroheisen, welches man seit dem Verschwinden der Holzkohlenhochöfen ausschliess- lich verwendete, wurde erst in einem kleinen Herd, der 20 bis 22 Zoll lang und breit und 7 Zoll tief war, mit Koks raffiniert. In diesem kleinen Herd, der nur eine Form hatte, wurden etwa 75 kg auf einmal ein- geschmolzen und dann durch die Hinterwand in den tiefer gelegenen Frischherd abgestochen. Es waren also in einer Hütte stets ein Paar Herde, die nur 5 Fuss in horizontaler Richtung voneinander lagen, vorhanden. Das Arbeiten in beiden Herden, das Raffinieren und Frischen, musste richtig ineinander greifen. Beim Abstechen des raffinierten, weissstrahligen Eisens war sorgfältig darauf zu achten, dass keine Schlacke, die sehr roh war, mit in den Frischherd gelangte. Man liess deshalb nur das erste Eisen direkt in den Frischherd laufen, den Rest dagegen mit der Schlacke in einen besonderen Sumpf, wo man dann die Schlacke abhob und das angesammelte Eisen mit einer Schaufel in den Frischherd eintrug.
Der Frischherd war wie der Raffinierherd mit Zacken ausgesetzt, auch von ziemlich denselben Massen. Man verwendete Kohlen von Laubhölzern, meist von Astholz. Nachdem die letzte Luppe aus- gehoben war, wurde der Frischherd zur Aufnahme des abzustechenden Roheisens dadurch vorbereitet, dass alle Ansätze abgestossen und mit noch etwas Stockschlacke vermengt in der Mitte nach der Hinter- wand zu angesammelt wurden. Auf dieses kleine Brockenwerk liess man nun das Eisen aus dem Raffinierherd laufen und arbeitete alles mit Hülfe der Brechstange gut durcheinander. Das Roheisen wurde hierbei gleichsam granuliert, und die aufgebrochene Masse zu einem Haufen vor der Form auf der Windseite aufgerichtet. Mit Hülfe der Brechstange wurde es nach und nach vor der Form niedergeschmolzen, wiederholt aufgebrochen, der Herd im nächsten Bereich vor der Form gereinigt und die aufgebrochene Masse sofort zu einer Luppe nieder- geschmolzen und diese zum Hammer gebracht. Aus dem im Herd noch rückständigen Eisen wurde dann in gleicher Weise eine zweite Luppe erzeugt und ausgeschmiedet. Die erste Luppe war in der Regel grösser, mehr gar und gleichförmiger als die zweite. Die Zeit von Beginn der Charge bis zur Vollendung der ersten Luppe betrug etwa eine Stunde, von da bis zur zweiten Luppe 1/4 Stunde. In zwölf Stunden machte man 10 Chargen und 20 Luppen. -- Die Luppen
1) Siehe Tunner, a. a. O., Bd. II, S. 181. Percy, Iron and Steel, p. 581. Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. III, S. 73.
England 1801 bis 1815.
Die südwalessche Frischschmiede1) hatte ihre ursprüngliche, seit 1721 bekannte Form wenig verändert. Das graue Koksroheisen, welches man seit dem Verschwinden der Holzkohlenhochöfen ausschlieſs- lich verwendete, wurde erst in einem kleinen Herd, der 20 bis 22 Zoll lang und breit und 7 Zoll tief war, mit Koks raffiniert. In diesem kleinen Herd, der nur eine Form hatte, wurden etwa 75 kg auf einmal ein- geschmolzen und dann durch die Hinterwand in den tiefer gelegenen Frischherd abgestochen. Es waren also in einer Hütte stets ein Paar Herde, die nur 5 Fuſs in horizontaler Richtung voneinander lagen, vorhanden. Das Arbeiten in beiden Herden, das Raffinieren und Frischen, muſste richtig ineinander greifen. Beim Abstechen des raffinierten, weiſsstrahligen Eisens war sorgfältig darauf zu achten, daſs keine Schlacke, die sehr roh war, mit in den Frischherd gelangte. Man lieſs deshalb nur das erste Eisen direkt in den Frischherd laufen, den Rest dagegen mit der Schlacke in einen besonderen Sumpf, wo man dann die Schlacke abhob und das angesammelte Eisen mit einer Schaufel in den Frischherd eintrug.
Der Frischherd war wie der Raffinierherd mit Zacken ausgesetzt, auch von ziemlich denselben Massen. Man verwendete Kohlen von Laubhölzern, meist von Astholz. Nachdem die letzte Luppe aus- gehoben war, wurde der Frischherd zur Aufnahme des abzustechenden Roheisens dadurch vorbereitet, daſs alle Ansätze abgestoſsen und mit noch etwas Stockschlacke vermengt in der Mitte nach der Hinter- wand zu angesammelt wurden. Auf dieses kleine Brockenwerk lieſs man nun das Eisen aus dem Raffinierherd laufen und arbeitete alles mit Hülfe der Brechstange gut durcheinander. Das Roheisen wurde hierbei gleichsam granuliert, und die aufgebrochene Masse zu einem Haufen vor der Form auf der Windseite aufgerichtet. Mit Hülfe der Brechstange wurde es nach und nach vor der Form niedergeschmolzen, wiederholt aufgebrochen, der Herd im nächsten Bereich vor der Form gereinigt und die aufgebrochene Masse sofort zu einer Luppe nieder- geschmolzen und diese zum Hammer gebracht. Aus dem im Herd noch rückständigen Eisen wurde dann in gleicher Weise eine zweite Luppe erzeugt und ausgeschmiedet. Die erste Luppe war in der Regel gröſser, mehr gar und gleichförmiger als die zweite. Die Zeit von Beginn der Charge bis zur Vollendung der ersten Luppe betrug etwa eine Stunde, von da bis zur zweiten Luppe ¼ Stunde. In zwölf Stunden machte man 10 Chargen und 20 Luppen. — Die Luppen
1) Siehe Tunner, a. a. O., Bd. II, S. 181. Percy, Iron and Steel, p. 581. Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. III, S. 73.
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England 1801 bis 1815.
Die südwalessche Frischschmiede 1) hatte ihre ursprüngliche,
seit 1721 bekannte Form wenig verändert. Das graue Koksroheisen,
welches man seit dem Verschwinden der Holzkohlenhochöfen ausschlieſs-
lich verwendete, wurde erst in einem kleinen Herd, der 20 bis 22 Zoll
lang und breit und 7 Zoll tief war, mit Koks raffiniert. In diesem kleinen
Herd, der nur eine Form hatte, wurden etwa 75 kg auf einmal ein-
geschmolzen und dann durch die Hinterwand in den tiefer gelegenen
Frischherd abgestochen. Es waren also in einer Hütte stets ein Paar
Herde, die nur 5 Fuſs in horizontaler Richtung voneinander lagen,
vorhanden. Das Arbeiten in beiden Herden, das Raffinieren und
Frischen, muſste richtig ineinander greifen. Beim Abstechen des
raffinierten, weiſsstrahligen Eisens war sorgfältig darauf zu achten,
daſs keine Schlacke, die sehr roh war, mit in den Frischherd gelangte.
Man lieſs deshalb nur das erste Eisen direkt in den Frischherd laufen,
den Rest dagegen mit der Schlacke in einen besonderen Sumpf, wo
man dann die Schlacke abhob und das angesammelte Eisen mit einer
Schaufel in den Frischherd eintrug.
Der Frischherd war wie der Raffinierherd mit Zacken ausgesetzt,
auch von ziemlich denselben Massen. Man verwendete Kohlen von
Laubhölzern, meist von Astholz. Nachdem die letzte Luppe aus-
gehoben war, wurde der Frischherd zur Aufnahme des abzustechenden
Roheisens dadurch vorbereitet, daſs alle Ansätze abgestoſsen und
mit noch etwas Stockschlacke vermengt in der Mitte nach der Hinter-
wand zu angesammelt wurden. Auf dieses kleine Brockenwerk lieſs
man nun das Eisen aus dem Raffinierherd laufen und arbeitete alles
mit Hülfe der Brechstange gut durcheinander. Das Roheisen wurde
hierbei gleichsam granuliert, und die aufgebrochene Masse zu einem
Haufen vor der Form auf der Windseite aufgerichtet. Mit Hülfe der
Brechstange wurde es nach und nach vor der Form niedergeschmolzen,
wiederholt aufgebrochen, der Herd im nächsten Bereich vor der Form
gereinigt und die aufgebrochene Masse sofort zu einer Luppe nieder-
geschmolzen und diese zum Hammer gebracht. Aus dem im Herd
noch rückständigen Eisen wurde dann in gleicher Weise eine zweite
Luppe erzeugt und ausgeschmiedet. Die erste Luppe war in der
Regel gröſser, mehr gar und gleichförmiger als die zweite. Die Zeit
von Beginn der Charge bis zur Vollendung der ersten Luppe betrug
etwa eine Stunde, von da bis zur zweiten Luppe ¼ Stunde. In zwölf
Stunden machte man 10 Chargen und 20 Luppen. — Die Luppen
1) Siehe Tunner, a. a. O., Bd. II, S. 181. Percy, Iron and Steel, p. 581.
Wedding, Eisenhüttenkunde, Bd. III, S. 73.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/178>, abgerufen am 24.11.2024.
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